Bachelorarbeit



  • Ich hab grad aus Spaß mal die abstracts der arxiv-Einreichungen der letzten Woche durchgeschaut (computer science). Unter den single-author-einreichungen (ca. 12) sind in der tat zwei, die "I" benutzen. Das eine ist eine Arbeit einer Doktorandin, die beim derzeitigen Projektstand beschreibt was sie gerade tut und als nächstes zu tun gedenkt "I" benutzt, nicht aber im inhaltlicheren Teil der Arbeit dort wird "we" benutzt). Die andere Arbeit sticht schon von der Formatierung her etwas raus.

    Am ehesten überraschend fand ich noch den mit 4 oder 5 Arbeiten eher hohen Anteil an passiv-konstruktionen. Ich hab nicht nachgeschaut was die im text machen, mich würde es aber nicht wundern wenn da auch noch das ein oder andere "we" auftauchen würde.

    Insgesamt stützen diese Daten keinesfalls die These, dass single-authors "I" schreiben. Interessanterweise sind übrigens beide "I"-Benutzer deutsche, was nicht so wirklich zu "typisch deutsches understatement" passen will.



  • Gregor schrieb:

    Es ist eine Formulierung, die eine Verbindung zwischen dem Autor und dem Leser herstellt und beide zusammenfasst.

    Das verstehe ich jetzt nicht wirklich. In wiefern stellt es eine Verbindung zum Leser her, wenn der Einzelautor einer Bachelor thesis schreibt "We performed an iterated sequence alignment using software XYZ"?

    Der Punkt ist aber nach wie vor, dass das einfach eine Sache des persönlichen Geschmacks ist. Ich habe in Arbeitskreisen gesessen, da war es gottgegeben, dass sämtliche Handlungen im unbenannten Passiv formuliert wurden: "Es wurde XYZ gemacht." Anschließend war ich bei einem britischen Professor, der 10 Jahre in Holland gelehrt hatte und mir solche Klauseln um die Ohren geklatscht hat! Der meinte nur: "Keep it simple!"

    Überall findet man Leute, die meinen, nur ihre Auffassung wäre die einzig gültige. Und da wird eben gerne mit Begriffen wie "wissenschaftlich" oder "professionell" um sich gekeult, so wie auch hier im Thread. Am Ende kochen wir an den Hochschulen aber auch alle nur mit Wasser. Er ... pardon! Am Ende wird an den Hochschulen aber auch nur mit Wasser gekocht! 😉



  • árn[y]ék schrieb:

    Am Ende kochen wir an den Hochschulen aber auch alle nur mit Wasser. Er ... pardon! Am Ende wird an den Hochschulen aber auch nur mit Wasser gekocht! 😉

    Sicher, dass du nicht "ich" schreiben wolltest? :p



  • árn[y]ék schrieb:

    Gregor schrieb:

    Es ist eine Formulierung, die eine Verbindung zwischen dem Autor und dem Leser herstellt und beide zusammenfasst.

    Das verstehe ich jetzt nicht wirklich. In wiefern stellt es eine Verbindung zum Leser her, wenn der Einzelautor einer Bachelor thesis schreibt "We performed an iterated sequence alignment using software XYZ"?

    Ein interessanter weiterer Punkt. Ich würde sagen, dass man jenseits von Zusammenfassungen normalerweise in der Präsenzform schreibt. Eine wissenschaftliche Arbeit ist keine Nacherzählung.



  • Gregor schrieb:

    Ein interessanter weiterer Punkt. Ich würde sagen, dass man jenseits von Zusammenfassungen normalerweise in der Präsenzform schreibt. Eine wissenschaftliche Arbeit ist keine Nacherzählung.

    Ich weiß nicht, ob das in der Informatik anders ist als bei uns. Aber ich würde mal vermuten, dass aus derartigen Unterschieden die verschiedenen Sichtweisen hier herrühren. In den forschenden Naturwissenschaften (Bio, Chemie, Physik) ist eine Bachelorarbeit genau so wie eine Master thesis oder auch Doktorarbeit im Prinzip ein sehr umfangreiches Versuchsprotokoll. Da gibt es einen allgemeinen Methodenteil und einen Teil, der die faktische Versuchsdurchführung im Labor beschreibt. Letzterer ist sehr wohl eine Nacherzählung und nimmt bisweilen große Teile der eigentlichen Arbeit ein.



  • @árn[y]ék: Ok, könnte sein, dass das teilweise Community-abhängig ist. Allerdings ist die Unterteilung in unterschiedliche Communities dann deutlich feingliedriger. Ich habe diesbezüglich Erfahrung in einem Bereich der Robotik innerhalb der Informatik und in einem Bereich der Simulationen innerhalb der Physik. In beiden Bereichen werden durchaus "Experimente" gemacht. In wissenschaftlichen Artikeln und Abschlussarbeiten die ich in diesen Bereichen gelesen habe, wird darüber aber trotzdem in der Regel im Präsenz geredet.

    Wie fein die Unterteilung in unterschiedliche Sprachstandards sein kann, kann man vielleicht an folgendem Beispiel sehen. In der Physik geht es bei mir um einen Bereich der Festkörperphysik. Jährlich findet zur Festkörperhysik eine große Tagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft statt (mit vielleicht 5000 Teilnehmern oder so). Wenn man sich auf so einer Tagung in einen Vortrag aus der Community setzt, in der ich auch anzutreffen bin, dann wird da Englisch gesprochen. Ich habe mich aber auch schonmal in eine Session gesetzt, in der es um Photovoltaik ging und war ganz überrascht, dass die Vorträge auf Deutsch abgehalten wurden. ...wobei ich gehört habe, dass das da auch nicht immer so sein soll.

    In was für einem Bereich bist Du denn tätig?



  • Gerade bei einer Bachelorarbeit geht es doch um ein Thema von begrenztem Umfang, das von einem einzelnen Studenten bearbeitet wurde.
    Wenn ich dieser Student bin und ich meine Schaltung so ausgelegt habe, daß die XY-Einflüsse im Arbeitspunkt Z minimal sind und die Schaltungsfunktion in den geforderten Grenzen liegt- wieso soll ich dann nicht schreiben, daß ich das getan habe? Soll ich "wir haben ausgelegt" schreiben? Wieso? Ich war es doch auch. Und es gab auch keinen anderen.
    Rein formal gesehen muß das auch so sein, weil man einen Eigenanteil erbringen muß und der auch erkennbar sein muß. Da in der ersten Person zu formulieren ist einfach naheliegend.
    Ich habe auch schon erlebt, daß in einem Abschlußvortrag (also jetzt gesprochene Sprache) als Frage kam: "Wer ist denn eigentlich dieses 'wir', von dem Sie die ganze Zeit reden?"



  • du darfst problemlos "ich" hinschreiben. Du hinterlässt halt nur ggf, einen merkwürdigen eindruck. wenn das für dich okay ist, dann nur zu. Alles weitere steht ja oben schon erklärt.



  • Hat eigentlich irgendwer gesagt, dass man über sich selbst wie der Kaiser in der Mehrzahl sprechen soll? Das "wir" muss sich tatsächlich auf mehrere Personen beziehen. In mathematischen Arbeiten ist das regelmäßig der Autor und der als aktiv angenommene Leser: "Wir nehmen nun an, dass X, und schließen Y." Wenn das nicht passt, weil der Leser z.B. nicht am tatsächlichen Experiment beteiligt war, kann man das auch nicht so schreiben.



  • Bashar schrieb:

    Hat eigentlich irgendwer gesagt, dass man über sich selbst wie der Kaiser in der Mehrzahl sprechen soll? Das "wir" muss sich tatsächlich auf mehrere Personen beziehen. In mathematischen Arbeiten ist das regelmäßig der Autor und der als aktiv angenommene Leser: "Wir nehmen nun an, dass X, und schließen Y." Wenn das nicht passt, weil der Leser z.B. nicht am tatsächlichen Experiment beteiligt war, kann man das auch nicht so schreiben.

    Das sehe ich nicht so. Und das "sehen" meine ich wahren wortsinne: ich sehe täglich anderes. Da steht im abstract "we present..." Man kann nun schwerlich behaupten der leser sei an der präsentation beteiligt. Mag sein, dass das in anderen fachbereichen anders ist. Sowohl meine persönliche erfahrung als auch die stichprobe bei CoRR (arxiv, fachbereich informatik) zeigen überwiegend die verwendung von "we" auch bei einzelautoren.

    Mag jemand der anderes behaupten will vielleicht mal auf die sticprobe eingehen und ggf. Andere daten präsentieren?



  • Das sind m.E. Stilverirrungen. Wenn man die ganze Zeit "we" schreibt, wird das irgendwann automatisch, auch wenn man tatsächlich nur von sich selbst spricht. Das ist ja auch ein bisschen schizophren, denn schließlich hat man die Ergebnisse allein und nicht zusammen mit einem imaginären Leser gefunden.

    Trotzdem hab ich mir das nicht ausgedacht. Diese Verwendung von "we" wird z.B. hier besprochen: http://www.math.uga.edu/~azoff/courses/halmos.pdf (Abschnitt 12).



  • blurry schrieb:

    Könnt ihr euch vorstellen mein Professor sagt , dieses Thema ist für eine Bachelorarbeit nicht geeignet, weil zu leicht etc.?

    Das können wir uns vorstellen.
    Oh, ein Heckenschützen-Wir. Eine Beleidigung oder sonstwie vollkommen fragwürdege These raushauen als "wir" und der Angepißte muss nicht mehr nur einen angehen, sondern uns alle.
    "Ich hab ja nix gegen Ausländer, aber wir haben was dagegen, ich bin nur der Bote"

    blurry schrieb:

    Wieso soll eigentlich in einer Bachelorarbeit kein "ich" vorkommen.
    Gerade im Implementierungsteil koennte man doch gut "Ich habe das und jenes gemacht " sprechen.

    Wenn Du es gemacht hast, ist das auch ganz richtig so. Hauptsache, wir schreiben nachvollziehbar. Oh, ein Eintrittskarten-Wir. Hab zwar Null Ahnung vom Thema, aber wie ihr am "wir" seht, bin ich voll der wissenschaftliche Schreiberling.

    Ach, Quatsch, ich kann so schlau sein wie Prof84, wenn ich nur will:

    Wenn Du es gemacht hast, ist das auch ganz richtig so. Hauptsache, ihr schreibt nachvollziehbar. Seht ihr? Ich muss täglich Eure Doktorarbeiten lesen und langweile mich dabei ja so unglaublich!

    Skym0sh0 schrieb:

    Weil es nicht wissenschaftlich ist.

    Da stellen wir uns jetzt aber ein wenig dumm an. Oh, ein rhetorisches "wir", klarer Fall. "Du" warst gemeint. Hier sind wir ziemlich vielschichtig am Werke.
    Es klingen Grundschul-Allyren an "Wir waschen uns vor dem Essen die Hände".

    Jester schrieb:

    Leider sind die Alternativen auf Deutsch irgendwie nicht so toll. Meist wird das dann ein sehr unpersönlicher Schreibstil mit vielen Passiv-Konstruktionen. Im englischen schreibt man einfach "we", auch wenn man alleiniger Autor ist, und meint damit sich selbst und den Leser. Das schafft meiner Meinung nach eine gute Verbindung und liest und schreibt sich relativ angenehm.

    Diese Meinung kann kaum geteilt werden. Haha, wie passiv und hier unpassend.
    Wir können diese Meinung kaum teilen. Haha, wie plural und hier unpassend.
    Man kann diese Meinung kaum teilen. Haha, passiv-Ersatz.

    Um welche Aufgaben geht es eigentlich?

    Man nehme 300g Mehl, 200g Fett und 100g Zucker für supi Plätzchen? Zu sagen, daß wir jetzt Plätzchen buken, wäre vollkommen gelügt.

    Man erkennt sehr schnell, daß c=sqrt(a2+b2)? Jo, so locker aus dem Ärmel geschüttelt gehts mal.

    Ich lese furchtbar gerne Texte von DJ Bernstein oder Carl Pommerance http://en.bookfi.org/book/1014851 Alles kling völlig natürlich und flüssig.
    Oh, was haut er in den ersten beiden Sätzenfür einen Passiv raus! "In 1970 it was barely possible to factor "hard" 20-digit numbers."
    Danach ein "ich" bescheiden passiviert mit "In 1990 my own
    quadratic sieve factoring algorithm had doubled the length of the numbers that could be factored, the record having 116 digits."
    Und dann Jesters verbindendes "wir" mit "In this article we shall briefly meet these factorization algorithms". Und es paßt perfekt, weil nämlich, wie wir gleich sehen, wir später die Sachen zusammen erarbeiten.

    "The trick is to write 8051 as 8100-49, which is 902-72, so we may use algebra, namely, factoring a difference of squares, to factor 8051" It is 83*97."
    Jester "wir" in Perfektion. Im Deutschen ein wenig abgelutscht, weil es inzwischen von Grundschullehrerinnen überstrapaziert wird. In alten Fachbüchen ist es noch üblich.

    Aber es muss richtig angewandt werden!!! Kein "Wir befürchten" oder "wir erkennen", weil das gar nicht der Fall ist. Kein "wir möchten" oder "wir singen Trullala und tanzen Ringelpiez", weil das gar nicht der Fall ist.

    http://www.ams.org/journals/mcom/2004-73-246/S0025-5718-03-01501-1/S0025-5718-03-01501-1.pdf
    "One can include composite integers q in step 2 of Algorithm 2.1."
    Mist, "we" machen sie gar nicht. Aber man beachte "The second author's implementation of Algorithm 3.1, Algorithm 3.2, and Algorithm 3.3, using gcc 2.8.1 on an UltraSPARC-I/167 with B = 128128, takes about 2.5*10^9 cycles to find the primes up to 10^9."

    Xin schrieb:

    ...Verantwortung dafür übernehmen soll - die entweder zeigt, dass er falsch liegt oder den Rang des Bachelors verdient. Die Formulierung "Es wurde gemessen..." zeugt nicht von diesem Selbstbewusstsein.

    Klarer Punkt für Xin. Mehr Power in der Hose hat man, wenn man sagt, daß man es selber gemessen hat. Man ist uber, wenn man wie Atkin und Bernstein einfach nur Tatsachen feststellt. Kann sich aber nicht jeder leisten, als Normalsterblicher kriegt man das glatt angekreidet.

    árn[y]ék schrieb:

    Kann ich nur bestätigen. Typisch deutsches Understatement. In vielen englischen Papern etwa sind "I" und "we" allgegenwärtig. Da ich selbst auf Englisch geschrieben habe, wäre mir noch nicht einmal die Idee gekommen, aus irgendeinem Grund derartige Formulierungen zu vermeiden. Wenn ich etwas gemacht habe, schreibe ich das auch so.

    Der Autor dieses Postings teilt diese Meinung. Wir applaudieren. Nur hat das nichts mit unterstatement zu tun, sondern mit irgendeinem Gen, das einen zwingt, eine Krawatte anzuziehen, wenn man beim Italiener Pizza essen geht, beim Dönern aber nicht und bei Hausmannskost hämgt die angemessene Kleidung vom Gericht ab.

    Jester schrieb:

    Also "I" lese ich auch im englischen überaus selten. Eigentlich nur bei irgendwelchen crackpots, die P=/!=NP bewiesen haben. Aller meistens wird "we" geschrieben.

    Vermute fast, Du liest viel über Mathe (theoretische Informatik, überschneidet sich ja auch ein wenig). Ja, das ist auch im Deutschen noch ein Refugium des "wir". Die Autoren sind so nett, das Werk von fünf Jahren Arbeit einem aufzuarbeiten, nicht nur in fünf trockenen Formeln das Ergebnis hinzurotzen, sondern tatsächlich fünf Seiten drüber zu schreiben (, wo manchmal 5000 eigentlich die Untergrenze wären, damit der geneigte Leser es versteht *kicher*).

    árn[y]ék schrieb:

    Oh, zu spät gesehen. Für dich trotzdem nochmal ausführlich:
    - Einzelperson schreibt eine Bachelorarbeit -> I
    - Kollektiv schreibt ein Paper oder Einzelperson schreibt ein Paper und andere klatschen sich als weitere Autoren drauf -> We

    "Dieser Beweis wird zeigen, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Der Beweis wird dabei durch Widerspruch geführt werden. Wir beweisen also, das es..."

    Gregor schrieb:

    Mit "Wissenschaftlichkeit" hat das IMHO in der Tat nicht so viel zu tun. Es hat aber etwas damit zu tun, was üblich ist. Es ist üblich, "we" zu nehmen. Das "I" findet man hingegen relativ selten.

    Ist mir zu unkonkret inzwischen. Über was wird geredet? Hat's das Team gemacht, macht man es selber, macht man es interaktiv mit dem Leser, stellt man Tatsachen fest, prognostiziert man, rekapituliert man? Mist, es wird noch viel schlimmer:

    Gregor schrieb:

    Ich würde sagen, dass man jenseits von Zusammenfassungen normalerweise in der Präsenzform schreibt. Eine wissenschaftliche Arbeit ist keine Nacherzählung.

    Bitte die Beweismethode "Das Leben ist kein Ponyhof" vermeiden.
    Hänt doch davon ab, WAS man zusammenfaßt. Stellt die Arbeit Sachen fest? "Die Kuh IST ein Säugetier". Türlich kann sie eine Nacherzählung sein. Cäsar STARB in den Iden des März. Jesus LEBT. Wenn der Paläontologe wir erzählen würde, was der T-Rex so jeden morgen essen tut, käme ich mir allerdings verarscht vor.

    Bashar schrieb:

    Jester schrieb:

    Da steht im abstract "we present..."

    Das sind m.E. Stilverirrungen.

    Genau, da haben wir recht.



  • Der Autor dieses Postings fand in diesem Thread ein geiles Posting.[1] 👍

    volkard schrieb:

    Hänt doch davon ab, WAS man zusammenfasst.

    Eine Bachelor-Arbeit ist auch eine Bewerbung. Wir bewerben uns für einen akademischen Grad.
    Wie einer Bewerbung schreibt man darauf los und hofft, dass dem Empfänger die Tipps aus dem Bewerbungstrainer gefallen - dann bekommt man eine Einladung. Hat der Personaler eine andere Vorstellung, bekommt man seine Unterlagen zurück. So ist das bei einer Bewerbung: Es ist auch ein Glücksspiel, man kann nur versuchen es nicht falsch zu machen.

    Bei einer Bachelorarbeit run wir dies nicht bei denen, die die akademischen Grade vergeben, bis wir einen gefunden haben, dem unsere Arbeit gefällt, sondern bei dem einen, der für uns zuständig ist. Wenn jemandem die Frage ob ich, wir oder man die Arbeit schrieben so wichtig ist, bauchpinselt man am besten den Professor an den man seine Bewerbung richtet und preist seine Kompetenz indem man ihn fragt, was er eigentlich gerne lesen möchte.

    Kurz: Ob ich, wir oder man eine Arbeit schreibt hängt an davon ab, für WEN man seine Arbeit zusammenfasst.

    Ich habe mich um die Frage bei meiner Diplomarbeit nicht gekümmert. Ich beschreibe die Dinge, um die es bei meiner Arbeit geht. Das ganze baut sich wie Lego auf.
    Es gibt gelbe und rote Steine. Gelbe Steine haben die Eigenschaften... und rote Steine haben die Eigenschaft, dass... Ein Haus besteht aus gelben Steine für die Wände und die roten Steine pyramidenförmig als Dach anordnet.

    Das Wort ich taucht selten auf und steuert, wenn ich mein Verständnis zu einem Punkt sicherstelle, damit nachfolgende Teile richtig zugeordnet werden kann. Oder wo ich (nicht wir oder man) etwas definiere, um darauf nachfolgende Teile aufzubauen.

    Ich habe keine Beschwerden über dieses Vorgehen gehört.

    [1] volkards Posting (NICHT VERGESSEN: Url hier noch einfügen)



  • Der Autor dieses Postings hat die Diplomarbeit des Vorautors im Internet entdeckt.
    http://t1.ftcdn.net/jpg/00/14/89/76/400_F_14897613_clHgjZ9xIfB8FJcocqCrlrHeY7oWlNAD.jpg



  • volkard schrieb:

    Der Autor dieses Postings hat die Diplomarbeit des Vorautors im Internet entdeckt.
    http://t1.ftcdn.net/jpg/00/14/89/76/400_F_14897613_clHgjZ9xIfB8FJcocqCrlrHeY7oWlNAD.jpg

    Der Autor dieses Postings what the fuckt zurzeit... das war doch als Firmengeheimnis deklariert!

    Naja, nun kennst Du ja meine Qualifikation, aber immerhin habe ich nicht den selben Mist wie in den meisten anderen Diplomarbeiten gebaut. 😃



  • Ziemlich bezeichnend ist, dass fast alle die bis jetzt ihr Glück mit "lustigen" wir-Konstruktionen es mit einer persönlichen Bewertung versucht haben -- also genau dem was in einen wissenschaftlich Text ohnehin nicht oder höchstens sehr sparsam reingehört.

    Auch ist es doch, um mal eines der wenigen anderen Beispiele zu nehmen, völlig unerheblich *wer* gemessen hat, wichtig ist doch *was* rauskam und was daraus folgt. Ein "Die laufzeitmessung ergab..." (Und schon sind wir beim inhaltlichen kern) Ist doch tausendmal besser als "Ich habe die Laufzeit des Programms gemessen. ..."



  • Richtig, daher sind auch die meisten Arbeiten in dieser unpersönlichen Schreibweise verfaßt, die du ja auf Deutsch zu den nicht so tollen Alternativen zählst. Wenn ich das in einer Bachelorarbeit lese, darf ich ruhigen Gewissens davon ausgehen, daß der Bachelorarbeiter alles gemacht hat, was er da beschreibt, und das die hingeschriebenen Schlußfolgerungen seine eigenen sind. Daß da an manchen Stellen auch "ich" landet, kommt sicher nicht selten vor und ist völlig egal.
    Aber "wir" auf Deutsch stellt das irgendwie in Frage, daher würde ich es nicht verwenden. Außer natürlich, es stimmt.

    Wie sähe denn ein Gebrauch von "wir" aus? "An den Meßergebnissen können wir sehen, daß..."? Ich würde das unpersönliche Schreiben einfach durchhalten und schreiben "Aus den Meßergebnissen ist ersichtlich, daß...". Und an der Stelle würde ich sogar "ich" absichtlich vermeiden, weil es für mich sonst nach Umgangssprache klingt.



  • Auf Deutsch würde ich auch kein "wir" schreiben. ...andererseits würde ich wissenschaftliche Arbeiten generell nicht auf Deutsch schreiben. Die Wissenschaftssprache ist Englisch.



  • Ganz genau. Nicht jede Variante lässt sich gleich gut umschreiben. Und in diesem Fall ist es ja, durch Veränderung des Subjekts sogar gelungen das Passiv zu vermeiden. Das ist natürlich gut. Man muss halt immer schauen was am besten passt. Natürlich ist der Vorschlag nicht in jedem Satz "wir" zu schreiben, sondern sich das zumindest gelegentlich zu erlauben, um damit besonders fiese passiv-konstruktionen loszuwerden.

    Versuch mal das umzuschreiben: "Wir nehmen zunächst an, dass x gerade ist..." -> "Im folgenden wird zunächst angenommen, dass x gerade ist..."? Ich hab es jetzt nicht lange probiert (aber ich habe es zumindest ernsthaft probiert und nicht das absurdeste als Gegenbeispiel genommen), aber alles was ich da finde liest sich nicht so flüssig wie die "wir"-variante.



  • Jester schrieb:

    Versuch mal das umzuschreiben: "Wir nehmen zunächst an, dass x gerade ist..." -> "Im folgenden wird zunächst angenommen, dass x gerade ist..."? Ich hab es jetzt nicht lange probiert (aber ich habe es zumindest ernsthaft probiert und nicht das absurdeste als Gegenbeispiel genommen), aber alles was ich da finde liest sich nicht so flüssig wie die "wir"-variante.

    Dann nehmen wir mal einen bekannten Widerspruchsbeweis und gehen auf eine google-Reise…
    https://www.google.de/#q=beweis+wurzel+irrational
    1. Es wird also angenommen, dass die Quadratwurzel aus 2 rational ist und sich somit als Bruch p/q darstellen lässt.
    2. Angenommen also, √2 ist eine rationale Zahl. Dann läßt sie sich als Bruchzahl der Form √2=m/n schreiben, wobei m und n natürliche Zahlen sind.
    3. Wir nehmen das Gegenteil an.
    4. Man müßte also einen Bruch a/b finden, der mit sich selbst malgenommen gleich 2 ist.
    5. Als erstes gehen wir von dem Gegenteil dessen, was wir beweisen wollen, aus, nämlich dass rational ist, sich also als Quotient zweier ganzer Zahlen darstellen lässt.
    6. Annahme: Wurzel(7) ist rational
    7. Annahme: sqrt(11) = a/b wobei a und b teilerfremde natürliche Zahlen sind.

    Und auf Englisch werden wir auch mal schauen…
    https://www.google.de/#q=beweis+wurzel+irrational
    1. Assume that \sqrt{2} is a rational number.
    2. Let's suppose √2 were a rational number.
    3. Suppose: \sqrt N is a rational number \frac{B}{A} in lowest terms.
    4. let us assume that square root of three is rational so that we may write
    5. we will assume
    6. First we must assume that
    7. let us assume

    Wir erkennen, daß we/us im Englischen häufiger anzutreffen ist.


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