Von Null auf Stringtheorie
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Ich finde Astrophysik faszinierend und habe auch einige populärwissenschaftliche Bücher hinter mir ( kurze Geschichte der Zeit, Universum in der Nussschale, Grand Design, ...), leider verstehe ich von der Materie dennoch nicht viel.
Ich habe deshalb beschlossen, mir das ganze autodidaktisch anzueignen.
Meine Physik-Kenntnisse sind eher auf Schulniveau geblieben, das Fortgeschrittenste, von dem ich ein wenig Ahnung habe, ist Lagrange/Hamiltonsche Mechanik und ein klein wenig Relativitätstheorie.
Deshalb meine Frage:
Wo muss ich anfangen, um irgendwann (ich habe Zeit) genug von Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie und Stringtheorie verstehen zu können?Welche Bücher sind zu empfehlen?
Wie viel Mathematik brauche ich? (Die vielen Tensoren schrecken mich ein wenig ab, da ich nicht sicher in deren Umgang bin, mein mathematisches Können entsprciht etwa den Einsteigervorlesungen Lineare Algebra und Analysis, mit ein klein wenig Vektoranalysis)
Am besten fände ich eine gute Buchreihe, die mich von Anfang bis Ende begleiten kann.
Leider weiß ich nicht, ob zB die Nolting-Reihe meinen Bedürfnissen entsprciht.
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raffgier schrieb:
Deshalb meine Frage:
Wo muss ich anfangen, um irgendwann (ich habe Zeit) genug von Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie und Stringtheorie verstehen zu können?Genug wofür?
PS: Stringtheorie? Macht das überhaupt noch jemand?
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Also wenn du dich für Astrophysik interessierst lies doch am besten mal ein Buch über Astrophysik...
Ich mag z.B. "An Introduction to Modern Astrophysics" (Bradley W. Carroll, Dale A. Ostlie) sehr gerne. Das fängt mehr oder weniger bei null an und braucht nur wenig mathematische Grundlagen. Danach solltest du mal einen guten Überblick haben was es alles so gibt, und kannst entscheiden in welche Richtung du weiter gehen willst.
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SeppJ schrieb:
PS: Stringtheorie? Macht das überhaupt noch jemand?
Klar doch, Sheldon Cooper beschäftigt sich z.B. damit.
Ich habe im Studium zwar einiges in der Richtung berechnet und implementiert (Tunneleffekt u.ä.), aber obwohl ich bei der Mathematik recht fit war konnte ich mir die Dinge trotzdem nicht wirklich vorstellen.
Also: wenn dich die dahinterliegende Mathematik interessiert, nur zu! Wenn es dir aber nur ums Verständnis geht, so bezweifle ich, dass dich mathematische Formeln zur Erleuchtung führen
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Erstmal anfangen mit wikipedia, dann sieht man weiter
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Nimm es dir historisch vor, angefangen bei den ersten Ideen zur Quantentheorie und Relativitätstheorie und arbeitet dich bis zum heute vor.
Das ist häufig der einfachste Weg.
Quellen dazu könnten die orginal Publikationen in dem Gebiet sein. Die greifen nicht immer so sehr voraus
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@raffgier: Die Nolting-Buchreihe ist fuer Autodidakten sehr gut geeignet, da sie auch Aufgaben und deren Loesungen bietet. Die Frage ist nur, ob sie thematisch das bietet, was Du Dir erhoffst. Letztendlich geht es in dieser Buchreihe um theoretische Physik. Und das heisst viel Rechnen und viel Mathematik. Wenn Du Dir die Physik wirklich beibringen moechtest, dann ist das essentiell. Physikalische Erkenntnis ist ohne mathematisch formalisierte Beschreibungen und einem Verstaendnis der zugrunde liegenden mathematischen Strukturen nicht denkbar. Wenn Du die Nolting Buchreihe durcharbeiten moechtest, ist es allerdings auch wichtig, dass Du auch Mathematikbuecher zu den benoetigten Themen durcharbeitest. Sonst wird das fuer Dich nicht verstaendlich sein. Zudem waere es auch gut, noch einen weiteren Zugang zu den entsprechenden physikalischen Themen zu haben, da diese teilweise sehr unterschiedlich vermittelt werden.
Wenn Dein Interesse allerdings auf der Ebene von irgendwelchen "physikalischen Dokumentationssendungen mit Michio Kaku" oder aehnlichem liegt, dann wird Dich eine Beschaeftigung mit Physik in so einer Weise nicht gluecklich machen. Vermutlich solltest Du dann auf der Ebene der populaerwissenschaftlichen Literatur bleiben.
Zu Deinen Interessensgebieten Quantenmechanik, Quantenfeldtheorie und Stringtheorie: Wenn man keine Physik studiert hat, ist einem das sicherlich nicht klar, aber bevor Du Dich mit diesen Themen auseinandersetzt, solltest Du wissen, dass die Quantenmechanik und die Quantenfeldtheorie zwei der wichtigsten theoretischen Pfeiler der modernen Physik sind. Die Vorhersagekraft beider Theorien wurde schon oft experimentell verifiziert. Bei Stringtheorie ist das anders: Hier befindest Du Dich in einem enorm spekulativen Gebiet, bei dem es fraglich ist, ob jemals ein eindeutiger Bezug zur Realitaet durch entsprechende Vorhersagen hergestellt werden kann. Stringtheorie scheint in ihrem Kern ein Modell zu sein, das man an alle moeglichen Realitaeten anfitten kann. Das wurde in der Vergangenheit auch vielfach gezeigt: In den letzten Jahrzehnten gab es von Stringtheoretikern sehr haeufig Vorhersagen bezueglich neuer, bisher unbekannter Teilchen. Experimente haben diese Teilchen aber nicht messen koennen. Die Reaktion der Stringtheoretiker war dann stets, ihre Variante der Stringtheorie entsprechend anzupassen, so dass neue Teilchen erst fuer einen experimentell gerade noch nicht zugaenglichen Energiebereich vorhergesagt wurden. Stringtheorie wird also andauernd angepasst, weil die Realitaet einfach nicht zu ihr passen will.
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Bengo schrieb:
Nimm es dir historisch vor, angefangen bei den ersten Ideen zur Quantentheorie und Relativitätstheorie und arbeitet dich bis zum heute vor.
Das ist häufig der einfachste Weg.
Quellen dazu könnten die orginal Publikationen in dem Gebiet sein. Die greifen nicht immer so sehr vorausDas halte ich persoenlich fuer eine eher schlechte Idee. Jenseits davon wird der Threadersteller vermutlich keinen Zugang zu Originalpublikationen haben. Generell gibt es Buecher nicht ohne Grund.
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Gregor schrieb:
Letztendlich geht es in dieser Buchreihe um theoretische Physik. Und das heisst viel Rechnen und viel Mathematik. Wenn Du Dir die Physik wirklich beibringen moechtest, dann ist das essentiell. Physikalische Erkenntnis ist ohne mathematisch formalisierte Beschreibungen und einem Verstaendnis der zugrunde liegenden mathematischen Strukturen nicht denkbar.
Warum eigentlich? Die "normale" Physik kann man eigentlich auch relativ gut ohne extrem viel Mathematik erklären. Warum kann keiner Quantenphysik ohne Mathematik gut erklären?
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tuorm schrieb:
Warum eigentlich? Die "normale" Physik kann man eigentlich auch relativ gut ohne extrem viel Mathematik erklären. Warum kann keiner Quantenphysik ohne Mathematik gut erklären?
Was genau meinst Du mit "normaler Physik" und was genau mit erklären?
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Ich denke normale Physik ist halt eher die Mechanik und die Thermodynamik. Bei beiden kann man auch ohne viel Mathe veranschaulichen was passiert.
Die der Quantenmechanik geht das eben nicht, da sie alles aber nicht anschaulich ist. Sie ist konsistent in den Formeln die sie beschreiben. Also so Dinge wie Aufenthaltswahrscheinlichkeits Funktionen und ähnlichem.
Aber ein Physikprofessor hat zur mir mal gesagt: Die Mechanik ist schwieriger als die Theromdynamik und die ist schwieriger als die Quantentheorie. Und ich finde er hat recht, bei der Mechanik hat man mit Reibung und allem möglichen zu tun, was man nur schlecht berechnen kann. In der Quantentheorie ist alles ideal und so irre schwer ist die mathematik da auch nicht.
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Mein Bruder war Diplomphysiker und selbst er hat mir gesagt:
"Verstehen tu ich es nicht, aber ich kann damit rechnen."
Stimmt nicht ganz, er hat gesagt "Erklären kann ich es nicht ..."
Wenn er das sagte (und er hat auch für CERN Simulationen programmiert) ist es wohl ein eher schwieriges Gebiet.
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EOP schrieb:
Mein Bruder war Diplomphysiker und selbst er hat mir gesagt:
"Verstehen tu ich es nicht, aber ich kann damit rechnen."
Stimmt nicht ganz, er hat gesagt "Erklären kann ich es nicht ..."
Wenn er das sagte (und er hat auch für CERN Simulationen programmiert) ist es wohl ein eher schwieriges Gebiet.Den Eindruck habe ich bei Quantenphysik im allgemeinen. Mir kommt das immer so vor, als ob es viele Theorien gibt, die mathematisch bewiesen wurden, aber keiner weiß so genau warum das ganze funktioniert.
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Bengo schrieb:
Ich denke normale Physik ist halt eher die Mechanik und die Thermodynamik. Bei beiden kann man auch ohne viel Mathe veranschaulichen was passiert.
Ja, aber es bleibt eben leider alles nur qualitativ. Mit dem Lagrange- und Hamiltonformalismus aber wird eine ganz neue Dimension eröffnet: Noether-Theorem, Symmetrien und Eichung. Fundiertes mathematisches Wissen der KM öffnet Tür und Tor für die QM, die E-Dynamik und StatMech.
Bengo schrieb:
Aber ein Physikprofessor hat zur mir mal gesagt: Die Mechanik ist schwieriger als die Theromdynamik [...]
Naja. Definiere "schwierig". Ich würde eher sagen, dass die Allermeisten Physiker und Nicht-Physiker besonders die Thermodynamik nicht leiden können. Mal aus dem Stehgreif einen Physiker fragen, was Entropie ist, hat bei mir schon absurdeste Resultate geliefert.
Bengo schrieb:
[...] und die ist schwieriger als die Quantentheorie.
Dito. Allerdings muss man wissen, dass Thermodynamik, sowohl formell als auch historisch, die Quantenmechanik vorausgenommen hat, im Prinzip die Leistung von Boltzmann, Maxwell und Planck.
Bengo schrieb:
Und ich finde er hat recht, bei der Mechanik hat man mit Reibung und allem möglichen zu tun, was man nur schlecht berechnen kann. In der Quantentheorie ist alles ideal und so irre schwer ist die mathematik da auch nicht.
Beides läuft nur auf das numerische Lösen von partiellen oder gewöhnlichen Differentialgleichungen hinaus. Physik ist aber viel viel mehr.
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xigs schrieb:
EOP schrieb:
Mein Bruder war Diplomphysiker und selbst er hat mir gesagt:
"Verstehen tu ich es nicht, aber ich kann damit rechnen."
Stimmt nicht ganz, er hat gesagt "Erklären kann ich es nicht ..."
Wenn er das sagte (und er hat auch für CERN Simulationen programmiert) ist es wohl ein eher schwieriges Gebiet.Den Eindruck habe ich bei Quantenphysik im allgemeinen. Mir kommt das immer so vor, als ob es viele Theorien gibt, die mathematisch bewiesen wurden, aber keiner weiß so genau warum das ganze funktioniert.
Das passt im Prinzip auch auf den Rest der Physik. Physik kann halt nicht aus der Black box des Universums heraus erklären.
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Jodocus schrieb:
xigs schrieb:
EOP schrieb:
Mein Bruder war Diplomphysiker und selbst er hat mir gesagt:
"Verstehen tu ich es nicht, aber ich kann damit rechnen."
Stimmt nicht ganz, er hat gesagt "Erklären kann ich es nicht ..."
Wenn er das sagte (und er hat auch für CERN Simulationen programmiert) ist es wohl ein eher schwieriges Gebiet.Den Eindruck habe ich bei Quantenphysik im allgemeinen. Mir kommt das immer so vor, als ob es viele Theorien gibt, die mathematisch bewiesen wurden, aber keiner weiß so genau warum das ganze funktioniert.
Das passt im Prinzip auch auf den Rest der Physik. Physik kann halt nicht aus der Black box des Universums heraus erklären.
So gut wie alle physikalischen Gesetzmäßigkeiten außerhalb der Quantenphysik kann man relativ gut ohne Formeln erklären und vorstellen. Wärmeenergie ist die Bewegung von Teilchen, das kann man sich gut vorstellen. Bei der Wärmeleitung wird Energie von sich schneller bewegenden Teilchen and langsamere benachbarte übertragen, das kann man sich auch gut vorstellen.
Versuch mal zu beschreiben, warum es Diffraktion bei elektromagnetischen Wellen gibt, ohne irgendwelche Formeln.
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Also den Effekt kann man sich noch recht einfach erklären.
Warum Huygen-Prinzip für zum Beispiel Wasser-Wellen gilt ist einfach ersichtlich.
Und wenn man sich elektromagnetische Wellen als schwingende Elektrische Felder vorstellt, ist es auch für diese ersichtlich und dann hat man die Diffraktion ohne eine einzige Formel. Und ich wüsste nicht, warum dass ein Bereich der Quantenmechanik sein sollte.Die Sache bei der es schwierig wird, sind die Wechelwikrkungen von Elementarteilchen mit verschiedenen Qantenzuständen. Ich meine da hat man einen Spin, den man sich nicht vorstellen kann, es gibt Qutanzahlen mit noch weniger Bezug zu etwas realen, Farbladungen. Und erst da ist es wirklich nahezu unmöglich etwas ohne Mathematik vorrauszusagen. Dazu kommt, das Algebra bei vielen bei Vektorräumen schon aufhörht, und die Mathemaik damit auch nicht so vetraut ist.
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xigs schrieb:
So gut wie alle physikalischen Gesetzmäßigkeiten außerhalb der Quantenphysik kann man relativ gut ohne Formeln erklären und vorstellen.
Bei klassischer Mechanik würde ich dir in Teilen zustimmen. Wenn ich jedoch an Dinge wie z.B. den Pirouetten-Effekt denke, so kenne ich nur die Begründung, die auf die Abhängigkeit vom Trägheitstensor führt. Nicht gerade "un"-mathematisch.
Anderes Beispiel aus der KM: Präzession und Nutation von Kreiseln. Anschaulich waren mir diese Effekte noch nie klar (im Sinne von ich kann alle Teilchen des Kreisels auf einzelne Massepunkte runterbrechen, die einen Bahndrehimpuls haben und auf die externe Kräfte wirken), außer im Lichte der Euler-Gleichungen.Thermodynamik ist da schon viel schlimmer.
xigs schrieb:
Wärmeenergie ist die Bewegung von Teilchen, das kann man sich gut vorstellen.
Und schon hab' ich dich: Auf die Frage hin, was nun Temperatur sei, würden viele nun das selbe antworten, nur die Wörter "Wärmeenergie" und "Temperatur" vertauscht. Ergo, ist Wärme Temperatur, und das ist natürlich vollkommen falsch.
Außerdem: was für Bewegung? Wenn sich alle Teilchen in die selbe Richtung bewegen, ist das Objekt dann heiß? Wird es heißer, wenn man das makroskopische Objekt beschleunigt?Hinzu kommt, dass kein Objekt eine Wärme-Energie hat, sondern ausschließlich innere Energie oder einfach nur Energie. Wärme ist wie z.B. Arbeit nur eine Übertragunsform von innerer Energie.
Zuletzt haben auch Spin-Systeme wie z.B. das Ising-Modell eine wohldefinierte Temperatur. Du kannst diesem System auch Wärme zuführen. Trotzdem bewegt sich dort kein Spin im Sinne einer Translation im Raum. Der Begriff der Temperatur, der Entropie und der Wärme ist etwas vertrackt. Man kann sie nur zufriedenstellend definieren, wenn man sie mikroskopisch betrachtet, und da wird's schnell ein bisschen mathematisch (wenn auch nicht viel).
@ Bengo, ganz deiner Meinung. Opktik im Lichte des Huygens- und Fermat-Prinzips (pun intended) ist ziemlich anschaulich. Auch die Dynamik der Wellenpakete mit Dispersion ist herrlich anschaulich. Aber die Dispersion(-srelation) an sich, bzw. ein imaginärer Brechungsindex, ist es wieder ganz und gar nicht.
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Bengo schrieb:
Also den Effekt kann man sich noch recht einfach erklären.
Warum Huygen-Prinzip für zum Beispiel Wasser-Wellen gilt ist einfach ersichtlich.
Und wenn man sich elektromagnetische Wellen als schwingende Elektrische Felder vorstellt, ist es auch für diese ersichtlich und dann hat man die Diffraktion ohne eine einzige Formel.Erklär mal warum das Huygen-Prinzip für Wasserwellen gilt. Du hast ja nur einen Namen vergeben und nichts erklärt. Und dann erklär, warum es für elektromagnetische Wellen gilt und nich nur einfach sagen, weil beides Wellen oder Schwingungen sind.
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Naja wenn ich an einem Punkt Wasser anrege, ensteht eine Welle kreiförmig darum.
Zum Beispiel in Stein im Wasser.
So ein Spalt ist nichts anderes als ein neues Anregungszentrum und es ist irgentwie recht logisch, dass sich von dort aus die Wellen wieder kreisförmig ausbreiten.Also ich finde schon, dass die Thermodynamik noch recht anschaulich ist. Man kann sie sich auch vorstellen ohne die Begriffe Temperatur, Enropie und Wärme durcheinanderzuwerfen.
Verdunstung kann man sich doch prima dadurch vorstellen, dass ein Teilchen durch zusammenstöße so viel Bewegungsernerige bekommen hat, dass es gasförmig wird. Und der Rest wird demenstprechend kälter.
Und wenn man sich Entropie schlicht als unordnung vorstellt, ist das auch noch ohne Mathe erfassbar.