Mathematik oder Informatik?
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freizeit_programmierer schrieb:
Ja, oder ganz salopp IT-Ingenieur und der Informatiker kümmert sich nur um theoretische Modelle, also mehr Grundlagenforschung.
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Es gibt doch Wirtschaftsinformatik. Das ist im wesentlichen nichts anderes als Geschäftsprozesse verstehen, modellieren und in Software abzubilden. Damit kann man sich dann zu Kunden schicken lassen, die sich freuen, dass man alle Anforderungen perfekt versteht.
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Bashar schrieb:
Es gibt doch Wirtschaftsinformatik. Das ist im wesentlichen nichts anderes als Geschäftsprozesse verstehen, modellieren und in Software abzubilden. Damit kann man sich dann zu Kunden schicken lassen, die sich freuen, dass man alle Anforderungen perfekt versteht.
Was ist, wenn der Kunde z.B. Industrieanlagenbauer für Kraftwerke oder Chemieanlagen ist?
Die fachspezifischen Details muss der Informatiker nicht wissen. Aber er sollte in der Lage sein, die ihm vorgetragenen Anforderungen der Ingenieure in IT-Lösungen umzusetzen. Das Stichwort ist: 'Interdisziplinäre Arbeitsweise'. Die kann man lernen, auch wenn in vielen Studiengängen davon keine Rede ist.
Und damit sind wir wieder beim Thema Mathematik oder Informatik. Eine Disziplin alleine kommt in der Praxis nur selten vor. :p Der Fragestellter macht also nichts falsches, wenn er jetzt Mathematik studieren will.
Ihr Informatiker könnt doch etwas sehr nützliches. Versteht euch doch bitte auch als Vermittler und Hilfesteller für komplexe IT-Aufgaben. Sonst machen die anderen den Job, vielleicht holprig aber immerhin lauffähig.
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berniebutt schrieb:
Was ist, wenn der Kunde z.B. Industrieanlagenbauer für Kraftwerke oder Chemieanlagen ist?
Was soll dann sein? Die haben genauso Geschäftsprozesse.
Falls du auf technische Software anspielst, dafür gibt es spezialisierte Anbieter. Du kannst sicher nicht von einer allgemeinen Softwareklitsche erwarten, dass sie mal eben Planungssoftware für Chemieanlagen entwickelt.
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freizeit_programmierer schrieb:
Ja, oder ganz salopp IT-Ingenieur und der Informatiker kümmert sich nur um theoretische Modelle, also mehr Grundlagenforschung.
Der Hochschul-"IT-Ingenieur" ist oftmals der an der FH ausgebildete Informatiker - zumindest ist dort das Studium praxisnäher, als an der Universität.
Die Theoretiker, welche generell in der Lage sind, die Informatik als Wissenschaft voranzutreiben, müssen aber auch irgendwo herkommen. Und die Ausbildung, die einen dazu befähigt, findet nunmal an der Uni statt. Jetzt könnte man sagen, dass schlicht zu viele Informatikstudenten an die Universitäten statt an die FHs gehen, wenn man die Sache so schwarzweiß betrachtet, wie du es tust.
Ich bin aber der Meinung, dass man zwischen dem Theoretiker und dem Praktiker nicht so strikt trennen darf. Der Theoretiker lernt in besonderem Maße in Strukturen zu denken und zu abstrahieren. Er kann sich schnell in neue Situationen einfinden und sich neue Wissensbereiche aneignen. Dazu wurde er an der Uni getrimmt.
Das Denken in abstrakten Bezeichnern, Bedingungen, wiederholten Abläufen haben weder der Herr C++ noch Fräulein BASIC erfunden, auch wenn einige Programmierer meinen, das sei ihre besondere Gabe - Mathematiker machen das schon seit tausenden von Jahren. Mit der Ausbildung an der Uni fällt es nicht schwer, jede x-beliebige Programmiersprache schnell zu beherrschen.Was fehlt dem Uni-Absolventen jetzt noch? Achja, die hundert Hype-Frameworks, die im Jahresabstand die IT überfluten. Ich fürchte jedoch, dass auch der von dir vorgeschlagene IT-Ingenieur in seinem Studium keinen Kurs "Grundlagen des jQuery I/II" oder "Netzwerkonfigurationsdialog in Windows Vista, III" besuchen wird.
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Bashar schrieb:
... Du kannst sicher nicht von einer allgemeinen Softwareklitsche erwarten, dass sie mal eben Planungssoftware für Chemieanlagen entwickelt.
Ach so, dann ist das Ziel der Informatik-Ausbildung an Uni oder FH entweder IT-Grundlagenforschung oder in der Praxis die Softwareklitsche? Gerade bei technischer Software kann man Informatiker gut gebrauchen. Hier geht es oft um sehr komplexe Dinge und gute algorithmische Ansätze (Mathematik unerlässlich). Die Datenmengen und die Rechenzeiten für eine Lösung können sehr gross sein. Wollt ihr da euer Wissen und Können als Informatiker nicht auch einbringen?
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berniebutt schrieb:
Ach so, dann ist das Ziel der Informatik-Ausbildung an Uni oder FH entweder IT-Grundlagenforschung oder in der Praxis die Softwareklitsche?
War das nicht DEINE Dichotomie?
Gerade bei technischer Software kann man Informatiker gut gebrauchen. Hier geht es oft um sehr komplexe Dinge und gute algorithmische Ansätze (Mathematik unerlässlich).
Ja sicher, da braucht man Informatiker, und keine "IT-Ingenieure".
Die Datenmengen und die Rechenzeiten für eine Lösung können sehr gross sein. Wollt ihr da euer Wissen und Können als Informatiker nicht auch einbringen?
Nicht "ihr", ich bin kein Informatiker.
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Bashar schrieb:
... War das nicht DEINE Dichotomie? ...
Ich weiss nicht, was DICHOTOMIE ist. Können wir nicht verständlich miteinander reden? Gerade die Verständlichkeit über die Grenzen der eigenen Disziplin schien mir hier wichtig zu sein. Die Mathematik bietet dafür eine gute Grundlage.
Ich denke, wir können diesen Beitrag jetzt beenden!
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marco.b schrieb:
freizeit_programmierer schrieb:
Ja, oder ganz salopp IT-Ingenieur und der Informatiker kümmert sich nur um theoretische Modelle, also mehr Grundlagenforschung.
Der Hochschul-"IT-Ingenieur" ist oftmals der an der FH ausgebildete Informatiker - zumindest ist dort das Studium praxisnäher, als an der Universität.
Die Theoretiker, welche generell in der Lage sind, die Informatik als Wissenschaft voranzutreiben, müssen aber auch irgendwo herkommen. Und die Ausbildung, die einen dazu befähigt, findet nunmal an der Uni statt. Jetzt könnte man sagen, dass schlicht zu viele Informatikstudenten an die Universitäten statt an die FHs gehen, wenn man die Sache so schwarzweiß betrachtet, wie du es tust.
Ich bin aber der Meinung, dass man zwischen dem Theoretiker und dem Praktiker nicht so strikt trennen darf. Der Theoretiker lernt in besonderem Maße in Strukturen zu denken und zu abstrahieren. Er kann sich schnell in neue Situationen einfinden und sich neue Wissensbereiche aneignen. Dazu wurde er an der Uni getrimmt.
Das Denken in abstrakten Bezeichnern, Bedingungen, wiederholten Abläufen haben weder der Herr C++ noch Fräulein BASIC erfunden, auch wenn einige Programmierer meinen, das sei ihre besondere Gabe - Mathematiker machen das schon seit tausenden von Jahren. Mit der Ausbildung an der Uni fällt es nicht schwer, jede x-beliebige Programmiersprache schnell zu beherrschen.Was fehlt dem Uni-Absolventen jetzt noch? Achja, die hundert Hype-Frameworks, die im Jahresabstand die IT überfluten. Ich fürchte jedoch, dass auch der von dir vorgeschlagene IT-Ingenieur in seinem Studium keinen Kurs "Grundlagen des jQuery I/II" oder "Netzwerkonfigurationsdialog in Windows Vista, III" besuchen wird.
Zu abstrahieren und sich schnell in neue Themen einzuarbeiten muss jeder der in einem Hochtechnologiesegment wie die IT arbeiten muss. Ob man dies nun durch ein Studium, Ausbildung oder als Autodidakt lernen musste ist erstmal peng.
Ich habe nur wenig über Software-Architektur bis jetzt gelesen, aber dort gibt es sicherlich Stoff für mehrere Semester, bei den ganzen Modellen die es so gibt um Software mit hohem Qualitätsstandard zu entwickeln. Ich bin auch der Meinung dass das ein oder andere erfolgreiche Framework und die Entwicklung als solches sicher nicht verkehrt wäre zu lernen.
Einarbeitung in Neues ist immer gefordert, wird aber erleichtert wenn das Neue nicht total neu ist.
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marco.b schrieb:
Mit der Ausbildung an der Uni fällt es nicht schwer, jede x-beliebige Programmiersprache schnell zu beherrschen.
Halte ich immernoch für ein Märchen. Ordentlich Programmieren zu können braucht imho ein paar jahre praktische Erfahrung. Sich auf theoretischer Ebene mit Algorithmen zu beschäftigen ist einfach etwas völlig anderes als tatsächlich eine komplexe Software hochzuziehen. Da gehört einfach so viel Erfahrung und Kenntnis spezifischer Details der Werkzeuge - der Programmiersprachen und Tools - dazu, dass man das nicht mal eben aus dem Ärmel schüttelt.
Mir wurde neulich von einem Einstellungstest in einer Firma erzählt, bei dem Bewerber ein banales Programm in einer Programmiersprache ihrer Wahl schreiben müssen. 90% der Bewerber können so direkt rausgefiltert werden. Und die meissten scheitern schon an einer for-Schleife
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maximAL schrieb:
Da gehört einfach so viel Erfahrung und Kenntnis spezifischer Details der Werkzeuge - der Programmiersprachen und Tools - dazu, dass man das nicht mal eben aus dem Ärmel schüttelt.
Diese Erfahrung hätte der im Thread angedachte IT-Ingenieur aber auch nicht. Oder gäbe es dann Vorlesungen zu "Kniffe für aktuelle Java-Bytecode-Compiler"?
Mir wurde neulich von einem Einstellungstest in einer Firma erzählt, bei dem Bewerber ein banales Programm in einer Programmiersprache ihrer Wahl schreiben müssen. 90% der Bewerber können so direkt rausgefiltert werden.
90%! Von mindestens 10.000 Programmierern. for-Schleifen sind unheimlich komplex.
freizeit_programmierer schrieb:
Zu abstrahieren und sich schnell in neue Themen einzuarbeiten muss jeder der in einem Hochtechnologiesegment wie die IT arbeiten muss. Ob man dies nun durch ein Studium, Ausbildung oder als Autodidakt lernen musste ist erstmal peng.
Ja. Viele Programmierer meinen aber auch, dass das Erkennen von Gemeinsamkeiten zwischen einem Auto und einem Fahrrad schon die Haute Couture der Abstraktion ist. Das Vermögen schreibt sich jeder zu, der mal Hello World getippt hat. Wer die Uni-Info-Mathe-Vorlesungen in der Tasche hat, hat wenigstens einen gewisses Indiz erbracht, dass er das gut kann.
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marco.b schrieb:
Diese Erfahrung hätte der im Thread angedachte IT-Ingenieur aber auch nicht. Oder gäbe es dann Vorlesungen zu "Kniffe für aktuelle Java-Bytecode-Compiler"?
Bei einem praxisnahen Studium inkl. Praktikum wird man typischerweise so viel Programmieren müssen, dass man sich automatisch mit vielen Detailproblemen auskennt. "Kniffe für aktuelle Java-Bytecode-Compiler" zeigt mir, dass du da vielleicht immernoch die Dimensionen verkennst. Es gibt genug Leute, die es kaum gebacken bekommen den Compiler mit den richtigen Parametern aufzurufen.
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Irrtum! Nur weil ich irgendwas zusammen hacke, ist es noch lange nicht gut. Eigeninitiative ist immer gefragt. Niemand wird dich im Studium (FH oder Uni) zwingen, Effective Java zu lesen. Auch ist die Praxisnaehe nicht immer wuenschenswert. Ich erlebe es taeglich, wie versucht wird, der Komplexitaet von Software durch Modellierung und UML Herr zu werden. Alles grauenhaft. Ich mache aehnliches und nutze Funktionale Sprachen und alles zerfaellt in eine schoene Ordnung. Parallelitaet oder beweisbare Korrektheit fallen manchmal automatisch mit ab. Sicher wird man aber erst durch die Praxis.
Wo lernt man das? Wo darf man solch abenteuerliche Wege einschlagen? Wohl nicht im Firmenpraktikum oder in einer paraxisnahen Ausbildung. Vielleicht nutzt man das alles spaeter nicht direkt, aber es macht aus einem einen besseren Programmierer. Gibt genug Essays namenhafter Persoenlichkeiten darueber, z.B. Paul Graham, Eric Steven Raymond, ...
Und jetzt die Frage: Ist die das Mathematikstudium oder das Informatikstudium besser geeignet, diese Dinge zu vermitteln?
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freizeit_programmierer schrieb:
Sollten Ärzte schon vor dem Studium Diagnosen gestellt haben und Medikationen ausprobiert haben und mal die eine oder andere atHomeNotOP ausprobiert haben ?
Ne. Aber die sollten vielleicht auch vor dem Studium etwas programmieren können. Naja, Mediziner vielleicht nicht, aber auf jeden Fall ist "programmieren können" für jeden Studenten eines MINT-Fachs (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) eine sehr nützliche Fähigkeit. Irgendeine Programmiersprache beherrschen, so dass man zumindest kleinere Programme gezielt und eigenständig schreiben kann, ist etwas, was ich jedem zukünftigen Studenten eines MINT-Fachs bedenkenlos empfehlen kann.
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knivil schrieb:
Irrtum! Nur weil ich irgendwas zusammen hacke, ist es noch lange nicht gut.
Erstmal etwas "hacken" können...
knivil schrieb:
Niemand wird dich im Studium (FH oder Uni) zwingen, Effective Java zu lesen.
Siehe mein vorletzter Post.
knivil schrieb:
Auch ist die Praxisnaehe nicht immer wuenschenswert. Ich erlebe es taeglich, wie versucht wird, der Komplexitaet von Software durch Modellierung und UML Herr zu werden.
Was hat UML mit Praxisnähe zu tun? Das ist doch gerade ein Spielzeug von Leuten, die eine Software Engineering Vorlesung besucht haben aber nicht programmieren können.
knivil schrieb:
Ich mache aehnliches und nutze Funktionale Sprachen und alles zerfaellt in eine schoene Ordnung. Parallelitaet oder beweisbare Korrektheit fallen manchmal automatisch mit ab. Sicher wird man aber erst durch die Praxis.
Wo lernt man das? Wo darf man solch abenteuerliche Wege einschlagen? Wohl nicht im Firmenpraktikum oder in einer paraxisnahen Ausbildung.
Mit "praxisnah" meinte ich keineswegs, dass nur Mainstream-Sprachen benutzt werden, sondern überhaupt irgendwelche. Nur weil man das Lambda Kalkül kennt, kann man nicht automatisch tolle funktionale Programme schreiben.
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maximAL schrieb:
Was hat UML mit Praxisnähe zu tun? Das ist doch gerade ein Spielzeug von Leuten, die eine Software Engineering Vorlesung besucht haben aber nicht programmieren können.
So ein Unsinn.
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Mit "praxisnah" meinte ich keineswegs, dass nur Mainstream-Sprachen benutzt werden
Doch, genau das bedeutet praxisnah. Damit sind auch Begriffe wie Industriestandard, Java und UML verbunden.
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marco.b schrieb:
maximAL schrieb:
Was hat UML mit Praxisnähe zu tun? Das ist doch gerade ein Spielzeug von Leuten, die eine Software Engineering Vorlesung besucht haben aber nicht programmieren können.
So ein Unsinn.
*seufz*
Ja, natürlich wird UML auch in der Praxis eingesetzt. Trotzdem wird es im SE gern genommen um Programme theoretisch zu planen, ähnlich wie Programmablaufpläne für Algorithmen. Und das im Zweifelsfall ohne irgendetwas praktisch umzusetzen, am besten noch mit der Vision garniert, dass man nur noch UML aufs Flipchart zaubert und das dann vom FIAE-Äffchen eingehackt wird.
marco.b schrieb:
Doch, genau das bedeutet praxisnah.
Ja, da können wirs und jetzt streiten. Ich rede davon Dinge auch tatsächlich praktisch umzusetzen, nicht mehr.
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Falsch zitiert.
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maximAL schrieb:
...am besten noch mit der Vision garniert, dass man nur noch UML aufs Flipchart zaubert und das dann vom FIAE-Äffchen eingehackt wird.
ähm. hältst du dich für was besseres oder wieso "beschimpfst" du FIAE als codemonkeys
von mir aus kannst du mit deinen 50 kollegen in deinem besprechungs kammerl 1000 flipcharts mit uml diagrammen bemalen. ist mir völlig latte aber vergiss nicht wer am ende das programm auf die beine stellt...