Studium an Uni oder DHBW?
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tphilipp schrieb:
Aber das Hochloben von Praxisbezug kann ich nicht nachvollziehen.
Das hat nichts mit hochloben zu tun. Es gibt eben unterschiedliche Arten von Menschen... die einen begeistern sich eher für Theorie, die anderen für die Praxis, viele für beides bzw. eine Mischung daraus
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Hi
Ich studiere IT an der ehemaligen BA Ravensburg - Friedrichshafen, der heutigen DHBW Ravensburg - Friedrichshafen, angestellt bin ich am Standort eines sehr großen internationalen Unternehmens im süddeutschen Raum.
Hier mal meine Erfahrungen:
Ich hab mein Abi an einem beruflichen Gymnasium im IT-Zweig gemacht und wusste daher dass ich auf alle Fälle in den IT-Bereich gehen will. Hab mich dann ausschließlich bei großen Firmen beworben, was sich jetzt als gute Entscheidung herausgestellt hat: Wir haben in unserem Kurs zwei Studenten deren Firma grad pleite geht und die deswegen fast auf der Straße gestanden wären, denn ohne Firma kein Studium an der DHBW(!), außerdem siehts für die die dieses Jahr fertig werden bei kleineren Firmen mit der Übernahme mehr als mau aus, bei uns haben die meisten schon ne Zusage. In den letzten 15-16 Jahren in denen bei uns am Standort das BA/DHBW-Studium angeboten wird wurden eigentlich immer >90% übernommen.Der Zeitplan fürs Studium in Friedrichshafen sieht so aus:
3 Monate Firma
6 Monate DHBW (= 2 Semester = 2x Prüfungen)
3 Monate Firma
6 Monate DHBW (= 2 Semester = 2x Prüfungen)
6 Monate Firma (hier bin ich grad)
3 Monate DHBW (1x Prüfungen)
3 Monate Firma
3 Monate DHBW (1x Prüfungen)
3 Monate Firma
FertigHab also 2/3 der Theorie und 1/3 der Praxis hinter mir.
Zur Praxis:
Dadurch dass ich in nem großen Unternehmen an nem großen Standort mit vielen sehr verschiedenen Abteilungen bin hab ich auch schon einige Sachen gesehen.
In der ersten Praxisphase hab ich anfangs hauptsächlich Anwendungsentwicklung (C++, Qt) gemacht, durfte dann aber ein Tool zur 3D-Fluganimation (C++, OpenGL) schreiben.
In meiner zweiten Praxisphase hab ich ein System zur Generierung von Dokumenten (Java, SQL, XML, XSLT) entwickelt.
In der dritten Praxisphase, die vor zwei Wochen begonnen hat, durfte ich erst mal zu nem Partnerunternehmen nach Südafrika, wo ich im Moment bin und ein Tool für die Administration von Workstations(C++, C#, WinAPI, .NET) schreibe. Wir kriegen hier alles bezahlt und das ist jetzt schon ne Erfahrung fürs Leben. In 8 Wochen gehts heim, da werd ich dann wieder in der Abteilung aus der ersten Phase arbeiten, wahrscheinlich aber an nem anderen Thema.Du siehst also dass ich inzwischen einige Erfahrungen gesammelt hab. Das hab ich der Größe des Betriebs zu verdanken. Bei uns sind die meisten Abteilungen für sich so groß wie die komplette IT-Abteilung in Betrieben von Kommilitonen.
Über die Bezahlung kann man auch nicht klagen, was du natürlich nicht erwarten darfst ist viel Freizeit. Wir sind entweder an der DHBW, im Betrieb oder krank, was anderes gibts nicht. Wir haben 30 Tage Jahresurlaub den wir aber natürlich nur während den Betriebsphasen nehmen dürfen.
Wie du aus dem Text entnehmen kannst wird bei uns am Standort versucht die Studenten in so viele verschiedene Abteilungen wie möglich zu schicken, wir haben da einen sehr engagierten Betreuer der uns auch ein gewisses Mitspracherecht einräumt.Theorie:
Ein durchwachsenes Thema... :
1. Dadurch dass die EADS alle ihre IT-Studenten aus Süddeutschland nach Friedrichshafen schickt (50% im Kurs) und gefühlte 50% der Dozenten bei der EADS waren oder sind haben die da nen gewissen Hebel beim Lehrplan. Das hat zur Folge dass wir in den ersten beiden Semestern mehr Elektrotechnik als IT bezogene Fächer hatten. Das ändert sich aber ab dem vierten Semester, da hatten wir jetzt nur noch IT-Themen.
2. Dass der Stoff mit zum Teil brutalem Tempo durchgeprügelt wird sollte dir klar sein, schließlich muss man im Vergleich zur Uni/FH ungefähr das Selbe in der Hälfte der Zeit schaffen. 45 Zeitstuden pro Woche an der DHBW sind daher eher Regel als Ausnahme.
3. Dozenten
Wir haben einige Dozenten die wirklich sehr sehr qualifiziert sind, ABER Wir haben einen Dozenten der gleich mal drei Fächer, darunter ziemlich wichtige, unterrichtet der die totale Flachpfeife ist. Die Vorlesung besteht aus dem Vorlesen einer Powerpoint-Präsentation und Selbstbeweihräucherung. Diese Folien stellen dann das "Skript" dar. Darin kann man dann folgende lustige Sachen finden:- Aussagen die sich absolut widersprechen, auf ein und derselben Seite
- Pseudocode der nicht funktionieren kann
- Begriffe für die man bei Google 100-300 Ergebnisse findet, keines davon IT-Bezogen
- Aussagen die von anderen Professoren als definitiv falsch bestätigt wurden
Aber wie ich von vielen Freunden an Unis/FHs gehört hab hat man so ein faules Ei so ziemlich überall.
Ein paar andere Dozenten sind dafür wie gesagt ausgesprochen qualifiziert und halten wirklich tolle Vorlesungen.
4. Anwesenheitspflicht
Offiziell gibt es eine 100%ige Anwesenheitspflicht, ob die durchgesetzt wird hängt aber vom Dozenten ab. Ein paar ist es egal ob man da ist oder nicht, viele haben nix dagegen wenn man ab und zu fehlt, wieder andere würden am liebsten die Prügelstrafe für fehlende Studenten einführen. Ich sehe das als großen Nachteil weil ich in den meisten Fächern eh nur physisch anwesend bin. Diese Zeit könnte man wesentlich besser für Projekte/wichtige Fächer nutzen. Zum Glück haben die wenigsten Dozenten etwas dagegen wenn man seinen Laptop auf dem Tisch hat, so kann man die Zeit wenigstens halbwegs sinnvoll nutzen.
Was aber wie in dem Fall der Flachpfeife wirklich tragisch ist, ist dass man den doppelten Aufwand für wichtige Fächer hat. Erst mal muss man die Vorlesungszeit absitzen, dann muss man sich das ganze doch selbst beibringen.
5. Prüfungen
Prüfungen werden immer in den letzten 1 – 1,5 Wochen eines Semesters geschrieben, bisher wars so dass man eine Prüfung vorverschieben konnte, durch den Hochschulstatus sollte sich das jetzt eigentlich dahin ändern dass man Klausurtermine innerhalb des Semesters beliebig setzen kann, das hat der Obermufti von Friedrichshafen aber letztens verboten, mal schauen wies in Zukunft aussieht.
Im bisherigen Model sind die Prüfungswochen purer bleischwerer Stress. Bei der Erstellung des Stundenplans wird zwar versucht zum Schluss hin möglichst wenig Stunden drin zu haben, das funktioniert aber leider nicht immer und wenn dann mal ein Dozent nicht kann wird die Vorlesung halt nach hinten verschoben. Das hat zur Folge dass wir bis 1-2 Tage vor der ersten Prüfung noch Veranstaltungen mit prüfungsrelevantem Stoff haben, zum Teil auch wieder mit ziemlichem Stundenaufwand. Die ersten Semester hab ich eigentlich wie in der Schule auch immer kurz vor knapp angefangen zu lernen. Ging die ersten beiden auch gut, im dritten bin ich damit ziemlich auf die Nase gefallen. Im vierten hab ich von Anfang an gelernt, was sich sehr positiv auf die Noten ausgewirkt hat.
Auch hier höre ich von der Uni/FH nichts großartig anderes, sollte aber finde ich erwähnt sein.Overall
Ich war nie an einer Uni/FH aber wenn ich aber meinen Stoff und den Prüfungsstress mit dem von Uni/FH-Studenten vergleiche sehe ich keine riesen Unterschiede. Dass auf Grund von Zeitmangel an der DHBW nicht jedes Thema so ausführlich behandelt wird wie vielleicht an Uni/FH sollte dir aber bewusst sein.
Ich bin mit dem was ich gelernt hab in der Praxis bisher sehr gut weitergekommen, ich bin allerdings auch jemand der vorher schon vergleichsweise viel wusste und sich selbst in der Freizeit ständig weiterbildet.
Den einzigen wirklich gravierenden Unterschied sehe ich eigentlich im Zeitfaktor, meine Uni/FH-Freunde haben doch wesentlich weniger Stunden, müssen dafür aber eben jobben wenns vom Elternhaus her nicht reicht.Insgesamt kann ich das DHBW-Studium jedem unter den folgenden Voraussetzungen mit gutem Gewissen empfehlen:
1. Such dir ne große Firma, die Vielfalt die ich auf ein und demselben Werksgelände schon gesehen hab ist einfach der Hammer. Jeder der behauptet dass du mit dem DHBW-Studium auf eine bestimmte Stelle ausgebildet wirst war entweder in einer kleineren Firma, hat bei ner großen Firma nicht gewusst was ihn erwartet oder hat keine Ahnung.
So eine Erfahrung wie mir mit Südafrika kann dir ne kleine Firma auch nicht unbedingt bieten (wobei damit natürlich nicht gesagt ist dass das jede große Firma macht).
Außerdem ist es, zumindest bei uns so, dass jede Abteilung für sich ne Einheit darstellt und daher ein Klima ähnlich wie in ner kleinen Firma herrscht.
2. Wenn deine Eltern nicht genug verdienen oder du nicht die entsprechenden Ersparnisse hast und auch an der Uni/FH jobben müsstest bist du an der DHBW meistens besser dran. Klar gibt es die Glücklichen die mit nem Werkstudenten-Job für 5 Stunden die Woche 600€ im Monat bekommen, das ist aber die absolute Ausnahme.
Ich kann jedenfalls von mir sagen dass ich von meinen Eltern keine Unterstützung brauche und mir trotzdem mehr leisten kann als viele die unterstützt werden UND jobben.
Und zum Thema Einstiegsgehalt: In der IG-Metall-Zeitschrift wird jedes Jahr eine Statistik zu den Einstiegsgehältern von BA/FH/Uni veröffentlicht und da kommen die BAler nicht wesentlich schlechter weg.
Das entspricht auch dem was wir von den Jahrgängen über uns und Kollegen hören, als FHler steigt man 0-1 Lohnstufen und als Uni-Absolvent 1-2 Lohnstufen höher als ein BAler ein, nach 5-10 Jahren machen Abschlüsse, zumindest bei uns, jedenfalls keinen Unterschied mehr. Hab schon einige Doktoren, Uni- und FH-Absolventen gesehen die unter einem projektverantwortlichen BAler arbeiten und kenne auch einen Abteilungsleiter der an der BA war. Hab neulich auch ne interessante interne Präsentation gesehen nach der bei uns BAler in höheren Positionen sogar verhältnismäßig überrepräsentiert sind.So hab jetzt doch wesentlich mehr geschrieben als ich ursprünglich wollte, ich hoffe das erschlägt dich nicht