Navier-Stokes-Gleichungen



  • Hallo alle zusammen,

    für ein Projekt möchte ich die Navier-Stokes-Gleichungen verwenden. Ich hab schon danach gegooglet, allerdings habe ich keine gute und verständliche Erklärung gefunden.

    Kann mir jemand (möglichst verständlich) erklären wie man auf die Gleichungen kommt und wie man sie anwenden kann?
    Ich habe gelesen, dass sich man im 3 dimensionalen Raum keine eindeutige Lösung bestimmen kann und dass auf die Lösung des Problems 1 Million Dollar ausgesetzt ist, stimmt das?

    Danke im voraus!


  • Mod

    Vergessen schrieb:

    Ich habe gelesen, dass sich man im 3 dimensionalen Raum keine eindeutige Lösung bestimmen kann und dass auf die Lösung des Problems 1 Million Dollar ausgesetzt ist, stimmt das?

    Ja. Das hindert aber natürlich nicht daran, die Gleichungen mit einem Computer näherungsweise lösen will. Dies ist zwar immer noch schwierig aber machbar.

    für ein Projekt möchte ich die Navier-Stokes-Gleichungen verwenden. Ich hab schon danach gegooglet, allerdings habe ich keine gute und verständliche Erklärung gefunden.

    Wie ist denn dein Kenntnisstand? Es ist irgendwie ein bisschen ungewöhnlich, eine Gleichung benutzen zu wollen, von der man nicht weiß wozu sie da ist.



  • Ich weiß schon, dass man mit diesen Gleichungen Strömungen von Fluiden berechnen kann. Dazu habe ich mir auch schon Beispiele für Simulationen angeguckt.

    Da ich noch Schüler bin und wir partielle Differentialgleichungen in der Schule noch nicht behandelt haben, ist mein Hauptproblem die Mathematik. Deshalb denke ich, dass ich mich damit zuerst beschäftigen sollte.


  • Mod

    Vergessen schrieb:

    Da ich noch Schüler bin und wir partielle Differentialgleichungen in der Schule noch nicht behandelt haben, ist mein Hauptproblem die Mathematik. Deshalb denke ich, dass ich mich damit zuerst beschäftigen sollte.

    Ehrliche Meinung: Das kannst du noch nicht verstehen: Die Navier-Stokes Gleichungen bringt man gewöhnlicherweise im 6+. Semester eines Physikstudiums und die machen selbst begabten Studenten das Leben schwer. Und diese Studenten haben schon den Sprung von Schulmathematik zu theoretischer Physik (wo man lernt mit Differentialgleichungen umzugehen) hinter sich, was erfahrungsgemäß DIE große Hürde am Anfang eines Physikstudiums ist bei dem viele Leute abbrechen.

    Ich fürchte du übernimmst dich hier gewaltig. Ich find's zwar gut als Schüler seinen Horizont zu erweitern und würde dich gerne unterstützen, aber ich schätze eine Erklärung würde mehrere Monate dauern.



  • Ich kenne Physiker mit Diplom, die diese Gleichungen nie wirklich verstanden haben. Ist auch nicht weiter schlimm, sehen die meisten eh nie wieder und die Dinger sind echt abartig kompliziert.



  • Und ich setzte noch einen drauf: Ich kenne viele Ingenieure, die eigentlich den ganzen Tag nix anderes machen als Näherungen der Navier-Stokes-Gleichungen zu lösen. Die richtigen Navier-Stokes-Gleichungen sind viel zu schwierig, deswegen werden nur (mehr oder weniger) genaue Näherungen betrachtet. Um diese Gleichungen zu lösen werden fertige Programm-Pakete verwendet, die a) 10k€ aufwärts Lizenzen oder b) monatelange Einarbeitung oder c) beides benötigen.

    Ich beschäftige mich selber auch mit Strömungsproblemen, allerdings mit sehr, sehr stark vereinfachten Modellen. Das lastet mich auch schon ganz ziemlich aus - und um dir tatsächlich zu erklären, worum es dabei geht, brauchst du vielleicht auch schon ein Vordiplom in Physik, Maschinenbau oder dergleichen.

    Also nochmal die Frage: Was hast du vor?

    Das klingt etwas überambitioniert 🙂 Vielleicht können wir dir ja Ausweichthemen vorschlagen.



  • Die mathematische behandlung ist sehr kompliziert, und du wirst sie wahrscheinlich auch nicht verstehen wenn du in der Schule partielle differential gleichungen behandelst, aber vllt bist du ein Überflieger.

    Die Gleichungen an sich lassen sich relativ leicht herleiten, wenn man ein wenig Physik versteht und die wichtigsten Integralsätze der Mathematik kennt. Die Gleichungen folgen einfach aus der Erhaltung des Impulses und der Masse, plus zusätzlichen Annahmen über die "inneren Reibungskräfte" (Translationsinvarianz, Rotationsinvarianz; Schau ma nach Newtonsche Flüssigkeiten) und der Kompressibilität.
    Man kann es natürlich auch allgemeiner machen und statistische physik bemühen, aber das ist sehr viel komplizierter.
    Die Herleitungen findet man aber in jedem Physikbuch über Hydrodynamik, z.B Landau/Lifschitz oder Lamb.

    Ob man es letzendlich verständlich erklären kann hängt von deinem Wissenstand ab. Sagen wir ma so, wenn du dir anschaulich was unter der Divergenz eines Vektorfeldes Vorstellen kannst sollte es kein Problem sein.



  • Vergessen schrieb:

    Ich weiß schon, dass man mit diesen Gleichungen Strömungen von Fluiden berechnen kann. Dazu habe ich mir auch schon Beispiele für Simulationen angeguckt.

    Da ich noch Schüler bin und wir partielle Differentialgleichungen in der Schule noch nicht behandelt haben, ist mein Hauptproblem die Mathematik. Deshalb denke ich, dass ich mich damit zuerst beschäftigen sollte.

    Was willst Du überhaupt machen? Was ist die Anwendung? Wenn es bloß darum geht mal was fluidmäßiges zu simulieren, dann schau Dir zuerst mal die Laplacegleichung an. Das ist an sich mal eine der simpelsten partiellen Differentialgleichungen. Damit lassen sich Potentialströmungen berechnen, ein physikalisches Modell für einfache inkompressible, homogene, reibungsfreie und rotationsfreie Fluide. Du löst dann nicht, wie bei den Navier-Stokes-Gleichungen nach Geschwindigkeit/Druck, bzw. je nach Formulierung auch Vorticity, sondern nach einem Geschwindigkeitspotential, was Du nachher differenzieren kannst um die Geschwindigkeiten zu bekommen. Die vollen Navier-Stokes-Gleichungen sind nicht ganz so einfach zu berechnen, was hauptsächlich an dem konvektiven Term und der Natur eines Sattelpunktproblems liegt. Wenn Du noch andere Effekte wie z.B. Mehrphasigkeit hast, oder kompressible Strömungen mit hoher Machzahl berechnen willst, also Schocks usw. zu erwarten sind, dann wird das noch beliebig kompliziert.
    Also, wenn es irgendein Schulprojekt oder Referat ist, dann nimm was einfacheres oder schau, dass Du einen fertigen Code hernimmst und ein wenig mit der Geometrie und den Randbedingungen spielst. Einen einfachen Code für Navier-Stokes kann man schon selber schreiben, das habe ich oft genug gemacht um neue Methoden auszuprobieren. Allerdings braucht es selbst für die einfachen Fälle einiges an Erfahrung mit dem Schreiben von Finite-Elemente-Codes und/oder eine Menge Zeit. Für richtige Anwendungen braucht man natürlich eine Fülle von Features und vor allem sollte der Code massiv parallelisiert sein um überhaupt eine Chance für realistische Problemgrößen zu haben. Ich würde hier aber auch dazu raten mal einen Schritt nach dem nächsten zu tun 😉 .
    Das Thema ist aber sehr interessant und wenn Du nach der Schule in die Richung gehen magst, dann gibt es in Deutschland mehrere Orte, wo man das gut tun kann. Wenn Du magst, kann ich mal schauen, ob ich einsteigerfreundliche Literatur empfehlen kann. Mathematisch sollte man aber schon zumindest auf dem Vordiplomslevel unterwegs sein um wirklich was zu verstehen.



  • Walli schrieb:

    irgendein Schulprojekt oder Referat

    Ich brauche die Gleichungen nicht für die Schule, sondern ich beschäftige mich mit dem Ganzen eher hobbymäsig.

    Walli schrieb:

    Was willst Du überhaupt machen? Was ist die Anwendung?

    Also ich möchte eine Strömungssimulation von Fluiden programmieren. Z. B. habe ich mir Flügel von Flugzeugen und / oder Profile von Windrädern vorgestellt. Das ganze soll (ersteinmal) in 2D sein.

    Walli schrieb:

    Wenn Du noch andere Effekte wie z.B. Mehrphasigkeit hast, oder kompressible Strömungen mit hoher Machzahl berechnen willst, also Schocks usw. zu erwarten sind, dann wird das noch beliebig kompliziert.

    Darauf kann ich verzichten.

    Mir war schon von Anfang an klar, dass das Thema Strömungssimulation schwierig ist. Aber scheinbar eignet sich das Thema doch eher für eine Diplom- oder Doktorarbeit nach einem Physikstudium.
    Mir ist aufgefallen, dass ihr immer von anderen berichtet, die mit den Gleichungen Probleme haben / hatten. Hat jemand von euch selbst schon damit Erfahrungen gemacht?
    Aber obwohl es kompliziert ist, habe ich festgestellt, dass es trotzdem ein sehr interessantens Thema ist.

    Walli schrieb:

    Das Thema ist aber sehr interessant und wenn Du nach der Schule in die Richung gehen magst, dann gibt es in Deutschland mehrere Orte, wo man das gut tun kann.

    Naja, ich werde mich davon nicht entmutigen lassen und nicht sofort aufgeben 😉 Zuerst werde ich mich näher mit der Mathematik befassen. Dann schau ich mir mal mögliche numerische Berechnungsverfahren (Finite Differenzen ...) an.

    Walli schrieb:

    schau Dir zuerst mal die Laplacegleichung an

    werde ich machen! 😉



  • Vergessen schrieb:

    Ich brauche die Gleichungen nicht für die Schule, sondern ich beschäftige mich mit dem Ganzen eher hobbymäsig.

    Schönes Hobby! Ich habe während dem Studium die Strömungssimulation für mich entdeckt und lerne jeden Tag neue Sachen. Nur sind die Grundlagen wichtig, wenn es auch Sinn machen soll. Auf jeden Fall sollte erstmal die Physik der Strömungen gepaukt werden und dann natürlich auch die nötige Mathematik für die numerische Behandlung (richtige Stabilitätsanalyse usw. ist vielleicht auf Schulniveau etwas hart). Das Gelernte kann man dann auch gleich mal einprogrammieren und sich freuen, wenn es funktioniert. Und vor allem in kleinen Schritten, also nicht gleich erwarten, dass man nach einem durchgearbeiteten OpenFOAM-Tutorial bei EADS anfangen kann.

    Vergessen schrieb:

    Also ich möchte eine Strömungssimulation von Fluiden programmieren. Z. B. habe ich mir Flügel von Flugzeugen und / oder Profile von Windrädern vorgestellt. Das ganze soll (ersteinmal) in 2D sein.

    Ja, kann man machen. Wie gesagt, erstmal die Potentialströmungen anschauen und dann kann man immer noch komplizierter werden. Didaktisch klug wäre, denke ich, erstmal Poissongleichungen (evtl. erst 1D, dann 2D usw.) anzuschauen, dann entweder Konvektion-Diffusions-Gleichungen (Transport-Term dominiert -> wir brauchen ein paar Tricks damit die Methoden stabil sind) oder inkompressible Stokes-Probleme (was für Probleme haben wir bei der Approximation, wenn der Druck ins Spiel kommt? Erst am Schluss setzt man die Bausteine zusammen und kann das Oseen-Problem lösen, was im Endeffekt aus einer Linearisierung der nichtlinearen (wegen u*du/dx) Navier-Stokes-Gleichungen resultiert. Hat man das alles drauf, dann kann man (fürs erste) einen Haken hinter inkompressible Strömungen machen. Kompressible Strömungen sind nicht mehr so freundlich, aber das ist eigentlich auch wieder eine Wisseschaft für sich... Für's erste kann ja auch mal Wasser oder langsame Luft um den Tragflügel fließen ;).

    Vergessen schrieb:

    Mir war schon von Anfang an klar, dass das Thema Strömungssimulation schwierig ist.

    Ach, man kann alles lernen, es muss nur Spaß machen. Von daher würde ich mir an Deiner Stelle ein freies CFD-Tool zum rumspielen suchen und nebenher die Theorie büffeln. Man kann auch ohne Theorie simulieren, aber richtig gut wird man dann nicht.

    Vergessen schrieb:

    Mir ist aufgefallen, dass ihr immer von anderen berichtet, die mit den Gleichungen Probleme haben / hatten. Hat jemand von euch selbst schon damit Erfahrungen gemacht?

    Ja, täglich 😉 . Wenn die einfach zu lösen wären, dann wäre es ja auch langweilig. Gerade weil das Thema so umfassend ist, bringt es m.E. nach wenig, wenn man einfach drauf los macht. Bei vielen Leuten, die CFD machen, kann man beobachten, dass einfach viel gefummelt wird und mit 'trial and error' irgendwann was rauskommt. Ob das dann auch wirklich physikalisch Sinn macht, das steht auf einem anderen Blatt. Mit einer etwas geschulteren Sicht auf die Dinge kann man bei vielen Sachen auch schon von vorne herein wissen, dass etwas nicht gehen wird und dann versucht man direkt was vielversprechenderes.



  • Erstmal Laplace- oder Poisson-Gleichung anschauen klingt schonmal viel besser.

    Hast du denn schonmal Funktionen mehrerer Veränderlicher angeschaut, z.b. solche Funktionen wie f(x,y) = x^2 + sin(y) * x ? Weisst du, was Gradient, Divergenz, Rotation, Vektorfeld etc. bedeutet? Falls nicht, wäre vielleicht noch ein Schritt weiter zurück angebracht, nämlich "mathematische Grundlagen lernen".


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