Studium Informatik dezimieren Modul
-
maximAL schrieb:
Und schon sind wir wieder hier.
So unfreundlich fand ich das jetzt nicht, da es eher witzig gemeint war. Im Endeffekt kann man das doch so zusammenfassen, dass man sich immer in der Situation befinden wird mit Problemen fertig zu werden und sich zu behaupten. Wer hat nach dem Abi nicht gedacht, dass er es endlich alles hinter sich gebracht hat? Schwups war das Studium da. Kaum war das gemeistert und der Stress vergessen, stand schon die nächste Etappe an usw. Das geht noch bis zur Rente so. Wahrscheinlich schätze ich das aber auch jetzt in meinem augenblicklichen Leichtsinn falsch ein, und ab der Rente wird's erst so richtig stressig, weil über die Jahre so viel liegen geblieben ist.
-
Walli schrieb:
Aber dass jemand sein komplettes Studienpensum jeden Tag abrufbar haben muss, ist wohl eher die Ausnahme.
Moment, dass war nicht deine Aussage. Du behauptest, man braucht nur 25% oder weniger von seinem Grundstudium im Beruf. Ich sehe das anders.
Beispiel: Shader sind in ueberall wiederzufinden. Wie realisiere ich http://www.youtube.com/watch?v=Mi-mNGz0YMk . Das benoetigte Knowhow reicht bis tief ins Grundstudium. Nun ist das eine Technologiedemo, doch sowas moechte man gern in der medizinischen Datenverarbeitung benutzen.
Beispiel: Embedded Real-Time-System, RISC-Architekur, 50 Register, 3 Befehle gleichzeitig verarbeiten. Wie schreibt man Suchen und Sortieren fuer solch eine Plattform, um das maximale an Geschwindigkeit herauszuholen. Nein, die Optimierungsmoeglichkeiten des mitgelieferten Compilers sind beschraenkt.
Beispiel: Serielle Komminikation: Gesucht ist ein Protokoll, dass Ein-Bit-Fehler korrigiert, Zwei-Bit-Fehler erkennt und nie zwei gleiche "Dateneinheiten" nacheinander sendet.
Ich weiss ja nicht, was deine Herausforderungen sind, aber mit weniger als 75% komme ich wahrscheinlich nicht aus. Hmm, ich habe auch Java gelernt. Aber das sind wohl die 25% die ich nicht mehr benoetige.
-
knivil schrieb:
Du behauptest, man braucht nur 25% oder weniger von seinem Grundstudium im Beruf. Ich sehe das anders.
Kannst Du gerne so sehen. Um mir ein paar mathematische Resultate oder Algorithmen rauszusuchen und zu kombinieren muss man noch lange nicht mehr auswendig wissen, warum diese funktionieren oder beweisen können, dass sie diese und jene Eigenschaft haben. Grundlagen helfen sicher, aber ich muss nicht mehr die Details wissen, die damals in den Grundstudiums-Prüfungen so verlangt wurden. Und genau diese Details haben einen Großteil unseres Studiums ausgemacht. Übrig bleibt dann 4 Wochen nach der Klausur eigentlich nur Katalogwissen nach dem Motto "ich nehme lieber Algo X statt Y weil O(n) statt O(n^2), und wenn ich wissen muss wieso, dann steht es in Buch XYZ", was auch völlig ausreichend ist. Wenn ich derartige Sachen weiterentwickeln will, dann muss ich halt zwangsläufig wieder tiefer einsteigen, was kein Problem ist, aber sicher nicht bei einem Großteil des Stoffes nötig sein wird. Haben wir unterschiedliche Vorstellungen davon, was man unter "brauchen" versteht, oder wo war jetzt noch mal der Punkt, warum man eine Klausur lieber zwecks besserer Vorbereitung schieben sollte, statt sie einfach hinter sich zu bringen?
-
Walli schrieb:
Übrig bleibt dann 4 Wochen nach der Klausur eigentlich nur Katalogwissen nach dem Motto "ich nehme lieber Algo X statt Y weil O(n) statt O(n^2),
Dann hattest Du es vorher auch nicht richtig kapiert. Dieser Lernstil ist zwar sehr verbreitet, aber ich halte wenig davon.
-
Bei Fächern die mich wirklich interessieren lerne ich deutlich mehr als nötig, bei dem Rest gerade so viel wie nötig. Und das Grundstudium besteht zu 75% nunmal aus Sachen, die nicht sonderlich interessant sind. Die Sachen bei Bedarf schnell wieder anzulesen erscheint mir da sinnvoller als 20 Semester zu studieren, alles ins Langzeitgedächtnis zu prügeln, und dann zu alt für den Arbeitsmarkt sein .
-
Walli schrieb:
"ich nehme lieber Algo X statt Y weil O(n) statt O(n^2), und wenn ich wissen muss wieso, dann steht es in Buch XYZ"
Die Anschaffung von Büchern ist nicht unbedingt bei allen Studenten verbreitet. Es gibt viele, die nach dem Studium kaum noch Unterlagen haben.
Ich persönlich denke, dass man nicht alles auf ewig im Gedächtnis haben kann. Wenn man sich längere Zeit mit einer Thematik nicht beschäftigt, dann hat man das entsprechende Wissen nicht mehr in allen Details im Gedächtnis. Deshalb sollte man sich über die Zeit auch Quellen zulegen, mit denen man arbeiten kann, die einem helfen, das Wissen wieder herzustellen.
-
Gregor schrieb:
Walli schrieb:
"ich nehme lieber Algo X statt Y weil O(n) statt O(n^2), und wenn ich wissen muss wieso, dann steht es in Buch XYZ"
Die Anschaffung von Büchern ist nicht unbedingt bei allen Studenten verbreitet. Es gibt viele, die nach dem Studium kaum noch Unterlagen haben.
Das ist dann natürlich blöd. Bei uns gab es eigentlich zu den Grundstudiums-Sachen immer Skripte oder empfohlene Literatur, die dann in der Vorlesung durchgeackert wurde. Ich habe mir meistens dann alles irgendwie angeschafft oder kopiert, wenn ich den Eindruck hatte, dass ich noch mal reinschauen würde. Manches davon ist ziemlich abgegriffen, aber vieles eher nicht, weil es oft reicht mal kurz nach den nötigen Infos zu googlen.
Gregor schrieb:
Ich persönlich denke, dass man nicht alles auf ewig im Gedächtnis haben kann. Wenn man sich längere Zeit mit einer Thematik nicht beschäftigt, dann hat man das entsprechende Wissen nicht mehr in allen Details im Gedächtnis. Deshalb sollte man sich über die Zeit auch Quellen zulegen, mit denen man arbeiten kann, die einem helfen, das Wissen wieder herzustellen.
Richtig! Ein Beispiel aus meiner Laufbahn wäre eine Vorlesung über schnelle iterative Löser für dünnbesetzte lineare Gleichungssysteme. Die Beweise hat man irgendwann mal alle verstanden, aber nach einer gewissen Zeit ist nur noch übrig geblieben, was für Löser man auf welche Systeme anwenden kann, und wie die im Bezug auf Speicherverbrauch und Konvergenz so performen. Aber ich muss die Dinger weder aus dem Kopf einprogrammieren können, noch irgendwelche Beweise führen. Wenn eins von beiden nötig ist, dann weiß ich, wo ich es finde. Dazu kommt, dass vieles an Grundlagenwissen auch irgendwann 'obsolet' wird, wenn man ein höheres Level erreicht hat. Es ist toll, wenn man das alles für die Klausur kann, aber Leistung ist nunmal Arbeit/Zeit. Bevor man ein Jahr dranhängt kann man auch mal lieber ein paar Details nicht lernen und die Klausur trotzdem gut bestehen. Das, was man wirklich braucht, das brennt sich auch irgendwann auf ewig ein.
-
Walli schrieb:
Es ist toll, wenn man das alles für die Klausur kann, aber Leistung ist nunmal Arbeit/Zeit. Bevor man ein Jahr dranhängt kann man auch mal lieber ein paar Details nicht lernen und die Klausur trotzdem gut bestehen. Das, was man wirklich braucht, das brennt sich auch irgendwann auf ewig ein.
Pragmatismus ftw.
Ich stimme übrigens auch zu, dass man bzgl. der Prüfungen lieber etwas Gas geben sollte und schauen sollte, was noch geht, anstatt gleich anfangen zu schieben
-
Ich glaube ich habe eine andere Vorstellung von "brauchen" und "Details".
Ein Beispiel aus meiner Laufbahn wäre eine Vorlesung über schnelle iterative Löser für dünnbesetzte lineare Gleichungssysteme.
Das war im Grundstudium?
Ein Beispiel aus meiner Laufbahn wäre eine Vorlesung über schnelle iterative Löser für dünnbesetzte lineare Gleichungssysteme.
Teile und Herrsche sowie Suchen und Sortieren in der Informatik ist nie "obsolet". Und sofern ich besondere Einschraenkungen der Plattform/Architektur habe, muss ich sie selbst implementieren.
Das, was man wirklich braucht, das brennt sich auch irgendwann auf ewig ein.
Haha! Aus Erfahrung kann ich sagen: Das was ich in 5 Jahren brauche, kann ich heute noch nicht. Was mir hilft, mich schnell auf die jeweiligen Anforderungen einzustellen, sind weitreichende Grundlagenkenntnisse. Denn die bleiben gleich, das drum herum aendert sich.
-
knivil schrieb:
Das war im Grundstudium?
5. Semester, wobei mein Hauptstudium im Gegensatz zum Grundstudium nur noch das nötigste an Informatik enthielt. Aber wenn ich mir schon die Mühe mache Gregors Beitrag zu zitieren, dann lies das doch bitte auch im Kontext. Da ging es nicht mehr exklusiv ums Grundstudium.
knivil schrieb:
Teile und Herrsche sowie Suchen und Sortieren in der Informatik ist nie "obsolet".
So etwas vergisst man wohl auch hoffentlich nicht ernsthaft als Informatiker. Ich mache eine Aussage über eine Teilmenge und Du suchst Dir Gegenbeispiele aus der ganzen Menge heraus, bei denen die ausgerechnet nicht stimmt. Ein guter Einwand wäre z.B. gewesen mich mal das saloppe "viele" spezifizieren zu lassen oder darauf hinzuweisen dass die 75% komplett aus der Luft gegriffen sind. Gut, einfaches Beispiel: Falls ihr das gemacht habt, wozu sollte man als Informatiker gleich noch täglich wissen, wie das Lebesgue-Maß formal konstruiert wird? Da reicht eine grobe Idee, aber die genaue Definition muss nachher kein Schwein mehr hinschreiben können. Das meine ich mit "obsolet" in Anführungsstrichen. Natürlich ist so etwas nicht unwichtig, aber es ist Basiswissen, was man im Alltag nur noch selten zu Gesicht bekommt und daher irgendwann zwangsläufig vergisst. Und Du kommst mir hier mit "teile und herrsche". Nachtrag: Worüber ich rede ist, dass man bei vielen Sachen für die Klausur die genaue Definition kennen sollte, falls mal ein Witzbold auf die Idee kommt das einen hinschreiben zu lassen. Nachher muss man das nie mehr, falls man nicht unbedingt ein Lehrbuch schreibt. Also reicht die grobe Idee und das Wissen, dass man die Details, falls man sie braucht, irgendwo leicht wieder finden kann.
knivil schrieb:
Haha! Aus Erfahrung kann ich sagen: Das was ich in 5 Jahren brauche, kann ich heute noch nicht.
"Brauchen" habe ich hier mal so frei wie ich bin im Sinne von "anwenden", nicht von "benötigen" verwendet. Kontext und so!
-
Also du behauptest, nur 25% des Grundstudiums der Informatik wird spaeter gebraucht. Argumentierst dann mit dem Beispiel Masstheorie oder einer Spezialvorlesung aus dem Hauptstudium (fuer Mathe), die wahrscheinlich die Mehrzahl an Informatikstudenten nicht hoeren werden. Und dann weisst du mich zurecht in Bezug auf Kontext.
Ich beispielsweise hatte in den Grundvorlesungen Mathe fuer Informatiker kein Lebesgue-Maß.
PS: Das Basiswissen eines Informatikers unterscheidet sich stark von dem eines Mathematikers.
für die Klausur die genaue Definition kennen sollte
Nein, meine Klausuren sahen anders aus. Beispiel: Ist Sprache XY kontextfrei? Sprache XY wurde dann "formal" in Worten kurz beschrieben.
-
Ist doch jetzt och egal, die meisten hier raten vom "schieben" ab
Was wer, wie, wann und wo noch können wird und will, bleibt jedem selbst überlassen.
-
knivil schrieb:
PS: Das Mathematikstudium unterscheidet sich stark vom Informatikstudium.
Ja, in der Tat. Mathematik ist eins der Gebiete, in denen es viele Querbezüge gibt und in denen stark auf vorherigem Stoff aufgebaut wird. Das ist in der Informatik abhängig vom Schwerpunkt weniger stark ausgeprägt. Dort kommt es häufiger vor, dass Teilbereiche nur in einem losen Verbund mit anderen Bereichen stehen. Wenn man Robotik betreibt, muss man zum Beispiel nicht sooo viel über Komplexitätstheorie wissen. Man braucht von diesem Gebiet dann maximal ein paar zentrale Aussagen, die man halbwegs im Hinterkopf haben sollte. Aber Du musst nicht wissen, was es eigentlich genau mit Orakelturingmaschinen oder der Polynomialzeithierarchie auf sich hat.
-
Ich meinte das eher anders herum. Man baut muehsehlig die Natuerlichen Zahlen auf oder "lernt" integrieren. Das wiederholt wohl kaum ein Mathestudent. Auf der Informatikerseite wird man auch auf einem Roboter Algorithmen und Datenstrukturen einsetzen, vielleicht ist binaere Suche dabei oder A*. Vielleicht wird er in Prolog programmiert. Aber sobalt ich eine Abschaetzung in O-Notation mache, bin ich eigentlich bei Komplexitaetstheorie. Wenn ich Echtzeitsysteme programmiere, werde ich wahrscheinlich auch obere Schranken angeben. Natuerlich wird nicht das ganze Grundstudium in einem Roboter Platz haben. Aber im Laufe von 2 Jahren kann schon viel Stoff beruehert werden.
Orakelturingmaschinen oder der Polynomialzeithierarchie
Und wie sieht es endlichen Automaten aus? Wenn ich mit dem Roboter kommunizieren moechte, vielleicht entwerfe ich eine kleine Sprache. Vielleicht steht nicht so viel Bandbreite zur Verfuegung, Kompression? Du kannst gern die 25% nennen, die man nicht mehr braucht. Ich kann dir die benoetigten Teile nennen, von denen ich glaube, sie seien 75% gross.
-
knivil schrieb:
Also du behauptest, nur 25% des Grundstudiums der Informatik wird spaeter gebraucht. Argumentierst dann mit dem Beispiel Masstheorie oder einer Spezialvorlesung aus dem Hauptstudium (fuer Mathe), die wahrscheinlich die Mehrzahl an Informatikstudenten nicht hoeren werden. Und dann weisst du mich zurecht in Bezug auf Kontext.
Die Sache mit der Vorlesung hatte überhaupt nicht den Anspruch ein Argument in unserer Diskussion zu sein, da sie auf Gregors Aussage bezogen war.
knivil schrieb:
Ich beispielsweise hatte in den Grundvorlesungen Mathe fuer Informatiker kein Lebesgue-Maß.
Ich dachte eigentlich, dass das zu einer anständigen Analysis-Vorlesung dazu gehört.
knivil schrieb:
Aber sobalt ich eine Abschaetzung in O-Notation mache, bin ich eigentlich bei Komplexitaetstheorie.
Gut, wenn für Dich die O-Notation gleich Komplexitätstheorie ist, dann ist es wohl kein Wunder, wenn wir aneinander vorbei reden. Natürlich schneidet man im späteren Leben Stoff aus den verschiedensten Bereichen an. Ich rede wohl über die Stoffmenge an sich und Du über die angeschnittenen Themen. Ja, ich wende auch Stoff aus beinahe allen Fächern an, die ich jemals gehört habe. Aber davon benutze ich jeweils immer nur einen Bruchteil. Die Vorkenntnisse helfen mir dabei weiterführende Literatur finden und zu verstehen. Wenn ich jemals Details aus den Grundlagenvorlesungen dafür benötige, dann lese ich mir die wieder an. Es wird niemals jemand verlangen, dass Du ihm die Zeitkomplexität eines bestimmten Algorithmus beweist, daher vergisst man einen Großteil wieder innerhalb weniger Wochen. Du solltest grob wissen, was die Stärken und Schwächen sind, und Probleme abstrahieren können, um auf die Idee zu kommen, dass dieses oder jenes als Lösung passen könnte.
knivil schrieb:
Nein, meine Klausuren sahen anders aus.
In einer Klausur sollte es auch weniger um Details als mehr um das grundlegende Verständnis gehen. Im Endeffekt prüft die Klausur ab, ob die Dinge, die wirklich praxis- und alltagsrelevant sind, auch wirklich mitgenommen wurden. Allerdings gibt es bei den Leuten, die die Klausur stellen, mitunter welche, die das nicht verstanden haben.