Gibt es mehr wahre als falsche Aussagen?
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DerBaer schrieb:
Nochwas:
folgender Satz ist sicherlich wahr:"Dieser Satz enthält 30 Zeichen"
oder noch besser:
"Das ist ein Satz"Aber was passiert wenn ich ihn negiere? Bzw. wie muss ich ihn negieren, damit er nicht mehr wahr ist?
Die Negierung der 2. Aussage ist ja trivil: Es is kein Satz --> offensichtlich falsch. Beim ersten ist schon richtig, das erstmal scheinbar ein Wiederspruch entsteht, weil "Dieser Satz enthält nicht 30 Zeichen" offenbar auch wahr ist. Allerdings bezieht sich das ja auf einen ganz anderen Satz. Die korrekte Negierung wäre damit IMHO: "Der gepostete Satz enthält keine 30 Zeichen", und das ist falsch.
Außerdem (meine ich, es mag naiv klingen) ist es doch eigentlich egal, was genau formal eine Aussage ist, nur unter der Voraussetzung, dass eine Aussage entweder wahr, falsch oder unentscheidbar sein kann und man aus jeder wahren Aussage eine falsche machen kann und andersrum. Das dürfte bei jeder Definition von Aussage erfüllt sein, oder irre ich? Dies angenommen, müsste es dann m.E. gleich viele wahre und falsche Aussagen geben.
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einfach überlesen, hab Editieren mit Zitieren vertauscht...
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ipsec schrieb:
Außerdem (meine ich, es mag naiv klingen) ist es doch eigentlich egal, was genau formal eine Aussage ist, nur unter der Voraussetzung, dass eine Aussage entweder wahr, falsch oder unentscheidbar sein kann und man aus jeder wahren Aussage eine falsche machen kann und andersrum. Das dürfte bei jeder Definition von Aussage erfüllt sein, oder irre ich? Dies angenommen, müsste es dann m.E. gleich viele wahre und falsche Aussagen geben.
Was passieren kann, wenn man versucht auf nicht formalisierten Grundlagen Mathematik zu betreiben, sieht man schön an Russells Paradoxon. Fazit ist, dass man sich mit naiven Vorstellungen ganz schnell in Widersprüchen verstricken kann.
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ipsec schrieb:
DerBaer schrieb:
Nochwas:
folgender Satz ist sicherlich wahr:"Dieser Satz enthält 30 Zeichen"
oder noch besser:
"Das ist ein Satz"Aber was passiert wenn ich ihn negiere? Bzw. wie muss ich ihn negieren, damit er nicht mehr wahr ist?
Die Negierung der 2. Aussage ist ja trivil: Es is kein Satz --> offensichtlich falsch. Beim ersten ist schon richtig, das erstmal scheinbar ein Wiederspruch entsteht, weil "Dieser Satz enthält nicht 30 Zeichen" offenbar auch wahr ist. Allerdings bezieht sich das ja auf einen ganz anderen Satz. Die korrekte Negierung wäre damit IMHO: "Der gepostete Satz enthält keine 30 Zeichen", und das ist falsch.
Das Problem ist Selbstbezug in solchen Aussagen. Such mal (mit google) nach "Lügner-Paradoxon".
Christoph schrieb:
Was passieren kann, wenn man versucht auf nicht formalisierten Grundlagen Mathematik zu betreiben, sieht man schön an Russells Paradoxon. Fazit ist, dass man sich mit naiven Vorstellungen ganz schnell in Widersprüchen verstricken kann.
Das Problem entstand doch auch nur wegen möglicher Selbstbezüglichkeit. Russell versuchte die Mengenlehre damit zu reparieren, daß er eine Hierarchie der Elemente erdachte, damit "Die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst enthalten", nicht mehr möglich ist. Davon wollte aber niemand was wissen. Die axiomatische Megenlehre geht andere Wege, um Widersprüche zu vermeiden.
Obwohl sich sicherlich ganze Legionen von Philosophen und Mathematikern jahrelang die Hirne zermartern, um Widersprüchlichkeiten ihrer Systeme auszumerzen - manchmal kommen mir die Lösungen doch ziemlich willkürlich vor.
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Z schrieb:
Das Problem entstand doch auch nur wegen möglicher Selbstbezüglichkeit.
Erwähnenswert ist auch, finde ich, dass der gödelsche Unvollständigkeitssatz ganz essentiell Selbstbezüglichkeit ausnutzt.
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Christoph schrieb:
ipsec schrieb:
Außerdem (meine ich, es mag naiv klingen) ist es doch eigentlich egal, was genau formal eine Aussage ist, nur unter der Voraussetzung, dass eine Aussage entweder wahr, falsch oder unentscheidbar sein kann und man aus jeder wahren Aussage eine falsche machen kann und andersrum. Das dürfte bei jeder Definition von Aussage erfüllt sein, oder irre ich? Dies angenommen, müsste es dann m.E. gleich viele wahre und falsche Aussagen geben.
Was passieren kann, wenn man versucht auf nicht formalisierten Grundlagen Mathematik zu betreiben, sieht man schön an Russells Paradoxon. Fazit ist, dass man sich mit naiven Vorstellungen ganz schnell in Widersprüchen verstricken kann.
Und wenn man formal eine Aussage definiert, als ein Objekt X, für das gilt: wahr(X) xor falsch(x) xor unentscheidbar(x)
sowie
Zu jeder Aussage X gibt es eine Aussage Nicht-X, wobei gilt:
wahr(X) <==> falsch(Nicht-X)
unentscheidbar(X) <==> unentscheidbar(Nicht-X)Das dürfte sich doch auch mit allen bekannten Aussagedefinitionen decken, oder gehe ich hier die Sache zu leicht an?
Z schrieb:
ipsec schrieb:
DerBaer schrieb:
Nochwas:
folgender Satz ist sicherlich wahr:"Dieser Satz enthält 30 Zeichen"
oder noch besser:
"Das ist ein Satz"Aber was passiert wenn ich ihn negiere? Bzw. wie muss ich ihn negieren, damit er nicht mehr wahr ist?
Die Negierung der 2. Aussage ist ja trivil: Es is kein Satz --> offensichtlich falsch. Beim ersten ist schon richtig, das erstmal scheinbar ein Wiederspruch entsteht, weil "Dieser Satz enthält nicht 30 Zeichen" offenbar auch wahr ist. Allerdings bezieht sich das ja auf einen ganz anderen Satz. Die korrekte Negierung wäre damit IMHO: "Der gepostete Satz enthält keine 30 Zeichen", und das ist falsch.
Das Problem ist Selbstbezug in solchen Aussagen. Such mal (mit google) nach "Lügner-Paradoxon".
Ich sehe hier eigentlich keinen Selbsbezug. Die Aussage "Dieser Satz enthält 30 Zeichen" ist für mich equivalent zu "Der Satz 'Dieser Satz enthält 30 Zeichen' enthält 30 Zeichen", die Negierung wäre also "Der Satz 'Dieser Satz enthält 30 Zeichen' enthält nicht 30 Zeichen".
Und Aussagen wie "Dieser Satz ist falsch" bzw. "Der Satz 'Dieser Satz ist falsch' ist falsch" sind unentscheidbar (er kann weder wahr noch falsch sein, beides führt zu Widersprüchen, also bleibt nur unentscheidbar übrig). Die Negierung "Der Satz 'Dieser Satz ist falsch' ist nicht falsch" ist auch unentscheidbar.
Aber wie ichs auch drehe und wende, ich komme immer auf gleich viele wahre und falsche Aussagen.
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ipsec schrieb:
Christoph schrieb:
ipsec schrieb:
Außerdem (meine ich, es mag naiv klingen) ist es doch eigentlich egal, was genau formal eine Aussage ist, nur unter der Voraussetzung, dass eine Aussage entweder wahr, falsch oder unentscheidbar sein kann und man aus jeder wahren Aussage eine falsche machen kann und andersrum. Das dürfte bei jeder Definition von Aussage erfüllt sein, oder irre ich? Dies angenommen, müsste es dann m.E. gleich viele wahre und falsche Aussagen geben.
Was passieren kann, wenn man versucht auf nicht formalisierten Grundlagen Mathematik zu betreiben, sieht man schön an Russells Paradoxon. Fazit ist, dass man sich mit naiven Vorstellungen ganz schnell in Widersprüchen verstricken kann.
Und wenn man formal eine Aussage definiert, als ein Objekt X, für das gilt: wahr(X) xor falsch(x) xor unentscheidbar(x)
sowie
Zu jeder Aussage X gibt es eine Aussage Nicht-X, wobei gilt:
wahr(X) <==> falsch(Nicht-X)
unentscheidbar(X) <==> unentscheidbar(Nicht-X)Das dürfte sich doch auch mit allen bekannten Aussagedefinitionen decken, oder gehe ich hier die Sache zu leicht an?
Ok, das ist eine gültige Definition. Jetzt nehme ich als Objekte mal die reellen Zahlen und definiere:
wahr(x) = (x > 0)
falsch(x) = (x < 0)
unentscheidbar(x) = (x == 0)
nicht(x) = -xDas erfüllt alle Eigenschaften, die du forderst, oder anders gesagt: Reelle Zahlen + die oben genannten Definition sind ein Modell für deine "Aussagen".
Trotzdem würde ich eine relle Zahl wie "42" nicht so gerne als Aussage ansehen. Es wär schöner, wenn "Aussagen" auch wirklich eine Aussage machen würden über irgendetwas.
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Christoph schrieb:
ipsec schrieb:
Christoph schrieb:
ipsec schrieb:
Außerdem (meine ich, es mag naiv klingen) ist es doch eigentlich egal, was genau formal eine Aussage ist, nur unter der Voraussetzung, dass eine Aussage entweder wahr, falsch oder unentscheidbar sein kann und man aus jeder wahren Aussage eine falsche machen kann und andersrum. Das dürfte bei jeder Definition von Aussage erfüllt sein, oder irre ich? Dies angenommen, müsste es dann m.E. gleich viele wahre und falsche Aussagen geben.
Was passieren kann, wenn man versucht auf nicht formalisierten Grundlagen Mathematik zu betreiben, sieht man schön an Russells Paradoxon. Fazit ist, dass man sich mit naiven Vorstellungen ganz schnell in Widersprüchen verstricken kann.
Und wenn man formal eine Aussage definiert, als ein Objekt X, für das gilt: wahr(X) xor falsch(x) xor unentscheidbar(x)
sowie
Zu jeder Aussage X gibt es eine Aussage Nicht-X, wobei gilt:
wahr(X) <==> falsch(Nicht-X)
unentscheidbar(X) <==> unentscheidbar(Nicht-X)Das dürfte sich doch auch mit allen bekannten Aussagedefinitionen decken, oder gehe ich hier die Sache zu leicht an?
Ok, das ist eine gültige Definition. Jetzt nehme ich als Objekte mal die reellen Zahlen und definiere:
wahr(x) = (x > 0)
falsch(x) = (x < 0)
unentscheidbar(x) = (x == 0)
nicht(x) = -xDas erfüllt alle Eigenschaften, die du forderst, oder anders gesagt: Reelle Zahlen + die oben genannten Definition sind ein Modell für deine "Aussagen".
Trotzdem würde ich eine relle Zahl wie "42" nicht so gerne als Aussage ansehen. Es wär schöner, wenn "Aussagen" auch wirklich eine Aussage machen würden über irgendetwas.Gut, das stimmt auch wieder. Also ist die Sache wohl doch nicht so einfach...
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ipsec schrieb:
Ich sehe hier eigentlich keinen Selbsbezug. Die Aussage "Dieser Satz enthält 30 Zeichen" ist für mich equivalent zu "Der Satz 'Dieser Satz enthält 30 Zeichen' enthält 30 Zeichen"...
"Der Satz 'Dieser Satz enthält 30 Zeichen' enthält 30 Zeichen" == satz_enthält_30_zeichen(x) ergibt "wahr" für alle Sätze (x) mit 30 Zeichen, unabhängig von Bedeutung, Sprache, usw. Während "Dieser Satz enthält 30 Zeichen" ausschließlich sich selbst meint. Und jede leichte Änderung läßt aus dem Wahr ein Falsch werden, entweder er hat dann keine 30 Zeichen, seine Bedeutung ändert sich, oder er ist kein gültiger Satz mehr.
Ich würde doch sagen, daß es schon einen kleinen Unterschied macht.
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Z schrieb:
ipsec schrieb:
Ich sehe hier eigentlich keinen Selbsbezug. Die Aussage "Dieser Satz enthält 30 Zeichen" ist für mich equivalent zu "Der Satz 'Dieser Satz enthält 30 Zeichen' enthält 30 Zeichen"...
"Der Satz 'Dieser Satz enthält 30 Zeichen' enthält 30 Zeichen" == satz_enthält_30_zeichen(x) ergibt "wahr" für alle Sätze (x) mit 30 Zeichen, unabhängig von Bedeutung, Sprache, usw. Während "Dieser Satz enthält 30 Zeichen" ausschließlich sich selbst meint. Und jede leichte Änderung läßt aus dem Wahr ein Falsch werden, entweder er hat dann keine 30 Zeichen, seine Bedeutung ändert sich, oder er ist kein gültiger Satz mehr.
Ich würde doch sagen, daß es schon einen kleinen Unterschied macht.
Ich meinte eher "Der Satz 'Dieser Satz enthält 30 Zeichen' enthält 30 Zeichen" == satz_enthält_30_zeichen("Dieser Satz enthält 30 Zeichen")
Die Aussage "Der Satz 'abc def ghi jkl mno pqr stu vw' enthält 30 Zeichen" ist ja wieder eine ganz andere, obgleich auch wahr.
Und es ist sicher Haarspalterei, aber man könnte auch sagen, der Satz "Dieser Satz enthält 30 Zeichen" meint den Satz "Dieser Satz enthält 30 Zeichen", die Reflexion "dieser" in der deutschen Sprache ist ja nur ein relativer Verweis.
Beispiel: Frau Merkel sagt: "Ich bin Bundeskanzlerin von Deutschland". Diese Aussage ist richtig. Deswegen kann sie doch nicht falsch werden, wenn sie von einem anderen gesagt wird. Der Fehler, der aber eventuell gemacht wird, ist aber, dass andere Personen nicht in der Lage sind, in der Aussage "ich" zu verwenden, das ein relatives Bezugswort ist, welches sich in der originalen Aussage auf Merkel bezieht. Wenn also Tante Emma sagt "Ich bin Bundeskanzlerin von Deutschland", ist das eine andere Aussage. Die korrekte Variante wäre "Angela Merkel ist Bundeskanzlerin von Deutschland" und diese ist mit der ursprünglichen Aussage von Angela Merken äquivalent.