[Physik] Die Messung in der Quantenmechanik
-
~john schrieb:
Alle Aussagen, die sich auf die Natur der "Messung" beziehen, sind rein philosophische Aussagen, und haben rein gar nichts mit Physik zu tun.
Nein, das ist nicht richtig. Im Gerüst der Quantenmechanik geht bei einer Messung i.a. ein reiner Zustand in einen gemischten über. Diese Zustände sind messbar, physikalisch unterscheidbar, deswegen muss auch die Messung, die den Übergang verursacht, physikalisch erklärt und beschrieben werden. Genauer: man muss definieren, welcher physikalische ("echte") Prozess einer Messung (dem mathematischen operator) entspricht. Entweder dadurch, dass es tatsächlich ein grundlegendes quantenmechanisches Phänomen gibt, das "Messung" heißt, und das man auslösen kann, oder als emergentes Verhalten aus den anderen grundlegenden quantenmechanischen Gesetzen.
knivil schrieb:
Durch die experimentielle Bestimmung der Korrelation gegeben durch die Bellungleichungen, wurden hidden variables ausgeschlossen.
lokale versteckte variablen. Immer dazusagen. (Bohm ist nichtlokal, die Welle bestimmt die Bahn des Teilchens)
Im Endeffekt ist eine Messung in der Quantenmechanik nur ein Projektionsoperator. Besser geht es halt nicht.
Das bringt uns bei der Frage auch nicht weiter. Klar, mathematisch knalle ich da "P"s dran und bekomme raus, was ich messe ("shut-up-and-calculate-interpretation")
Aber was sagt mir, wann ich das P dranknallen soll und wann nicht (wenn ich ein Experiment modelliere)?
-
NAGAZULP schrieb:
Nein, das ist nicht richtig. Im Gerüst der Quantenmechanik geht bei einer Messung i.a. ein reiner Zustand in einen gemischten über.
Das betrifft nur die Modellvorstellung im Standardmodell! In der Bohmschen Mechanik passiert das eben nicht. Was die "Realität" ist, ist eine Frage des persönlichen philosophischen Standpunkts. Man muß sich unbedingt davor hüten, die eigene Interpretation als physikalischen Realität zu interpretieren. Denn das ist sie eben nicht. An harten Fakten bleiben nur die Messungen, die statistisch verteilte Meßergebnisse liefern.
-
C14 schrieb:
Bleibt nur noch, die orthodoxe QM irgendwie zu erweitern, sodass der automatisch rauskommt / man ihn nicht mehr braucht.
Nein, das ist nicht notwendig, wenn man akzeptiert, daß die Welt probabilistisch ist. Die Bohmsche Mechanik enstspringt dem Wunsch, daß die Realität deterministisch ist. Der entscheidende Punkt ist folgender. Wenn man sich mit Automatentheorie auseinandersetzt sieht man, daß man Pseudozufallsgeneratoren konstruieren kann, so daß man nicht mehr zwischen echt zufälligen Werten und denen aus einem Pseudozufallsgenerator unterscheiden kann. Was uns zum Problem führt, daß man zwar das Standardmodell um hidden variables erweitern kann, damit aber keinerlei Informationsgewinn einhergeht. Denn die hidden variables sind ja nicht beobachtbar.
-
~john schrieb:
NAGAZULP schrieb:
Nein, das ist nicht richtig. Im Gerüst der Quantenmechanik geht bei einer Messung i.a. ein reiner Zustand in einen gemischten über.
Das betrifft nur die Modellvorstellung im Standardmodell!
Es ging mir um das: "Alle Aussagen, die sich auf die Natur der "Messung" beziehen, sind rein philosophische Aussagen, und haben rein gar nichts mit Physik zu tun."
Das ist eben in der Kopenhagener Interpretation nicht richtig, weil eine Messung eine Veränderung des Zustands darstellt. Das heißt, dort sind aussagen über die Natur der Messung nicht rein philosophisch, sondern haben Einflüsse auf das messbare mathematische Ergebnis das aus dem Modell kommt.Was hast du übrigens mit dem Standardmodell? das ist was völlig anderes...
-
Ich muss dazusagen, das ich mich mit Bohm nicht auskenne.
Die Messung am einen Teilchen beeinflusst das andere -> die QM ist nichtlokal, da die Teilchen raumartig getrennt sein können
Die bekannten drei Eigenschaften: Klassizitaet, Kausalitaet und Experiment koennen nach dem Experiment mit den Bell'schen Ungleichungen nicht alle gleichzeitig wahr sein.
Zum Experiment: also entweder glaubt man, was man misst oder eben nicht. Ansonsten entzieht man der Physik ihre ganze Grundlage. Zur Kausalitaet: Wenn wir Kausalitaet aufgeben, wuerde es bedeuten, dass wir ueberlichtschnell kommunizieren koennen. Man hat sich dagegen entschieden, die Kausalitaet aufzugeben, da das andere Paradoxien produzieren wuerde. Bleibt nur noch die Klassizitaet: Die Welt ist eben probabilistisch.
-
knivil schrieb:
Ich muss dazusagen, das ich mich mit Bohm nicht auskenne.
Die Messung am einen Teilchen beeinflusst das andere -> die QM ist nichtlokal, da die Teilchen raumartig getrennt sein können
Die bekannten drei Eigenschaften: Klassizitaet, Kausalitaet und Experiment koennen nach dem Experiment mit den Bell'schen Ungleichungen nicht alle gleichzeitig wahr sein.
Meiner Meinung nach falsch!
Die Bell'sche Ungleichung geht von Zufallsvariablen!! auf dem Raum der möglichen Messergebnisse aus und führt schon das auf einen Widerspruch zum QM-Messformalismus.Zum Experiment: also entweder glaubt man, was man misst oder eben nicht. Ansonsten entzieht man der Physik ihre ganze Grundlage. Zur Kausalitaet: Wenn wir Kausalitaet aufgeben, wuerde es bedeuten, dass wir ueberlichtschnell kommunizieren koennen. Man hat sich dagegen entschieden, die Kausalitaet aufzugeben, da das andere Paradoxien produzieren wuerde. Bleibt nur noch die Klassizitaet: Die Welt ist eben probabilistisch.
Natürlich glaubt man, was man misst.
Wenn du mit Kausalität meinst, dass die Theorie lokal ist, dann bitte aufwachen:
Die Realität IST nichtlokal! (siehe Quantenteleportation, da akzeptiert man das plötzlich)
Ansonsten bitte ich dich, mir die perfekte Antikorrelation der Messungen beim EPR-Experiment ohne nichtlokalen Kollaps zu erklären! Ich bin gespannt!
Das damit keine Information übertragen werden kann ist was anderes. Damit kann man die klassische Kausalität retten, aber die Theorie an sich ist nichtlokal!
Genauso wie die Bohm'sche Mechanik.
-
~john schrieb:
C14 schrieb:
Bleibt nur noch, die orthodoxe QM irgendwie zu erweitern, sodass der automatisch rauskommt / man ihn nicht mehr braucht.
Nein, das ist nicht notwendig, wenn man akzeptiert, daß die Welt probabilistisch ist. Die Bohmsche Mechanik enstspringt dem Wunsch, daß die Realität deterministisch ist. Der entscheidende Punkt ist folgender. Wenn man sich mit Automatentheorie auseinandersetzt sieht man, daß man Pseudozufallsgeneratoren konstruieren kann, so daß man nicht mehr zwischen echt zufälligen Werten und denen aus einem Pseudozufallsgenerator unterscheiden kann. Was uns zum Problem führt, daß man zwar das Standardmodell um hidden variables erweitern kann, damit aber keinerlei Informationsgewinn einhergeht. Denn die hidden variables sind ja nicht beobachtbar.
Das Problem ist nicht die probabilistische Interpretation, sondern der Kollaps der Wellenfunktion! (siehe Anfang des threads)
Dieser gehört in der orthodoxen QM zum Messformalismus dazu und ist nicht klar defniniert.In der Bohm'schen Mechanik benötigt man keinen Kollaps, weil das System zu jedem Zeitpunkt eine Konfiguration besitzt.
Die Realität entspricht dieser Konfiguration.In der orthodoxen QM hast du das Problem, dass dir ohne Kollaps die Realität aufgrund der Linearität der Schrödingergleichung auseinanderläuft / zerfließt.
Und es kommt noch besser:
Die Bohm'sche Mechanik erklärt den (effektiven) Kollaps der Wellenfunktion bei einer Messung:
Weil die tatsächliche Konfiguration in einen Zweig der Wellenfunktion gelaufen ist,
kann ich die anderen für die weitere Berechnung der Konfiguration vernachlässigen.
Ich kann also getrost (muss aber nicht) mit der kollabirten Wellenfunktion weiterrechnen.
Der Kollaps kommt in der Bohm'schen Mechanik also einfach als Vereinfachung zum Weiterrechnen raus!
-
Die Bell'sche Ungleichung geht von Zufallsvariablen!! auf dem Raum der möglichen Messergebnisse aus und führt schon das auf einen Widerspruch zum QM-Messformalismus
Wovon willst du sonst ausgehen, wenn du diese Variablen nicht messen kannst? Man geht halt von Parametern aus, die man nicht kennt und um es allgemein zu machen, ordnet man diesen ganz abstrakt eine Verteilung zu. Auch wird das nicht auf einen Widerspruch gefuehrt. Es wird einfach nur gesagt, wenn es hidden variables gibt, dann ist ein bestimmter Wert < 2. Mit Hilfe der Quantenmechanik wird aber ein Wert > 2 vorausgesagt. Nun muss man nur hingehen und diesen Wert messen (gar nicht so leicht). Es kam ein Wert > 2 raus, also muss die Theorie der hidden variables falsch sein.
Das Skript, was bei mir benutzt wurde: http://www.theory.caltech.edu/people/preskill/ph229/notes/book.ps . Leider Hat Professor Eisert in seiner Quanten 2 das Vorlesungsskript nicht bis zu diesem Kapitel aktualisiert, er hatte damals das essentielle besser herausgearbeitet.
Die Realität IST nichtlokal! (siehe Quantenteleportation, da akzeptiert man das plötzlich)
Du kannst trotzdem nicht mit Quantenteleportation ueberlichtschnell kommunizieren. Die Messung ist nun Mal der Scharfrichter in der Physik, d.h. ich moechte Information. Alles andere ist belanglos.
Das Problem ist nicht die probabilistische Interpretation, sondern der Kollaps der Wellenfunktion!
Ja, die Quantenmechanik ist nicht perfekt, aber was besseres haben wir leider im Moment nicht.
-
knivil schrieb:
Die Bell'sche Ungleichung geht von Zufallsvariablen!! auf dem Raum der möglichen Messergebnisse aus und führt schon das auf einen Widerspruch zum QM-Messformalismus
Wovon willst du sonst ausgehen, wenn du diese Variablen nicht messen kannst? Man geht halt von Parametern aus, die man nicht kennt und um es allgemein zu machen, ordnet man diesen ganz abstrakt eine Verteilung zu. Auch wird das nicht auf einen Widerspruch gefuehrt. Es wird einfach nur gesagt, wenn es hidden variables gibt, dann ist ein bestimmter Wert < 2. Mit Hilfe der Quantenmechanik wird aber ein Wert > 2 vorausgesagt. Nun muss man nur hingehen und diesen Wert messen (gar nicht so leicht). Es kam ein Wert > 2 raus, also muss die Theorie der hidden variables falsch sein.
Wie oft noch, es geht um LOKALE hidden variables!
Bitte tu uns den Gefallen und halte dich zurück, wenn du keine Ahnung hast.
Wegen solchen Leuten, die einfach mal loslabern ohne sich genauer mit dem Thema beschäftigt zu haben, hat die Bohm'sche Mechanik ihren schlechten Ruf.Nur so am Rande, das gleiche gibts übrignes auch in der Informatik:
Die Forschungsgelder für neuronale Netze wurden massiv gekürzt, nachdem irgendeine "Authorität" mal verbreitet hat,
neuronale Netze könnten nur lineare discrimant-functions liefern und das dann irgendwelche Leute ohne Nachdenken nachgeplappert haben (natürlich vollkommener Unsinn, das gilt nur für NN ohne hidden layers)knivil schrieb:
Das Skript, was bei mir benutzt wurde: http://www.theory.caltech.edu/people/preskill/ph229/notes/book.ps . Leider Hat Professor Eisert in seiner Quanten 2 das Vorlesungsskript nicht bis zu diesem Kapitel aktualisiert, er hatte damals das essentielle besser herausgearbeitet.
Ja, mit dem script stimme ich voll überein, bis auf die Passage auf p.148:
"...we are forbidden to consider simultaniously the possible outcome of two mutually exclusive experiments".
Was soll das heissen? Wer verbietet uns, etwas allein zu betrachten?
Die QM-Gedankenkontrolle?: "Wenn uns was nicht ins Bild passt, dann dürfen wir einfach nicht drüber nachdenken!"
Ha, klasse Idee, das "löst" alle Probleme natürlich sofort!knivil schrieb:
Die Realität IST nichtlokal! (siehe Quantenteleportation, da akzeptiert man das plötzlich)
Du kannst trotzdem nicht mit Quantenteleportation ueberlichtschnell kommunizieren. Die Messung ist nun Mal der Scharfrichter in der Physik, d.h. ich moechte Information. Alles andere ist belanglos.
richtig, deswegen spricht rein gar nichts gegen die Nichtlokalität der Bohm'schen Mechanik.
knivil schrieb:
Das Problem ist nicht die probabilistische Interpretation, sondern der Kollaps der Wellenfunktion!
Ja, die Quantenmechanik ist nicht perfekt, aber was besseres haben wir leider im Moment nicht.
siehe obiger post
-
Bitte tu uns den Gefallen und halte dich zurück, wenn du keine Ahnung hast.
Wegen solchen Leuten, die einfach mal loslabern ohne sich genauer mit dem Thema beschäftigt zu haben, hat die Bohm'sche Mechanik ihren schlechten Ruf.Du kannst gern mit Prof. Jens Eisert weiterdiskutieren. Seine email-Adresse ist auf seiner Seite zu finden. Er hat sich damit sehr eingehend damit befasst. Mir ist das zu bloed mit dir.
-
Soll das ein abschließendes Authoritätsargument sein,
weil dir so langsam die sachlichen Argumente ausgehen?Wie gesagt, ich stimme mit dem Script im Prinzip überein.
(der Prof scheint einer der vernünftigeren zu sein)Aber ja, du hast Recht, deine Zeit ist wahrscheinlich besser in die Grundlagen der Quantenmechanik investiert, danach könnten wir dann sachlich weiterdiskutieren.
-
Habe übrigens gerade entdeckt, dass sich der Leitartikel der aktuellen Ausgabe von "Spektrum der Wissenschaft" mit dem Thema "Nichtlokalität in der Quantenmechanik" beschäftigt.
Sehr lesenswert! (insbesondere für Prof. Eisert)