Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?



  • @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Abgesehen davon könnte Putin dann eher mit taktischen Atomwaffen argumentieren, wenn es um die Verteidigung des eigenen Landes geht, daher bin ich dagegen.

    Die Gefahr sehe ich schon bei den Gebieten Donbas und Luhansk. Putin hat die beiden Gebiete zu russischem Territorium erklärt und Versuche, sie zurückzuerobern, kann er als Angriff auf russisches Staatsgebiet auslegen. Ob er tatsächlich so weit geht, dabei (taktische) Nuklearwaffen einzusetzen, hoffe ich nicht, aber inzwischen traue ich ihm alles zu.



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Daher werden sie niemals irgendetwas akzeptieren können, was weniger als dies ist, außer sie werden militärisch gezwungen

    Und wie sieht das Zwingen aus? Nato rein? Ist vermutlich eh nur noch ein sehr kleiner Schritt. Die Leos kriegen die Ukrainer vielleicht noch gewartet, aber spätestens wenn die nächste Forderung nach F-35 oder U-Booten erfüllt wird, frage ich mich, ob man dann nicht auch Personal mitschicken muss.
    Und dass das kommt, ist hoffentlich klar. Panzer waren vor einem halben Jahr auch noch völlig undenkbar und werden auf gar keinen Fall geliefert.
    Also die Frage ist schon ernst gemeint: Nato rein, wenn zwingen anders nicht funktioniert?



  • @Quiche-Lorraine sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Fragender sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Na klar, und NS2 hat Russland auch gesprengt... Putin selber ist in ein U-Boot gestiegen und hat die Sprengsätze angebracht. Ich habe es selbst gesehen...

    Betrachte doch mal den Fall aus der Sichtweise eines Kriminalfalls. Wer hat Mittel, Möglichkeiten und ein Motiv eine solche Tat durchzuführen? Und welche Ziele verfolgt man damit?

    Ich sehe die Sache so: Der Westen hat mit dem Sanktionsregime gegen Russland sehr hoch gepokert und gerade Deutschland ist dabei von den negativen Folgen besonders stark betroffen. Im Gegensatz zu dem meisten anderen westlichen Staaten hat sich Deutschland bisher nämlich trotz seiner Rohstoffarmut eine besonders starke industrielle Basis erhalten können - "Exportweltmeister" (mittlerweile schon was her) sind wir nicht gerade mit Dienstleistungen geworden.

    Ein wichtiger Faktor für diesen wirtschaftlichen Erfolg war bisher der Zugang zu billiger Energie und Rostoffen, weshalb wir lange Zeit kooperative bis freundliche Beziehungen mit Russland gepflegt haben - die haben viel davon und eine für uns günstige geographische Lage. Dabei geht es nicht darum, überhaupt an diese Rohstoffe zu kommen - das tun wir ja jetzt mit den Sanktionen auch noch einigermassen - sondern dass wir diese so günstig kaufen können, dass unsere exportorientierte Wirtschaft international wettbewerbsfähig bleibt. Das war auch der Grund, weshalb die Nordstream-Infrastrukturprojekte auch unter der Merkel-Regierung trotz massiver Widerstände der USA nie zur Diskussion standen. So wie unsere Wirtschaft derzeit aufgestellt ist, waren die für unsere strategischen Interessen einfach zu wichtig.

    Nun muss man sich bewusst sein, dass die Sanktionen gegen Russland auf nicht so festen Füßen stehen, wie man uns das glauben machen will. Letztendlich wird Russland nur von den USA, Kanada, Großbritannien, der EU, Australien und Japan sanktioniert (wobei Japan auch noch Energierohstoffe ausgenommen hat). Der Rest der Welt - immerhin 80% der Länder - sanktioniert Russland nicht und unterhält vielfach sogar weiterhin gute Beziehungen. Deutschland ist aus Sicht der USA diesbezüglich allerdings ein Wackelkandidat Aufgrund der starken Abhängigkeit seiner Industrie von russischen Rohstoffen und den historisch guten Beziehungen zu Russland (nicht zuletzt auch durch die DDR-Geschichte).

    Mit Nordstream 2 hatte Deutschland einen "Plan B" in der Hinterhand, falls die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen zu extrem werden und man irgendwann anfängt, den Kosten-Nutzen-Faktor der Sanktionen zu hinterfragen. Das ist schliesslich nicht ganz von der Hand zu weisen: Zu Beginn des Krieges wurde noch vollmundig verlautbart, dass der Rubel ins Bodenlose stürzen (Biden "ruble to rubble") und die russische Wirtschaft zusammenbrechen würde. Bisher ist von diesen Effekten nicht viel zu erkennen. Der Rubel hat sich nach einem kurzen Einbruch sehr schnell erholt und wird gegen USD sogar höher gehandelt als vor dem Konflikt und die russische Wirtschaft ist 2022 nur minimal kontrahiert und der IWF sagt für 2023 sogar ein Wachstum voraus. Es kann durchaus sein, dass das "etwas länger dauert und wir nur durchhalten müssen" wie man uns erzählt, aber es ist nachvollziehbar, dass da Zweifel aufkommen - besonders wenn das von den selben Leuten kommt, die uns vorher noch prophezeit haben, dass es so schnell gehen würde.

    In diesem "Plan B" sehe ich ein sehr starkes Motiv für die USA eben diese Handlungsoption für Deutschland zu neutralisieren. Deutschland ist die stärkste europäische Volkswirtschaft und ein dominanter EU-Staat. Hätte Deutschland Kalte Füsse bekommen und Nordstream 2 aktiviert, wäre der Rest der EU sehr wahrscheinlich gefolgt und ein zentraler Pfeiler des Saktionsregimes gegen Russland zusammengebrochen. Moralische Einwände sind letztendlich nicht stark genug, wenn es um wirtschaftliche Interessen geht: Ich verweise da z.B. auf den Handel mit Saudi-Arabien, das seit 2015 einen rücksichtslosen Krieg im Jemen führt, oder gar mit den USA, deren mit fadenscheinigen Argumenten vom Zaun gebrochene Kriege auf keine Kuhhaut passen.

    Auch ist wichtig zu bedenken, dass es mittlerweile für die USA um viel mehr geht als nur den Krieg in der Ukraine: Die Beziehungen der USA zu Saudi-Arabien sind auf einem Tiefpunkt angelangt und man hat dort mittlerweile vor, Erdöl zukünftig auch in Yuan abzurechnen (ein unerhörter Vorgang, bei dem es ein offenes Geheimnis ist, dass so etwas bei Kriegen der USA in der Region mitunter ein nicht unerheblicher Faktor war - Irak z.B.). Der Petrodollar ist ein wichtiges Instrument der US-amerikanischen Vormachtstellung. Wenn dieser an Bedeutung verliert oder gar langfristig zu einem großen Teil durch die in Planung befindliche Gemeinschaftswährung der BRICS-Staaten abgelöst werden sollte, könnte es für die USA schwer werden, ihr Haushaltsdefizit und eben auch ihre weltweite militärische Präsenz zu finanzieren. Die Beschlagnahmung des Geldes der russichen Zentralbank war da sicher auch keine vertrauensstärkende Maßnahme um andere Länder davon zu Überzeugen bei Devisenreserven auf US-Dollar zu setzen. Hinzu kommen sehr selbstbewusste Töne aus Afrika und Südamerika, die mittlerweile US-Einmischung in diesen Regionen klar beim Namen nennen und deutlich machen, dass sie nicht mehr gewillt sind, diese zu tolerieren.

    Ich finde das in Seymour Hershs Artikel geschilderte Szenario daher ziemlich plausibel, da für die USA hier viel mehr auf dem Spiel steht, als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Ein Motiv ist meines erachtens definitiv vorhanden, ich denke Mittel und Möglichkeiten kann man als gegeben ansehen, es gibt wohl kaum einen Staat der über mehr verfügt.

    Bei den Russen hingegen fällt es mir sehr schwer ein Motiv zu konstruieren. Wenn sie uns das Gas vorenthalten wollten, hätten sie einfach nur keines mehr in die Pipelines einzuleiten brauchen. Auch hätten sie sich damit ein wichtiges Druckmittel gegen Europa genommen und hauptsächlich ihre eigenen Investitionen zerstört. Das würde nur dann halbwegs Sinn ergeben, wenn es Anlass zu der Annahme gibt, dass die Russen primär emotional reagieren und irgendwie "ein Zeichen setzen" wollten. Dafür sehe ich aber bisher keinerlei Hinweise. Eher im Gegenteil sehe ich bei denen vor allem knallharte Realpolitik am Werk. Ein Beispiel dafür ist m.E. der Abschuss des russischen Jets 2015 durch die türkische Luftwaffe an der türkisch-syrischen Grenze. Ein Vorfall, den man durchaus als Anlass für eine Eskalation hätte nehmen können - stattdessen wurde jedoch diplomatisch deeskaliert und in den Folgejahren die diplomatischen Beziehungen zur Türkei weiter ausgebaut und so weit verbessert, dass man sie mittlerweile als "freundschaftlich" bezeichnen kann. Und das, obwohl beide Länder gerade in Syrien auch gegensäzliche Ziele verfolgten. Ich denke, das hatte einen starken "realpolitisch-strategischen" Hintergrund - immerhin kontrolliert die Türkei u.a. mit den Dardanellen den Zugang zum Schwarzen Meer und ist ein NATO-Staat mit einem vergleichsweise sehr großen Militär.

    Ich denke nicht, dass man den Fehler begehen sollte, die Russen für "durchgeknallt und grössenwahnsinnig" zu halten, wie sie in unseren Medien immer wieder gerne dargestellt werden. "Rücksichtslos ihre eigenen Interessen durchsetzend", das trifft es m.E. eher und das ist auch der Grund, weshalb ich es eher für unwahrscheinlich halte, dass die zwischen den Angriffen auf die Nordsream-Pipelines stecken. Ich denke nicht, dass die sich zu etwas hinreissen lassen würden, das objektiv keinen Vorteil für sie hätte - und derzeit kann ich da keinen erkennen. Nicht, dass ich es ihnen nicht zutrauen würde, wenn ein solcher klarer strategischer Vorteil erkennbar wäre. Aber ich traue es ebenso den USA zu - die beiden Staaten spielen das selbe geopolitische Spiel, bei dem "Frieden, Demokratie und Menschenrechte" nur eine untergeordnete Rolle spielen (damit verkauft man hauptsächlich seine Politik der eigenen Bevölkerung) und es vornehmlich um strategische Interessen geht.



  • @Finnegan

    Bei der Sprengung von Nordstream 2 kann man aber auch nur spekulieren, weil es keine offiziellen Berichte gibt. Genau wie bei dem geplanten Militärputsch der Reichsbürger scheint irgendetwas furchtbares passiert zu sein, während die Sprengung wohl realistisch war.

    Aber nun sitzt man hier, hört und erfährt von offizieller Stelle nichts mehr und macht sich seine Gedanken. Es wäre schön, falls die offiziellen Stellen überhaupt ermitteln, das man darüber auch ein wenig aufgeklärt wird. Nur ein wenig, es müssen ja nicht unbedingt sensible Informationen geteilt werden.



  • @DocShoe sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Abgesehen davon könnte Putin dann eher mit taktischen Atomwaffen argumentieren, wenn es um die Verteidigung des eigenen Landes geht, daher bin ich dagegen.

    Die Gefahr sehe ich schon bei den Gebieten Donbas und Luhansk. Putin hat die beiden Gebiete zu russischem Territorium erklärt und Versuche, sie zurückzuerobern, kann er als Angriff auf russisches Staatsgebiet auslegen. Ob er tatsächlich so weit geht, dabei (taktische) Nuklearwaffen einzusetzen, hoffe ich nicht, aber inzwischen traue ich ihm alles zu.

    Die annektierten Gebiete hat aber niemand anerkannt, außer vielleicht Nordkorea und die sind irrelevant. D.h. Putin kann damit nicht argumentieren, weil es niemanden interessiert. Bei tatsächlich eigenem Territorium sieht die Sache anders aus.



  • @Finnegan sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Bei den Russen hingegen fällt es mir sehr schwer ein Motiv zu konstruieren

    Du glaubst also ernsthaft, das ein Land, welches an der Zerstörung ein großes Interesse hat und dessen Präsident die Tat vorher ankündigt, wahrscheinlicher die Pipelines zerstört hat, als ein Land, was den Gashahn ohnehin jeder Zeit abdrehen kann und sich nur eines eigenen Druckmittels beraubt!?
    Das ist aber sehr weit hergeholt und passt überhaupt nicht ins veröffentlichte Meinungsbild!
    Aber falls du Recht hast, bin ich mir sicher, dass dem angreifenden Land schwerste Sanktionen drohen - mindestens!



  • @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Die annektierten Gebiete hat aber niemand anerkannt, außer vielleicht Nordkorea und die sind irrelevant. D.h. Putin kann damit nicht argumentieren, weil es niemanden interessiert.

    Dann kann man ja also doch verhandeln. Eben hieß es noch von zumindest @SeppJ , dass das der Grund dafür ist, warum man nicht über Frieden sprechen kann.



  • @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Fragender sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Belli sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Wohin soll das denn führen, wenn man jeden, der meint, er könnte sich mit Waffengewalt des Territoriums seines Nachbarn bemächtigen, einfach gewähren lässt?
    Im deutschen Recht gibt es den Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung, den können wir dann als nächstes abschaffen ...
    Btw.: ob die Ukrainer kapitulieren sollten oder nicht, sollten die Ukrainer vielleicht selbst entscheiden dürfen.

    Zunächst einmal ist das kein benachbartes Territorium, sondern dort kämpft das selbe Volk gegeneinander.

    Souveräner Staat != Volk

    Ja in der Ukraine leben ethnische Russen, aber eben auch Ukrainer. Inwieweit die "genetisch" gesehen ein Volk sind, überlasse ich mal den Anthropologen.
    Aber zunächst einmal sind es zwei unterschiedliche souveräne Staaten, von denen der eine den anderen überfallen hat. Ich verstehe nicht, wie man das so einfach übersehen kann.

    Das ist auch vollkommen richtig. Und ich maße mir da auch keine Unterstellungen an, aber viele sprechen zumindest dieselbe Sprache und vielleicht fühlen sich auch einige mit Russland in i-einer Form "verbunden"...



  • @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Die annektierten Gebiete hat aber niemand anerkannt, außer vielleicht Nordkorea und die sind irrelevant. D.h. Putin kann damit nicht argumentieren, weil es niemanden interessiert. Bei tatsächlich eigenem Territorium sieht die Sache anders aus.

    Das hat er der eigenen Bevölkerung und dem Rest der Welt aber so verkauft. Zwei Referenden in den Gebieten haben angeblich ergeben, dass sich der Großteil der Bevölkerung Russland anschließen möchte und daraufhin wurden sie eingegliedert. Dass die Referenden gefälscht sind und die Eingliederung nicht anerkannt wird spielt für Putin doch keine Rolle, denn dann müsste er die Fälschung/Manipulation ja zugeben.



  • @Finnegan sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Nun muss man sich bewusst sein, dass die Sanktionen gegen Russland auf nicht so festen Füßen stehen, wie man uns das glauben machen will. Letztendlich wird Russland nur von den USA, Kanada, Großbritannien, der EU, Australien und Japan sanktioniert (wobei Japan auch noch Energierohstoffe ausgenommen hat). Der Rest der Welt - immerhin 80% der Länder - sanktioniert Russland nicht und unterhält vielfach sogar weiterhin gute Beziehungen. Deutschland ist aus Sicht der USA diesbezüglich allerdings ein Wackelkandidat Aufgrund der starken Abhängigkeit seiner Industrie von russischen Rohstoffen und den historisch guten Beziehungen zu Russland (nicht zuletzt auch durch die DDR-Geschichte).

    Die stehen auf sehr festen Füßen. Denn die einzigen die für Rohstoffe gutes(!) Geld bezahlt haben, sind die genannten Staaten. Der Rest der Welt hat kein Geld für teure Rohstoffe. Südamerika produziert Rohstoffe selbst, Afrika ebenfalls und der Großteil von Asien hat nicht so rohstoffhungrige Industrien, wie wir das haben. Japan trägt die Sanktionen mit und China nutzt die Verzweiflung der Russen aus und kauft nur zu günstigen Preisen.

    Russland verkauft sein Öl aktuell fast zum Selbstkostenpreis. Das allein zeigt die wirtschaftliche Macht des Westens. Ein wichtiger Teil ist auch, dass wir die Schiffsversicherungen in der Hand haben. Ohne dieses Druckmittel wäre die Ölpreisgrenze vermutlich nicht so erfolgreich. Es besteht sogar die Möglichkeit, die Preisgrenze für Öl noch weiter zu senken und meines Wissens ist das auch der Plan.



  • @DocShoe sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Die annektierten Gebiete hat aber niemand anerkannt, außer vielleicht Nordkorea und die sind irrelevant. D.h. Putin kann damit nicht argumentieren, weil es niemanden interessiert. Bei tatsächlich eigenem Territorium sieht die Sache anders aus.

    Das hat er der eigenen Bevölkerung und dem Rest der Welt aber so verkauft. Zwei Referenden in den Gebieten haben angeblich ergeben, dass sich der Großteil der Bevölkerung Russland anschließen möchte und daraufhin wurden sie eingegliedert. Dass die Referenden gefälscht sind und die Eingliederung nicht anerkannt wird spielt für Putin doch keine Rolle, denn dann müsste er die Fälschung/Manipulation ja zugeben.

    Ja. Zu Hause kann erzählen was er will, aber durch einen Kernwaffeneinsatz könnte er den großen Partner China verlieren, denn der Westen wäre gezwungen dann härtere Maßnahmen zu ergreifen, auch gegen vermeintliche Bündnispartner der Russen. Und die Chinesen sind derzeit auch nur theoretisch Partner der Russen. Getreu dem Motto : "Ja kumpels sind wir schon, aber dein Öl kauf ich auch nur zum Spottpreis". Beim Geld hört nämlich die Freundschaft auf, auch bei den Chinesen.



  • @Fragender sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Fragender sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Belli sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Wohin soll das denn führen, wenn man jeden, der meint, er könnte sich mit Waffengewalt des Territoriums seines Nachbarn bemächtigen, einfach gewähren lässt?

    Zunächst einmal ist das kein benachbartes Territorium, sondern dort kämpft das selbe Volk gegeneinander.

    Aber zunächst einmal sind es zwei unterschiedliche souveräne Staaten, von denen der eine den anderen überfallen hat. Ich verstehe nicht, wie man das so einfach übersehen kann.

    Das ist auch vollkommen richtig.

    Was denn nun?


  • Mod

    @Jockelx sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Daher werden sie niemals irgendetwas akzeptieren können, was weniger als dies ist, außer sie werden militärisch gezwungen

    Und wie sieht das Zwingen aus? Nato rein? Ist vermutlich eh nur noch ein sehr kleiner Schritt. Die Leos kriegen die Ukrainer vielleicht noch gewartet, aber spätestens wenn die nächste Forderung nach F-35 oder U-Booten erfüllt wird, frage ich mich, ob man dann nicht auch Personal mitschicken muss.
    Und dass das kommt, ist hoffentlich klar. Panzer waren vor einem halben Jahr auch noch völlig undenkbar und werden auf gar keinen Fall geliefert.
    Also die Frage ist schon ernst gemeint: Nato rein, wenn zwingen anders nicht funktioniert?

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort. Wird aber nicht passieren, wissen die Russen auch, weiß die Ukraine sicherlich auch. Daher machen auch beide weiter in der Situation, wie sie jetzt ist.

    Um den Konflikt zu beenden, bräuchte es also einen anderen Faktor, um das nahezu Gleichgewicht zu kippen. Der entscheidende Faktor ist da wohl die westliche Hilfe. Derzeit ist das ja so ein halbgarer Eiertanz, mit ungewisser Zukunft. Genug für die Ukraine, um sich ganz gut zu halten, aber zu wenig, um zu gewinnen. Auch das wissen beide Seiten, deswegen machen sie weiter. Dieser Faktor könnte aber mit politischem Willen geändert werden, sogar ohne all zu viele Schwierigkeiten. Macht nur irgendwie keiner, weil westliche Politiker nur noch Eiertänze können. Aber prinzipiell könnte das ja in zwei Richtungen gehen:

    1. Der Westen gibt Anzeichen, dass sie nicht willens sind, die Ukraine unendlich zu unterstützen. Dann würde die Ukraine sich früher oder später ergeben und mehr oder weniger alles akzeptieren. Würde aber sicherlich noch ziemlich lange Widerstand leisten können. Würde den Konflikt also nicht sehr schnell beenden, aber zumindest irgendwann.
    2. Der Westen fängt mal an zu Klotzen statt zu Kleckern und sagt, dass sie die Ukraine voll und ganz unterstützen. Blankocheck für alle Ausgaben, richtig viel Gerät statt nur symbolischer Kleinmengen, Waffen für Gegenoffensiven. Könnte man sich ganz locker leisten, wenn man endlich mal akzeptieren würde, dass man hier einen Stellvertreterkrieg führt und entsprechende Militärausgaben macht. Russland kann nicht auf dem wirtschaftlichen Niveau des Westens mitspielen (außer China/Indien hilft ihnen gleichermaßen, was nie passieren wird) und hätte nur noch die Wahl, sich sofort zurück zu ziehen, oder erst seine Armee zu verlieren, bevor sie gezwungen werden. Das heißt, es wäre für Russland günstiger, schnell einen Kompromiss zu suchen, anstatt so lange weiter zu machen, bis sie alles verloren haben. Machen sie dann wahrscheinlich auch, spätestens wenn klar wird, dass es sich nicht um leere Hilfsangebote handel. Wenn aus irgendwelchen irrationalen Gründen nicht, dann gewinnt die so unterstützte Ukraine in 1-2Jahren einfach.

    Interessanterweise würde das zweite Szenario Putin sogar Gesicht wahren lassen: Das Problem ist ja, dass er messbare Ziele in dem Konflikt ausgerufen hat, weswegen jeder Kompromiss nun eine unakzeptable Niederlage gegen den kleinen Nachbarn wäre, weswegen um jeden Preis weitergemacht werden muss. Aber wenn die volle westliche Wertegemeinschaft dahinter stünde, dann könnte das als ein akzeptabler Grund für einen Kompromiss oder gar kompletten Rückzug propagandiert werden: "Unsere Truppen haben tapfer gekämpft und hätten auch gewonnen, aber die ganze NATO war gegen uns, daher mussten wir uns dann doch mit weniger als dem Sieg abfinden!" Derzeit hat er diese Propagandaoption nicht wirklich, denn er kann nicht sagen, dass Russland verloren hätte, weil die Ukraine eine paar zehn Panzer bekommen hat.



  • @Jockelx sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Die annektierten Gebiete hat aber niemand anerkannt, außer vielleicht Nordkorea und die sind irrelevant. D.h. Putin kann damit nicht argumentieren, weil es niemanden interessiert.

    Dann kann man ja also doch verhandeln. Eben hieß es noch von zumindest @SeppJ , dass das der Grund dafür ist, warum man nicht über Frieden sprechen kann.

    Nein es gibt keine Verhandlungsbasis, weil alles außer einem vollständigen Rückzug der Russen indiskutabel ist. Die Ukraine als neutrale Zone zwischen Russland und der NATO wurde ja bereits in der Vergangenheit angeboten, das schien aber Putin zu wenig zu sein. Daher sehe ich aktuell keinen Spielraum für Verhandlungen.

    Darüber hinaus gilt für mich das was @SeppJ vor mir geschrieben hat. Es gibt eigentlich nur diese zwei Möglichkeiten.


  • Mod

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Jockelx sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Die annektierten Gebiete hat aber niemand anerkannt, außer vielleicht Nordkorea und die sind irrelevant. D.h. Putin kann damit nicht argumentieren, weil es niemanden interessiert.

    Dann kann man ja also doch verhandeln. Eben hieß es noch von zumindest @SeppJ , dass das der Grund dafür ist, warum man nicht über Frieden sprechen kann.

    Nein es gibt keine Verhandlungsbasis, weil alles außer einem vollständigen Rückzug der Russen indiskutabel ist. Die Ukraine als neutrale Zone zwischen Russland und der NATO wurde ja bereits in der Vergangenheit angeboten, das schien aber Putin zu wenig zu sein. Daher sehe ich aktuell keinen Spielraum für Verhandlungen.

    Genau. Ich hatte gehofft, das klar ist, dass für die Ukraine keine Option besteht, irgendetwas (außer vielleicht der Krim) abzugeben, solange noch irgendeine Hoffnung besteht. Diese Hoffnung besteht derzeit, selbst mit der halbgaren westlichen Unterstützung.

    Und was ich mit Russlands mangelndem Spielraum meinte, nochmal mit mehr Worten:

    Am Anfang war das (propagandistische) Kriegsziel ja so typisches vages Politikersprech: Ukraine entnazifizieren, Bevölkerung im Donbas beschützen. Da hätte man auch einen kompletten militärischen Rückzug Russlands noch irgendwie als Erfolg verkaufen können: In Kiew sind keine Nazis an der Regierung (vorher auch nicht, aber egal), also Erfolg. Bevölkerung im Donbas lebt in Frieden (vorher auch so halbwegs, aber auch egal), also Erfolg. Ein großer Erfolg für das Regime, alle bekommen Orden, schade um die Gefallenen, Macht gesichert.

    Aber dann wurde im Herbst dieses Kriegsziel in der Propaganda geändert, um die internen Maßnahmen zu rechtfertigen. Es ist keine Intervention in der Ukraine mehr, stattdessen wurden neue Grenzen Russlands definiert, die es nun zu verteidigen gilt. Das lässt keinen Spielraum mehr, irgendein Ergebnis, das weniger als diese Grenzen ist, zu verkaufen. Das läuft da jeden Tag im Fernsehen mit klaren Linien auf einer Karte, die jeder angucken kann, und wo man hinterher nachmessen könnte, ob das auch wirklich eingetreten ist. Wenn das nicht eintritt, ist das eine große Niederlage, die Nation blamiert, der Thron wackelt und fällt womöglich.

    Das ist irgendwie ein politischer Fehltritt Putins, den ich nicht ganz verstehe. Alles andere kann man ja noch auf schlechte interne Information und Fehleinschätzungen zurückführen, aber das mit den klaren, neuen Grenzen Russlands ist halt politikhandwerklich ein schlechter Zug gewesen. Ich habe oben zwar über den Eiertanz westlicher Politiker gelästert, aber es gibt ja einen Grund, warum Politiker so drauf sind: Man darf nie messbare Ziele festlegen, außer man ist sich absolut sicher, dass man sie erreichen wird (Ist Putin das hier? Vielleicht). Sonst bekommt man Fragen gestellt, warum man keinen Erfolg hatte und ob nicht jemand anderes ein besserer Anführer wäre. Man sagt nicht "Ich werde die Arbeitslosenquote in 4 Jahren auf unter 2% bringen, oder ich nehme meinen Hut". Man sagt vages Zeug wie "Ich werde mich während meiner Amtszeit bemühen, dass jeder in diesem Land arbeiten kann, der arbeiten will". Man kann ja vieles von Putin sagen, aber ich denke, kaum jemand würde sagen, dass er das Politikhandwerk nicht verstünde. Daher ein ziemlich verwunderlicher Zug, noch dazu bei so einem ernsten Thema.

    PS: Ich merke gerade, das originale Kriegsziel war nicht zum Beschützen der Bevölkerung im Donbas (das kam erst später dazu), sondern zum "Entnazifizieren und Entwaffnen der Ukraine". Ändert aber nix, dass das politischer Heißluftsprech ist, wo man auch einen kompletten Rückzug als Erfolg verkaufen kann, solange die ukrainischen Soldaten danach ihre Waffen in ihrer Kaserne abgeben und nach Hause gehen (weil der Krieg vorbei ist, aber egal) und sich somit "entwaffnet" haben.



  • @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Finnegan sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Nun muss man sich bewusst sein, dass die Sanktionen gegen Russland auf nicht so festen Füßen stehen, wie man uns das glauben machen will. Letztendlich wird Russland nur von den USA, Kanada, Großbritannien, der EU, Australien und Japan sanktioniert (wobei Japan auch noch Energierohstoffe ausgenommen hat). Der Rest der Welt - immerhin 80% der Länder - sanktioniert Russland nicht und unterhält vielfach sogar weiterhin gute Beziehungen. Deutschland ist aus Sicht der USA diesbezüglich allerdings ein Wackelkandidat Aufgrund der starken Abhängigkeit seiner Industrie von russischen Rohstoffen und den historisch guten Beziehungen zu Russland (nicht zuletzt auch durch die DDR-Geschichte).

    Die stehen auf sehr festen Füßen. Denn die einzigen die für Rohstoffe gutes(!) Geld bezahlt haben, sind die genannten Staaten. Der Rest der Welt hat kein Geld für teure Rohstoffe. Südamerika produziert Rohstoffe selbst, Afrika ebenfalls und der Großteil von Asien hat nicht so rohstoffhungrige Industrien, wie wir das haben. Japan trägt die Sanktionen mit und China nutzt die Verzweiflung der Russen aus und kauft nur zu günstigen Preisen.

    Russland verkauft sein Öl aktuell fast zum Selbstkostenpreis. Das allein zeigt die wirtschaftliche Macht des Westens. Ein wichtiger Teil ist auch, dass wir die Schiffsversicherungen in der Hand haben. Ohne dieses Druckmittel wäre die Ölpreisgrenze vermutlich nicht so erfolgreich. Es besteht sogar die Möglichkeit, die Preisgrenze für Öl noch weiter zu senken und meines Wissens ist das auch der Plan.

    Während da sicher etwas dran ist, bin ich nicht ganz überzeugt wie stark die Auswirklungen auf die russische Wirtschaft tatsächlichen sind. Besonders Ölpreise unterliegen sehr starken Schwankungen und es wäre mich nicht wundern, wenn das nicht ein für die russische Wirtschaft völlig erwartbare Entwicklung ist, die auch aus anderen Gründen hätte stattfinden können und entsprechend mit Anpassung von Produktionsmengen darauf reagiert wird. Deren Wirtschaft ist auch nicht kollabiert, als die Rohstoffpreise während COVID weit unter dem aktuellen Niveau lagen (beim URALS(Öl)-Spotpreis sogar zwischenzeitlich unter 20$ im Vergleich zu 54$ aktuell).

    Ich bin auch kein Wirtschaftswissenschaftler, der über alle relevanten Informationen verfügt, aber der bisher ausbleibende Kollaps und sogar vermehrte Meldungen in westlichen Medien, wie überraschend gut die den Sanktionen widerstehen, gibt mir schon zu denken. Ich würde mich auch nicht dazu hinreißen lassen, die als "verzweifelt" beim Rohstoffverkauf zu bezeichnen. Dazu liegen mir zu wenige handfeste Informationen vor, und ich halte das eher für Durchhalteparolen, wie sie unsere eigenen Medien kolpotiert werden. Du must bedenken, dass es hier bei uns auch ein großes Interesse daran gibt, die Sanktionen wie einen Erfolg aussehen zu lassen, da wir hier alles auf eine Karte gesetzt haben, weshalb man auch die Meldungen unserer Medien diesbezüglich (wie auch generell bei allen Themen) mit Vorsicht genießen sollte. Was letztendlich tatsächlich stimmt, werden wir aber wohl erst in den kommenden Jahren erfahren.

    Was die Schiffsversicherungen angeht, glaube ich auch, dass das ein Schuss ins eigene Knie gibt. Wir sollten nicht so überheblich sein zu glauben, dass nur Lloyds of London so etwas anbieten kann. Ich schätze den Effekt so ein, dass diese Maßnahme die Etablierung anderer Versicherer befördern und Europa als Standort für diesen Typ Versicherungen langfristig Schaden wird. Die russischen Banken von SWIFT abzuklemmen hat schliesslich auch letztendlich lediglich einen Effekt gehabt, die Bedeutung von SWIFT zu reduzieren und CIPS/SPFS zu stärken. Vielleicht nicht hier bei uns, aber durchaus im Rest der "Welt".



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Aber wenn die volle westliche Wertegemeinschaft dahinter stünde, dann könnte das als ein akzeptabler Grund für einen Kompromiss oder gar kompletten Rückzug propagandiert werden: "Unsere Truppen haben tapfer gekämpft und hätten auch gewonnen, aber die ganze NATO war gegen uns, daher mussten wir uns dann doch mit weniger als dem Sieg abfinden!" Derzeit hat er diese Propagandaoption nicht wirklich, denn er kann nicht sagen, dass Russland verloren hätte, weil die Ukraine eine paar zehn Panzer bekommen hat.

    Schau dir mal russische Propaganda an! Danach sind die schon längst mit der Nato im Krieg!



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Jockelx sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Daher werden sie niemals irgendetwas akzeptieren können, was weniger als dies ist, außer sie werden militärisch gezwungen

    Und wie sieht das Zwingen aus? Nato rein? Ist vermutlich eh nur noch ein sehr kleiner Schritt. Die Leos kriegen die Ukrainer vielleicht noch gewartet, aber spätestens wenn die nächste Forderung nach F-35 oder U-Booten erfüllt wird, frage ich mich, ob man dann nicht auch Personal mitschicken muss.
    Und dass das kommt, ist hoffentlich klar. Panzer waren vor einem halben Jahr auch noch völlig undenkbar und werden auf gar keinen Fall geliefert.
    Also die Frage ist schon ernst gemeint: Nato rein, wenn zwingen anders nicht funktioniert?

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort. Wird aber nicht passieren, wissen die Russen auch, weiß die Ukraine sicherlich auch. Daher machen auch beide weiter in der Situation, wie sie jetzt ist.

    Die Russen haben vor Beginn des Konflikts klar gemacht, dass sie den von ihnen als solchen wahrgenommenen Ausbau der Ukraine zu einem "NATO-Frontstaat" als existentielle Bedrohung auffassen. Bereits nach dem NATO-Gipfel in Bukarest 2008 haben sie die in der Abschlusserklärung aufgenommenen Plan zuf Aufnahme Georgiens und der Ukraine in bilateralen Gesprächen als Rote Linie bezeichnet. Man sollte vielleicht herausstellen, dass die Russen sehr geschichtsbewusst sind und vor allem deshalb so paranoid auf die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine reagieren, weil diese in der Vergangenheit wiederholt Aufmarschgebiet für Kriege gegen Russland war, die tatsächlich existenzbedrohend waren. Das nur als Kontext um zu verstehen, worauf die Russen jenseits aller Rhethorik und Propaganda möglicherweise wirklich hinauswollen.

    Falls es sich dabei nicht nur um einen vorgeschobenen Grund handelt - ich halte das allerdings für eine plausible Erklärung der russischen Motivation - würde ich mitnichten davon ausgehen, dass der Krieg bei einem offiziellen NATO-Einsatz "sofort zuende" wäre. Wenn sie das tatsächlich als existentielle Bedrohung auffassen, würde das definitiv in einen 3. Weltkrieg eskalieren. Wollten die nur "Kriegsbeute" machen, dann würde ich auch vermuten, dass sie sich zurückziehen, wenn der Druck zu gross wird - wenn es aber (ob nun berechtigt oder ein Hirngespinst) um das eigene Überleben geht, dann wird das bis zum bitteren Ende durchgezogen. Völlig ohne jede Grundlage sind solche russischen Befürchtungen nicht - in internationalen Beziehungen gibt es den Begriff des Sicherheitsdilemmas - es muss nicht einmal die Absicht bestehen, ein Land anzugreifen, es reicht mitunter nur die eigenen Sicherheitsstrukturen auszubauen um vom anderen Land als Bedrohung wahrgenommen zu werden. Und auch die teils recht freimütigen Papers, die immer wieder von diversen US-Thinktanks mit Einfluss auf die US-Politik veröffentlicht werden, sind sicher nicht immer geeignet, diese Ängste zu zerstreuen ("ballistic missile defense is not simply a shield but an enabler of U.S. action", RAND Corporation 2009, "Planning a Ballistic Missile Defense System of Systems").

    Die Sache mit dem "existenzbedrohend" scheint hier im Westen bei vielen Kommentatoren nicht angekommen zu sein oder bewusst ignoriert zu werden, was ich für sehr gefährlich halte, da es ein wichtiger Hinweis darauf ist, wie weit die Russen bereit sind zu eskalieren. Ich halte übbrigens schon die Tatsache, dass die Russen überhaupt in die Ukraine reingegangen sind, für ein Indiz dafür, wie ernst sie das meinen. Immerhin haben sie sich 8 Jahre lang an den Versuchen, den Krieg diplomatisch beizulegen, beteiligt.

    1. Der Westen fängt mal an zu Klotzen statt zu Kleckern und sagt, dass sie die Ukraine voll und ganz unterstützen. Blankocheck für alle Ausgaben, richtig viel Gerät statt nur symbolischer Kleinmengen, Waffen für Gegenoffensiven. Könnte man sich ganz locker leisten, wenn man endlich mal akzeptieren würde, dass man hier einen Stellvertreterkrieg führt und entsprechende Militärausgaben macht. Russland kann nicht auf dem wirtschaftlichen Niveau des Westens mitspielen (außer China/Indien hilft ihnen gleichermaßen, was nie passieren wird) und hätte nur noch die Wahl, sich sofort zurück zu ziehen, oder erst seine Armee zu verlieren, bevor sie gezwungen werden. Das heißt, es wäre für Russland günstiger, schnell einen Kompromiss zu suchen, anstatt so lange weiter zu machen, bis sie alles verloren haben. Machen sie dann wahrscheinlich auch, spätestens wenn klar wird, dass es sich nicht um leere Hilfsangebote handel. Wenn aus irgendwelchen irrationalen Gründen nicht, dann gewinnt die so unterstützte Ukraine in 1-2Jahren einfach.

    Ich bin nicht sicher ob das nur eine Frage der "Militärausgaben" ist, oder ob nicht mittlerweile militärisch-industrielle Produktionskapazitäten ausschlaggebend sind ("We’ve essentially used up 13 years’ worth of Stinger production and five years’ worth of Javelin production.", Raytheon CEO Greg Hayes im Dezember 2022, "Ukraine is burning through ammunition faster than the US and NATO can produce it"). Das ist ein massiv artillerielastiger Krieg, wie es ihn in der Form wahrscheinlich seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr gegeben hat und entgegen der seit April des letzten Jahres alle paar Monate hervorgekramten Meldungen, dass den Russen die Munition ausginge, scheinen die immer noch was zum schiessen zu haben.

    Es ist also durchaus fraglich, ob wir bei dieser Art der Kriegsführung überhaupt in der Lage wären, genügend Material zu produzieren. Zumal gerade einfache Artilleriegeschosse - wie ich in einer Diskussion zu dem Thema letzlich hörte - nicht gerade eine besonders hohe Gewinnspanne haben und sich unsere westliche Militärindustrie bevorzugt auf teure und gewinnbringende Hightech-Waffen konzentriert, anstatt in Friedenszeiten ungenutzte Produktionskapazitäten für diese "Massenware" vorzuhalten. Es ist also durchaus möglich, dass uns die Russen in dieser, in der Ukraine wichtigen Kategore voraus sind.

    Aber dann wurde im Herbst dieses Kriegsziel in der Propaganda geändert, um die internen Maßnahmen zu rechtfertigen. Es ist keine Intervention in der Ukraine mehr, stattdessen wurden neue Grenzen Russlands definiert, die es nun zu verteidigen gilt. Das lässt keinen Spielraum mehr, irgendein Ergebnis, das weniger als diese Grenzen ist, zu verkaufen. Das läuft da jeden Tag im Fernsehen mit klaren Linien auf einer Karte, die jeder angucken kann, und wo man hinterher nachmessen könnte, ob das auch wirklich eingetreten ist. Wenn das nicht eintritt, ist das eine große Niederlage, die Nation blamiert, der Thron wackelt und fällt womöglich.

    Das ist irgendwie ein politischer Fehltritt Putins, den ich nicht ganz verstehe. Alles andere kann man ja noch auf schlechte interne Information und Fehleinschätzungen zurückführen, aber das mit den klaren, neuen Grenzen Russlands ist halt politikhandwerklich ein schlechter Zug gewesen. Ich habe oben zwar über den Eiertanz westlicher Politiker gelästert, aber es gibt ja einen Grund, warum Politiker so drauf sind: Man darf nie messbare Ziele festlegen, außer man ist sich absolut sicher, dass man sie erreichen wird (Ist Putin das hier? Vielleicht). Sonst bekommt man Fragen gestellt, warum man keinen Erfolg hatte und ob nicht jemand anderes ein besserer Anführer wäre. Man sagt nicht "Ich werde die Arbeitslosenquote in 4 Jahren auf unter 2% bringen, oder ich nehme meinen Hut". Man sagt vages Zeug wie "Ich werde mich während meiner Amtszeit bemühen, dass jeder in diesem Land arbeiten kann, der arbeiten will". Man kann ja vieles von Putin sagen, aber ich denke, kaum jemand würde sagen, dass er das Politikhandwerk nicht verstünde. Daher ein ziemlich verwunderlicher Zug, noch dazu bei so einem ernsten Thema.

    Ich denke das ist durchaus konsistent mit der "existentiellen Bedrohung" die ich eingangs erwähnt habe zusammen mit deinem "Ja, auch in Russland gelten Gesetze" und "strategisch-realpolitische" Denkweise aus vorherigen Beiträgen. Mit der Aufnahme der Gebiete in die Russische Föderation hat man nicht nur militärisch den Fuß in der Tür, sondern auch rechtlich an der Heimatfront. Die Gebiete können nun nicht mehr so einfach aufgegeben werden, russiche Regierungen sind damit durch die Verfassung verpflichtet, diese zu verteidigen. Auch nach einem "Regierungswechsel" in Moskau ohne vorherige Verfassungsänderung. Gleichzeitig beinhalten diese Gebiete die industriellen Filetstücke der Ukraine, wodurch diese für die NATO uninteressant wird oder zumindest für sich genommen keine Bedrohung mehr darstellt - jedenfalls nicht mehr als es die NATO bereits vorher schon war.

    Nur zur Klarstellung, da mir Beiträge dieser Art in der aktuellen Hysterie anderswo schon Accountsperren eingebracht haben:

    Ich sehe diese Handlungen alle als Teil des großen geopolitischen Schachspiels und bemühe mich auch, auf dieser Ebene zu argumentieren und Äquidistanz zu den Konfliktparteien zu wahren. Die haben alle gewaltig Dreck am Stecken und wenn man sich hier kritiklos oder gar jubelnd auf die eine oder andere Seite schlägt, macht man sich nur manipulierbar - und dafür empfänglich zu sein hat noch nie zu etwas Gutem geführt. Ich hoffe inständig, dass es die Menschheit irgendwann mal schafft diesen ganzen Bullshit hinter sich zu lassen und sich sinnvolleren Sachen zu widmen. Bei den ganzen Ressourcen, die wir bisher in Kriege gesteckt haben hätten wir schon locker flocking unser gesamtes Sonnensystem besiedeln können 😞



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort. Wird aber nicht passieren, wissen die Russen auch, weiß die Ukraine sicherlich auch.

    Warum? Weil die NATO sofort gewinnt, oder weil es sofort zu einem Atomkrieg führen würde? Ich glaube eher nicht, dass Russland die Situation zu einem Atomkrieg eskallieren lassen würde. Kann man natürlich nie wissen, aber ich kann mir eher dein zweites Szenario vorstellen.



  • @Finnegan sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Falls es sich dabei nicht nur um einen vorgeschobenen Grund handelt - ich halte das allerdings für eine plausible Erklärung der russischen Motivation - würde ich mitnichten davon ausgehen, dass der Krieg bei einem offiziellen NATO-Einsatz "sofort zuende" wäre.

    Ich halte diesen "Grund" für völlig absurden Unsinn.
    Sollte die NATO tatsächlich Russland angreifen wollen (was an sich schon absurd wäre), spielt es technisch absolut keine Rolle, ob sie in der Ukraine drin wären oder nicht.


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