Geschlechterrätsel
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Dazu gibt es hier schon, irgendwo versunken einen etwa hundert seiten langen thread, in dem hauptsächlich darüber diskutiert wird, wie "ich sehe ein mädchen am fenster" mathematisch zu bewerten ist. heißt das einfach nur die informationen "eines der kinder ist ein mädchen (dann ist die 1/3 / 2/3 - Variante richtig) oder sollte man annehmen, dass die Kinder natürlich zufällig mit WK 1/2 am Fenster zu sehen sind (dann ist es wieder 1/2 1/2).
Die Unterscheidbarkeit ist genau der Grund. Lustigerweise verschieben weitere unnütze Informationen die WK weiter:
Angenommen die Familie hat zwei Kinder und Du weißt, dass das eine ein Mädchen ist und Dienstags geboren (widerum: unter der annahme, du hast einfach nur irgendwoher das wissen, keine angaben darüber wie es erlangt wurde). Wenn Du jetzt die Paare aus Geschlechter+Wochentag aufschreibst, fallen Dir alle 49 JJ-Paare weg, aber auch alle Paare, bei denen nicht wenigsten ein Mädchen Dienstags Geburtstag hat, das sind 42 MJ-Paare, 42 JM-Paare, und 36 MM-Paare. Übrig bleiben demnach 7 MJ-Paare, 7 JM-Paare und 13 MM-Paare. Macht insgesamt 13/27 für Mädchen, also etwas weniger als 1/2.Und jetzt rate, was passiert wenn Du erfährst, dass es zwei Kinder sind, und eines der Kinder ist ein Mädchen, das heute Geburtstag hat. :p
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Ich verstehe die das am Fenster stehen als reine Information, eines der Kinder ist ein Mädchen. An den 100-Seiten Thread kann ich mich jetzt wo ich ihn sehe sogar erinnern.
Mir ging es hauptsächlich um die Argumentation mit der Unterscheidbarkeit, scheint ja tatsächlich so zu sein, dass es da sehr merkwürdige Effekte gibt.Muss ich mal noch etwas drüber nachdenken, ich fahre jetzt eh gleich eine Stunde Zug, da ist das ne gute Beschäftigung
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Mario Sandler schrieb:
Ich verstehe die das am Fenster stehen als reine Information, eines der Kinder ist ein Mädchen.
Was "reine Information" ist, ist nicht immer so klar.
Ich hab da vor einer Weile ein anderes schönes Rätsel gesehen.
Auf einer Insel leben 400 Eingeborene, die einen sehr seltsamen Brauch haben. Sobald jemand weiß, welche Augenfarbe er selber hat, muss er sich in der kommenden Nacht umbringen. Zu Beginn kennt keiner der Eingeborenen seine eigene Augenfarbe. Es gibt auf der Insel insgesamt 200 Menschen mit braunen Augen und 200 Menschen mit blauen Augen. Jeder Blauäugige sieht also 199 andere Blauäugige und 200 Braunäugige. Seine eigene Augenfarbe kann er daraus nicht ableiten, denn er kennt die Gesamtstatistik der Augenfarben nicht.
Eines Tages kommt ein blauäuigiger Fremder auf die Insel und erwirbt sich das Vertrauen der Eingeborenen. Am Tag seiner Abreise sagt er vor dem versammelten Stamm: "Welch Zufall, in diesem abgelegenen Ort der Erde einen weiteren Blauäugigen zu treffen". Nach dieser Aussage verlässt er die Insel.
Was passiert in den folgenden Nächten?
Möglichkeit eins: Die Aussage des Fremden war "Es gibt unter euch mindestens einen Blauäugigen". Das wusste aber jeder der Eingeborenen schon vorher, also findet kein Informationsgewinn statt und in den folgenden Nächten passiert gar nichts.
Möglichkeit zwei: Alle Blauäugigen bringen sich in der 200. Nacht um. Warum?
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Christoph schrieb:
Möglichkeit eins: Die Aussage des Fremden war "Es gibt unter euch mindestens einen Blauäugigen". Das wusste aber jeder der Eingeborenen schon vorher, also findet kein Informationsgewinn statt und in den folgenden Nächten passiert gar nichts.
Das hatten wir doch schonmal durchgekaut. Die Eingeborenen wussten vor der Aussage A ("es gibt unter euch jemanden mit blauen Augen") des Fremden nicht, dass jeder von ihnen A weiß; dass jeder weiß, dass jeder A weiß; dass jeder weiß, dass jeder weiß, dass jeder A weiß; usw.
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Bashar schrieb:
Christoph schrieb:
Möglichkeit eins: Die Aussage des Fremden war "Es gibt unter euch mindestens einen Blauäugigen". Das wusste aber jeder der Eingeborenen schon vorher, also findet kein Informationsgewinn statt und in den folgenden Nächten passiert gar nichts.
Das hatten wir doch schonmal durchgekaut. Die Eingeborenen wussten vor der Aussage A ("es gibt unter euch jemanden mit blauen Augen") des Fremden nicht, dass jeder von ihnen A weiß; dass jeder weiß, dass jeder A weiß; dass jeder weiß, dass jeder weiß, dass jeder A weiß; usw.
Ah, einer der sich erinnert. Ich war mir nicht sicher, ob ich das in diesem Forum schonmal gepostet hatte, aber wie es aussieht, hab ich das.
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Bashar schrieb:
dass jeder von ihnen A weiß; dass jeder weiß, dass jeder A weiß; dass jeder weiß, dass jeder weiß, dass jeder A weiß; usw.
Mir hat diese Erklärung mit dem gemeinsamen Wissen schon damals nicht zugesagt. Ich finde es plausibler, dass es einen definierten Anfangspunkt gibt. Im Prinzip ein bisschen wie bei einer vollständigen Induktion, auch hier muss der Induktionsanfang erstmal gemacht sein.
Deutlich wird das im Grenzfall, dass es nur 1 blauäugigen gibt. In diesem Fall ist der Induktionsanfang auch schon das Ende, da derjenige dann sofort Bescheid weis. Gemeinsames Wissen gibt es hier nicht.
Bei 2 Leuten sehen diese beiden dass der jeweils andere Bescheid wissen müsste durch den Anfang aber nichts tut, also wissen beide nach dem 1. Tag ihre Augenfarbe.So wäre meine Sicht der Dinge.
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Mario Sandler schrieb:
Bashar schrieb:
dass jeder von ihnen A weiß; dass jeder weiß, dass jeder A weiß; dass jeder weiß, dass jeder weiß, dass jeder A weiß; usw.
Mir hat diese Erklärung mit dem gemeinsamen Wissen schon damals nicht zugesagt. Ich finde es plausibler, dass es einen definierten Anfangspunkt gibt. Im Prinzip ein bisschen wie bei einer vollständigen Induktion, auch hier muss der Induktionsanfang erstmal gemacht sein.
Das ist genau das, was Bashar geschrieben hat: Der Anfangspunkt wird gesetzt durch die Aussage des Fremden vor dem versammelten Stamm.
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Angenommen, die schwangere Nachbarin wirft mit einer (Familienquoten-)Wahrscheinlichkeit von 10 zu 2 ein Mädchen. Dann steigt die Wahrscheinlichkeit von 10 zu 2 auf 11 zu 2 für weitere Mädchen. Die Wahrscheinlichkeit für Jungen steigt aber auch mit jeder Geburt von der Basisrate her, 2:10 + 2:11 + 2:12 usw. Wenn x grundsätzlich beim Tippen danebenliegt, sagen wir z.B. beim Mafiaspiel, dann liegt die Wahrscheinlichkeit für alle alternativen Ereignisse bei mindestens 100%.
D.h. wenn x auf ein Mädchen tippt, dann wird es ein Junge. Tippt x aber entgegen seiner Berechnungen und Vorlieben auf einen Jungen, dann wird es ein Mädchen.
Man könnte davon ausgehen, dass sich diverse empirische und logische Wahrscheinlichkeiten überlagen. Inwieweit sich diese Überlagerungen jetzt verstärken oder abschwächen, ist aber kein Rätsel mehr, eher eine Riesenherumrechnerei.http://de.wikipedia.org/wiki/Interferenz_(Physik)
http://de.wikipedia.org/wiki/Bayestheorem
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@nachtfeuer: das klingt verwirrend und falsch.
2:10 + 2:11 + 2:12 usw. wächst zum beispiel auf über 1 wenn man genug summanden hat. das taugt nicht als WK.
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Mario Sandler schrieb:
Bashar schrieb:
dass jeder von ihnen A weiß; dass jeder weiß, dass jeder A weiß; dass jeder weiß, dass jeder weiß, dass jeder A weiß; usw.
Mir hat diese Erklärung mit dem gemeinsamen Wissen schon damals nicht zugesagt. Ich finde es plausibler, dass es einen definierten Anfangspunkt gibt.
Was genau meinst du mit "definiertem Anfangspunkt"? Hätte der Fremde auch sagen können "So Leute, ab heute guckt ihr euch mal ganz tief in die Augen, ihr wisst schon Bescheid..."? Wenn nicht, was genau macht den Anfang aus? Ansonsten ist das mit dem Wissen technisch gesehen auch bloß Induktion.
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Ich hab nochmal nachgelesen wie das mit dem gemeinsamen Wissen ist, und es deckt sich doch mit meiner Ansicht.
Der Induktionsanfang ist hier die Aussage "Es gibt jemand mit blauen Augen". Den dies ist die Information die ein einzelner blauäugiger bräuchte um seine Augenfarbe zu erschließen.
Man muss bei einem solchen Rätsel also immer 2 Dinge betrachten:
1. Den Fall indem es nur 1 Kandidaten mit diesem Mermal gibt - Der Induktionsanfang muss diesem das entsprechende Wissen vermitteln. In unserem Beispiel der Forscher mit seiner konkreten aussage das es jemanden gibt mit blauen Augen.
2. Wenn es bereits n Kandidaten gibt die das entsprechende Wissen besitzen muss der n+1 Kandidat das Wissen erschließen können. In dem vorliegenden Beispiel sorgt dafür die Regel sich am nächsten Tag öffentlich umzubringen. Es würde schon wieder schieflaufen wenn es nur heißen würde, derjenige muss sich demnächst umbringen. Dann wäre der Induktionsschritt nicht mehr durchführbar.
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Mario Sandler schrieb:
Der Induktionsanfang ist hier die Aussage "Es gibt jemand mit blauen Augen". Den dies ist die Information die ein einzelner blauäugiger bräuchte um seine Augenfarbe zu erschließen.
das stimmt zwar, aber wenn es mindestens zwei leute mit blauen augen gibt, dann ist die information, dass es blauäugige gibt doch ohnehin jedem bekannt; daran kann es also nicht liegen.
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Jester schrieb:
das stimmt zwar, aber wenn es mindestens zwei leute mit blauen augen gibt, dann ist die information, dass es blauäugige gibt doch ohnehin jedem bekannt; daran kann es also nicht liegen.
Vorher wussten die Blauäugigen nicht, dass es mehrere Blauäugige gibt. Und die Braunäugigen wissen nun, dass die Blauäugigen dies auch wissen.
edit: ich hatte noch eine andere Version im Kopf, mit 2 Blauäugigen. Die Aussage gilt genauso, man muss nur die Zahlen anpassen.
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SeppJ schrieb:
Jester schrieb:
das stimmt zwar, aber wenn es mindestens zwei leute mit blauen augen gibt, dann ist die information, dass es blauäugige gibt doch ohnehin jedem bekannt; daran kann es also nicht liegen.
Vorher wussten die Blauäugigen nicht, dass es mehrere Blauäugige gibt. Und die Braunäugigen wissen nun, dass die Blauäugigen dies auch wissen.
Die Blauäugigen wissen auch dann noch nicht, dass es mehrere gibt. Sie wissen das erst einen Tag später, wenn nämlich niemand stirbt. Die entscheidende Information ist, dass jetzt jeder weiß, dass es blauäugige gibt.
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Jester schrieb:
Mario Sandler schrieb:
Der Induktionsanfang ist hier die Aussage "Es gibt jemand mit blauen Augen". Den dies ist die Information die ein einzelner blauäugiger bräuchte um seine Augenfarbe zu erschließen.
das stimmt zwar, aber wenn es mindestens zwei leute mit blauen augen gibt, dann ist die information, dass es blauäugige gibt doch ohnehin jedem bekannt; daran kann es also nicht liegen.
Nein wenn es 2 bläuaugige gibt müssen beide davon ausgehen (am 0. Tag) das der andere nicht weis das es blauäugige gibt.
Wie gesagt handelt es sich ja um Induktion und der Anfang ist nunmal der Fall das es nur eine Person mit blauen Augen gibt.
Das die Aussage: Es gibt mindestens einen mit blauen Augen, der Induktionsanfang für n=1 ist, sieht man auch an der Tatsache, dass wenn der Forscher gesagt hätte: "Es gibt mindestens 2 unter euch mit blauen Augen" das ganze Geschehen sich um einen Tag nach vorne verschiebt!
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Bashar schrieb:
Die Blauäugigen wissen auch dann noch nicht, dass es mehrere gibt. Sie wissen das erst einen Tag später, wenn nämlich niemand stirbt. Die entscheidende Information ist, dass jetzt jeder weiß, dass es blauäugige gibt.
Ja, war schlecht formuliert. Jeder weiß nun, dass ein einzelner Blauäugiger sich am nächsten Tag umbringen müsste, dass zwei Blauäugige sich in zwei Tagen umbringen müssten, usw. Und mit der Information die sie sowieso schon haben, dass es entweder 199 oder 200 Blauäugige gibt (wenn man selber blauäugig ist), beziehungsweise dass es 200 oder 201 Blauäugige gibt (aus Sicht der Braunäugigen) führt dies zum Massenselbstmord der Blauäugigen am 200.Tag, denn an dem Tag wissen sie, dass es nicht 199 Blauäugige geben kann und daher 200 die richtige Zahl sein muss.
P.S.: Und bitte nicht schon wieder 100+ Seiten.
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Jester schrieb:
@nachtfeuer: das klingt verwirrend und falsch.
2:10 + 2:11 + 2:12 usw. wächst zum beispiel auf über 1 wenn man genug summanden hat. das taugt nicht als WK.
Empirie hilft verstehen.
Wenn beim Roulette 3x oder 832 040x hintereinander die Farbe rot gefallen ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit beim nächsten Wurf für schwarz theoretisch immer noch 1 zu 1 bzw. 1/2. Theoretisch. Die Wahrscheinlichkeit für schwarz würde theoretisch in dem Moment allein dadurch steigen, in dem man anfängt, Geld auf rot zu setzen. (Wetten?)http://mathworld.wolfram.com/BenfordsLaw.html
Überträgt man das Phänomen auf Marios ersten beiden Beispiele, dann ist diese Wahrscheinlichkeit für ein erlogenes Kind oder eine Fehlgeburt größer als für ein normales 2. Kind - jedenfalls rein von der Zählstatisikbeziehung her.
(und auf der Insel mit den Blauäugigen: Ich gehe mal davon aus, das auf der Insel keiner die Absicht hat, zu sterben, und mache ein Geschäft für Farblinsen auf.)
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Die Lösung der Ratewahrscheinlichkeit des ersten Teil ist übrigens 1/2, wie otze schon im Vorgängerthread fast richtig erarbeitet hatte. Man darf die Persönlichkeiten der Kinder nicht außen vor lassen.
m1m2
m2m1
vs
m1j2
m2j1