Konsequenzen von ClimateGate für die Physik
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http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/8388485.stm
Das sind die Forderungen an eine neue Wissenschaft:
BBC schrieb:
* To be warranted, knowledge must emerge from a respectful process in which science's own internal social norms and practices are adhered to
* To be validated, knowledge must also be subject to the scrutiny of an extended community of citizens who have legitimate stakes in the significance of what is being claimed
* And to be empowered for use in public deliberation and policy-making, knowledge must be fully exposed to the proliferating new communication media by which such extended peer scrutiny takes place.Was haltet ihr davon? Zum einen macht es Sinn, dass wissenschaftliche Erkenntnisse, die eine politische Reaktion unmittelbar zur Folge haben, auch von den betroffenen Interessensgruppen beobachtet werden können. Das werden sie ja zur Zeit auch. Aber wird eine solche Richtlinie den wissenschaftlichen Prozess fördern oder behindern? Wenn z.B. Interessenvertreter in den Peer-Review-Prozess einbezogen werden, können sie den Lauf der wissenschaftlichen Erkenntnis in eine favorisierte Richtung lenken, und müssen das sogar, weil ihre Gegenspieler das gleiche tun. Man stelle sich vor, die Öl-Lobby und Greenpeace reviewen Klima-Paper.
Der erste Punkt ist irgendwie sinnlos, das "sollte" zur Zeit auch geschehen. Natürlich kann man das ganze besser kontrollieren, z.B. indem alle berufliche Kommunikation von Wissenschaftlern offengelegt wird. Das würde aber, in Verbindung mit der vorgeschlagenen Politisierung der Wissenschaft wieder eine große Angreifbarkeit der Persönlichkeiten bieten.
Der letzte Punkt ist natürlich nur Web-2.0 Blabla, ein Überrest von aktuellem Bezug von vor 10 Jahren.
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Science is a deeply human activity, and we need to be more honest about what this entails. Rather than undermining science, it would actually allow the public to place their trust more appropriately in the various types of knowledge that scientists can offer.
Das ist natürlich der zentrale Punkt: Wird mehr Offenheit dazu führen, dass die Öffentlichkeit sieht, wie Wissenschaft wirklich ist, und ihr dadurch mehr vertraut? Oder wird es die Wissenschaftler dazu zwingen, sich anders, "präsentierbarer" zu verhalten? Es ist bekannt, dass Menschen sich unter Beobachtung anders verhalten. Die nächste Frage wäre: Wäre es gut oder schlecht wenn Wissenschaftler ihr Verhalten ändern würden?
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klimatron schrieb:
Wenn z.B. Interessenvertreter in den Peer-Review-Prozess einbezogen werden, können sie den Lauf der wissenschaftlichen Erkenntnis in eine favorisierte Richtung lenken, und müssen das sogar, weil ihre Gegenspieler das gleiche tun. Man stelle sich vor, die Öl-Lobby und Greenpeace reviewen Klima-Paper.
Das passiert doch in gewisser weise sowieso schon. Viele Profs arbeiten eng mit der Industrie, mit Verbänden und dergleichen zusammen. Wissenschaft wird in vielen Bereichen von der Industrie und Intressenverbänden gefördert und bezahlt. Glaubst du, da wird niemand (sei es bewusst oder unbewusst) beeinflusst?
Und nicht nur die Industrie oder Intressenverbände beinflussen Ergebnisse... jeder Mensch ist doch bemüht, seine eigenen Ergebnisse (oder die Ergebnisse von Leuten, mit denen ich gut stehe oder mich gut stellen möchte) möglichst gut darzustellen. Arbeiten, in denen Verfahren, Modelle, Methoden oder Experimente verglichen und reviewd werden, haben sehr oft ein Ergebnis, bevor die Untersuchung gemacht wird...
Bezogen auf die Klimaforschung: Zur Zeit ist es doch sehr oppurtun, den Klimawandel als vom Menschen gemacht anzuprangern. Ehrlich gesagt habe ich mich damit noch nicht im Detail beschäftigt, aber es leuchtet mir sofort ein, wenn vom Staat geförderte Projekte dem Staat zuträgliche Ergebnisse haben.
Andere Baustelle, ähnliches Problem: Forschungsprojekte in Deutschland werden oft vom BMBF gefördert. Im Abschlussbericht versucht die Gruppe natürlich gut darzustehen und schreibt von ihren super Ergebnissen. Das Problem: Die Ergebnisse sind in der Regel natürlich nicht so fein, es besteht noch viel Forschungsbedarf. Was schreibt man in den nächsten BMBF Antrag? Es ist ja schon alles gelöst...
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Das Topic frägt ja nach dem Einfluss auf die Physik. Pur auf die Physik, also Grundlagenforschung, bezogen, fallen mir auf Anhieb keine Nachteile ein, bei denen "korrupte" Interessenvertreter viel rumpfuschen könnten. Mal ganz im ernst: Was könnte in der Physik neues entdeckt werden, was irgendwelche korrupten Geldmacher korrumpieren könnten?
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TravisG schrieb:
Das Topic frägt ja nach dem Einfluss auf die Physik. Pur auf die Physik, also Grundlagenforschung, bezogen, fallen mir auf Anhieb keine Nachteile ein, bei denen "korrupte" Interessenvertreter viel rumpfuschen könnten. Mal ganz im ernst: Was könnte in der Physik neues entdeckt werden, was irgendwelche korrupten Geldmacher korrumpieren könnten?
Rasierklingen mit nie nachlassender Härte? :xmas2:
Was mir Rätsel aufgibt:
"subject to the scrutiny of an extended community of citizens"
Ein normaler Bürger versteht von einem Paper aus der Physik genau nichts. Wie soll das funktionieren?
Davon abgesehen finde ich, dass wissenschaftliche Resultate unabhängig von sämtlichen Interessengruppen sein sollten und auch dementsprechend veröffentlicht zu sein haben. Immerhin dient Wissenschaft irgendwo der Wahrheitsfindung.
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Mr.Fister schrieb:
TravisG schrieb:
Das Topic frägt ja nach dem Einfluss auf die Physik. Pur auf die Physik, also Grundlagenforschung, bezogen, fallen mir auf Anhieb keine Nachteile ein, bei denen "korrupte" Interessenvertreter viel rumpfuschen könnten. Mal ganz im ernst: Was könnte in der Physik neues entdeckt werden, was irgendwelche korrupten Geldmacher korrumpieren könnten?
Rasierklingen mit nie nachlassender Härte? :xmas2:
Was mir Rätsel aufgibt:
"subject to the scrutiny of an extended community of citizens"
Ein normaler Bürger versteht von einem Paper aus der Physik genau nichts. Wie soll das funktionieren?
Davon abgesehen finde ich, dass wissenschaftliche Resultate unabhängig von sämtlichen Interessengruppen sein sollten und auch dementsprechend veröffentlicht zu sein haben. Immerhin dient Wissenschaft irgendwo der Wahrheitsfindung.Das mit der "extended community" ist wohl so gemeint, dass auch "Freizeit-Physiker" oder zumindest Physiker aus mehreren Sparten der Wirtschaft und Forschung ein Wörtchen dazu sagen können und nicht nur die paar Professoren die das beim Peer Review zu Gesicht bekommen.
Ob das nun ein Vor- oder Nachteil ist, kann ich nicht sagen. Schließlich gibts zu jeder Theorie massig Gegenläufer, die Vorgänge evtl. abbremsen, jedoch könnte so etwas auch dazu verhelfen, dass neuartige unkonventionelle Theorien mehr Aufmerksamkeit und Annerkennung bekommen. Gerade letzteres kann für die Physik nur gut sein.
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TravisG schrieb:
Ob das nun ein Vor- oder Nachteil ist, kann ich nicht sagen. Schließlich gibts zu jeder Theorie massig Gegenläufer, die Vorgänge evtl. abbremsen, jedoch könnte so etwas auch dazu verhelfen, dass neuartige unkonventionelle Theorien mehr Aufmerksamkeit und Annerkennung bekommen. Gerade letzteres kann für die Physik nur gut sein.
Theorien wie Global Scaling?
Aber Du denkst dabei an Einstein und seine Ideen, oder? IMHO ist ein zweiter Einstein heutzutage nicht mehr möglich. Die Physik hat sich in den letzten 100 Jahren enorm weiterentwickelt.
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Gregor schrieb:
Aber Du denkst dabei an Einstein und seine Ideen, oder? IMHO ist ein zweiter Einstein heutzutage nicht mehr möglich. Die Physik hat sich in den letzten 100 Jahren enorm weiterentwickelt.
Genau das haben Physiker die letzten Jahrhunderte immer gesagt. Ich gebe dir recht, dass ein "zweiter Einstein" immer unwahrscheinlicher wird, aber keineswegs unmöglich.
Sag niemals nie.
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Gregor schrieb:
TravisG schrieb:
Ob das nun ein Vor- oder Nachteil ist, kann ich nicht sagen. Schließlich gibts zu jeder Theorie massig Gegenläufer, die Vorgänge evtl. abbremsen, jedoch könnte so etwas auch dazu verhelfen, dass neuartige unkonventionelle Theorien mehr Aufmerksamkeit und Annerkennung bekommen. Gerade letzteres kann für die Physik nur gut sein.
Theorien wie Global Scaling?
Aber Du denkst dabei an Einstein und seine Ideen, oder? IMHO ist ein zweiter Einstein heutzutage nicht mehr möglich. Die Physik hat sich in den letzten 100 Jahren enorm weiterentwickelt.
Nein, ganz und gar nicht. Das mit Einstein war doch eine solide Sache, weit weg von irgendnem Freizeittüftler, zumindest soweit ich weiss. Hatte er nicht zu der Zeit in irgendner Zeitschrift eine Art Kolumne die sich mit theoretischer Physik beschäftigte? Allerdings fallen mir jetzt auch nicht mehr die genauen Umstände ein, unter denen er seine Theorien entwickelte.
Mir fällt auch ehrlich gesagt kein Beispiel für so eine "Underground-Theorie" ein, die nicht sowieso schon große Aufmerksamkeit bekommen würde.
Jedoch sehe ich das nicht aus dem Aspekt, dass eventuell irgendwann mal Einstein 2 auftaucht und eine Bombe platzen lässt, sondern dass mehr Individuen und Teams dazu angeregt werden, an Sachen zu arbeiten, wenn sie wissen dass ihre Theorie nicht sofort irgendwo im Mülleimer landet. Auch wenn (wie jetzt) die allermeisten neuen Theorien Schrott sein werden, so finden sich vielleicht mit etwas Glück ein paar richtige Denkansätze in der falschen Theorie, und das Zeug entwickelt sich weiter. In etwa so wie unser Alltagsleben durchs Internet.
Wie gesagt, ich kann trotzdem nicht wirklich sagen ob sich das ganze definitiv positiv auswirken würde, aber schaden sollte es nicht. Denn dass sich irgendwelche falschen Theorien durch die Verizifierung durch dein größeres Publikum durchsetzen, kann man in der Physik denke ich völlig ausschließen.
P.S.: Irgendwoher sagt mir der Name Hartmut Müller was (außerhalb von Global Scaling meine ich). Weiss jedoch nicht woher.
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TravisG schrieb:
Das Topic frägt ja nach dem Einfluss auf die Physik. Pur auf die Physik, also Grundlagenforschung, bezogen, fallen mir auf Anhieb keine Nachteile ein, bei denen "korrupte" Interessenvertreter viel rumpfuschen könnten. Mal ganz im ernst: Was könnte in der Physik neues entdeckt werden, was irgendwelche korrupten Geldmacher korrumpieren könnten?
Ich meinte primär die Umweltphysik. Die Biologie ist natürlich sehr interessant.
Was haltet ihr denn nun davon, dass die Forscher ihre Kommunikation veröffentlichen? Würde es wirklich mehr Vertrauen in den Forschungsprozess bringen?
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klimatron schrieb:
Was haltet ihr davon?
Das ist Hauptsächlich ein Problem der Klimatologen und nicht der Physiker. Es fehlt ganz klar bei den Klimamodellen an reproduzierbaren Experimenten, und/oder ein zutreffende Vorhersagen. Bitte, bitte, das nicht mit richtiger Physik verwechseln.