Die Durchsetzung des Neo-Liberalismus führt weltweit zu immer mehr Armut, Elend und Perspektivlosigkeit
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Minimee schrieb:
Spätestens seit der Explosion der Nahrungsmittelpreise 2007/2008 ist klar,
Die Explosion der Lebensmittelpreise durch Spekulanten ist etwas wovon in den letzten Jahren jeder schonmal gehört haben sollte, der Zeitung liest und Nachrichten guckt. Das ist Realität, keine Spekulation.
Die Denkweise "Man hat von A gehört und man hat B beobachtet, also muss A B bewirkt haben" sollte man hinterfragen. Meistens sind die Zusammenhänge nicht so einfach. Vielleicht hat ja auch C B bewirkt und man hat von C zufällig nichts mitgekriegt.
Wenn ich mal den Wikipedia-Artikel zu dieser Nahrundmittelkrise überfliege, dann gehen die Leute davon aus, dass es eine Vielzahl von ungünstigen Entwicklungen und Ereignissen gegeben hat, die dazu geführt haben. Als aller erstes ist in dem Artikel von Dürren die Rede, die diese Krise eingeleitet haben.
Bei einem ersten Überfliegen des Artikels ist mir nicht aufgefallen, dass Nahrunsmittelspekulationen als relevanter Auslöser dieser Krise angesehen werden. Allerdings wird natürlich darauf hingewiesen, dass die Entwicklungen an diversen Märkten indirekt auch die Nahrungsmittelpreise negativ beeinflusst haben. Zum Beispiel hat die Verteuerung von Öl zu einer Verteuerung von Dünger geführt und somit zu höheren Herstellungskosten von Nahrungsmitteln.
Edit: Der Teil aus dem Artikel ist auch interessant:
From the beginning of 2007 to early 2008, the prices of some of the most basic international food commodities increased dramatically on international markets [90]. The international market price of wheat doubled from February 2007 to February 2008 hitting a record high of over US$10 a bushel.[91] Rice prices also reached ten year highs. In some nations, milk and meat prices more than doubled, while soy (which hit a 34 year high price in December 2007[92]) and maize prices have increased dramatically.
[..]
To ensure that food remains available for their domestic populations and to combat dramatic price inflation, major rice exporters, such as China, Brazil, India, Indonesia, Vietnam, Cambodia and Egypt, imposed strict export bans on rice.[94] Conversely, several other nations, including Argentina, Ukraine, Russia, and Serbia either imposed high tariffs or blocked the export of wheat and other foodstuffs altogether, driving up prices still further for net food importing nations while trying to isolate their internal markets.
Hier wird also gesagt, dass es eine Abkapselung einiger Teilmärkte in diesem Zusammenhang gibt, die weiter steigende Preise zur Folge hat. Hier geht es also gerade darum, dass man sich von einem freien Markt entfernt.
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Gregor schrieb:
Hier wird also gesagt, dass es eine Abkapselung einiger Teilmärkte in diesem Zusammenhang gibt, die weiter steigende Preise zur Folge hat. Hier geht es also gerade darum, dass man sich von einem freien Markt entfernt.
Das muss man aber vor dem Hintergrund sehen, dass in diesen Ländern dieser hohe Exportpreis verheerend für die heimischen ärmeren Bevölkerungsschichten ist. Die machen das ja nicht aus Jux und Dollerei sondern aus "sonst hungern wir selbst".
Ich würde auch nicht glauben, dass die Finanzmärkte ursächlich für die ursprüngliche Preiserhöhung sind, aber natürlich haben die steigenden Preis das Interesse daran geweckt, dort zu spekulieren. Das treibt die Nachfrage nach dem Spekulationsgut und damit die Preise.
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Minimee schrieb:
Die Explosion der Lebensmittelpreise durch Spekulanten ist etwas wovon in den letzten Jahren jeder schonmal gehört haben sollte, der Zeitung liest und Nachrichten guckt. Das ist Realität, keine Spekulation.
Das die Preise von Spekulanten verteuert werden, bezweifle ich deutlich. Das wird auch nur von Deppen behauptet, die nicht wissen, was ein Preis ist.
Preis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Und die weltweite Nachfrage ist tatsächlich gestiegen. Was Spekulaten tun, ist Waren zu kaufen, wenn sie keiner haben will, und später zu verkaufen, wenn sie knapp sind. Damit dämpfen sie die Preisschwankungen. Sie machen zwar in Zeiten des Überflusses die Ware teurer, in Zeiten der Knappheit machen sie aber die Ware billiger.
Und dass dadurch die Preise oben bleiben, ist eine absurde Behauptung. Wenn der Preis für Getreide steigt, wird der Getreideanbau für die Bauern attraktiver, und dann produzieren sie mehr davon. Dadurch wird langfristig das Angebot größer und die Preise fallen wieder, bis sie sich wieder in einem normalen Kostendeckenden Niveau einpendeln. So funktioniert Marktwirtschaft. Das ist der Grund, warum im Westen alles in ausreichenden Maße vorhanden war, während man im Ostblock in Schlangen stehen durfte.
Die Preissteigerung ist übrigens im Gegenteil kein Indikator für Armut, sondern ist ein Effekt des sozialen Aufstiegs großer Teile der Weltbevölkerung, zur Zeit vor allem in China. Die geben sich halt nicht mehr mit Reis allein zufrieden und konsumieren mehr veredelte Produkte und Fleisch. Der Preis ist das Signal, das die wachsende Konsumentenseite an die Produzentenseite weiter gibt.
Übrigens: Was wirklich einen negativen Einfluss auf die Preise hat, ist die weltweit verbreitete staatliche Förderung von Biokraftstoffen. Die würden sich eigentlich am Markt vor Lebensmittelproduktion durchsetzen können, weil die Leute für Lebensmittel mehr bezahlen als für ihren Brennstoff im Auto. Erst durch die staatlichen Subventionen wird hier der Markt verzerrt, dass es auf einmal profitabler ist, Getreide als Sprit zu vermarkten staat als Nahrung.
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earli schrieb:
Die Preissteigerung ist übrigens im Gegenteil kein Indikator für Armut, sondern ist ein Effekt des sozialen Aufstiegs großer Teile der Weltbevölkerung
Könnte auch einfach nur ein Indikator für die in den letzten Jahren immer häufiger werdenden dürren und das Gesamtwachstum der Weltbvölkerung sein. Der Pris wird nicht nur von der Nachfrage, sondern auch vom ANgebot bestimmt. Und das schwächelt eben die letzten Jahre.
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otze schrieb:
earli schrieb:
Die Preissteigerung ist übrigens im Gegenteil kein Indikator für Armut, sondern ist ein Effekt des sozialen Aufstiegs großer Teile der Weltbevölkerung
Könnte auch einfach nur ein Indikator für die in den letzten Jahren immer häufiger werdenden dürren und das Gesamtwachstum der Weltbvölkerung sein. Der Pris wird nicht nur von der Nachfrage, sondern auch vom ANgebot bestimmt. Und das schwächelt eben die letzten Jahre.
Klar. Im Preis ist eine Unzahl von Informationen enthalten, auf Seiten des Angebots und der Nachfrage. Ich wollte nur Beispiele geben.
Es ist praktisch unmöglich, alle Einflüsse auf den Preis zu kennen. Wenn man es wirklich schaffen könnte, alle relevanten Informationen über Konsumenten und Produzenten zu erlangen, dann hätte die Planwirtschaft der Sowjetunion funktionieren können. Aber genau daran scheiterte sie. Wenn der Staat die Preise für eine Ware festlegt, fehlen sowohl Produzenten als auch Konsumenten die wichtigen Information zu der Ware: Soll ich davon mehr produzieren oder ist sie schon im Überfluss vorhanden, und ich produziere lieber etwas anderes, was knapp ist? Soll ich mit dieser Ware sparsam und effizient umgehen, oder kann ich davon Unmengen konsumieren?
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earli schrieb:
Das die Preise von Spekulanten verteuert werden, bezweifle ich deutlich.
Hätte ich früher auch gesagt, aber ich bin inzwischen eher vom Gegenteil überzeugt.
Der Grund darin liegt meines Erachtens in der Hebelung, die Spekulanten spekulieren zwar nach wie vor auf die Preisentwicklung des Basisprodukts, aber die Masse der Futures ist nicht mehr physisch unterlegt.
Wohin das führt, sieht man doch aktuell sehr gut am Goldpreis, wo man zwei Entwicklungen hat, die im Widerspruch zueinander stehen:
Beim Goldhändler (z.B. Läden wie proaurum) hast Du teilweise Wartezeiten für Goldprodukte, die Leute drängen bei den fallenden Goldpreisen richtig an zu Schalteröffnungszeiten.
Das sollte eigentlich zu steigenden Preisen führen, wenn reales Gold stärker nachgefragt wird muss der Preis steigen.
Aber man sieht einen rapiden Verfall des Kurses.
Das lässt sich nur mit dem Verhältnis von Kontrakten zu phyischem Produkt erklären, bei Gold lag das zeitwillig in den letzten Jahren irgendwo bei 1 zu 100 oder sowas... kein Wunder, weil die Banken mit physischem Besitz das mehrfach ausleihen, und viele Kontrakte sind gar nicht mehr unterlegt.
Die Spekulanten sehen jetzt fallende Kurse, verkaufen Kontrakte. Dadurch fallen die Preise. Da die physische Unterlegung so schwach ist, wirkt der Kontraktkurs stärker als der physische Kurs.
Ich weiß nicht, wie das Verhältnis bei Lebensmitteln ist, durch die vielen Milliarden an "freiem" Geld im Umlauf dürfte das aber ähnlich sein - wenn die Anzahl der Kontrakte Überhand nimmt, wird der Kurs durch das "virtuelle Schweinefleisch" bestimmt, und der Händler in der Markthalle schreibt hinter den Preis für das Schweinefleisch den Kurs für das virtuelle Schwein. Leider wird aber nicht bemerkt, daß es sich hier gar nicht mehr um das gleiche Produkt handelt.
Daher würde ich davon ausgehen, daß beim heutigen Verhältnis realer Produkte zu Kontrakten der Kontraktpreis bestimmend ist, nicht der Handelspreis, so daß also abstrakte Erwartungen auf Kontraktebene viel preisbestimmender sind als die tatsächliche Anzahl an Schweinen oder Körnern auf dem Marktplatz.
Das Thema mit dem steigenden Preis führt zu steigendem Angebot ist übrigens auch so ein Thema, das gilt nur für den Preis des realen Produkts. Diese Produkte haben aber Zeitkonstanten von >= 1 Jahr. In 1 Jahr können die Kontrakte aber einige Bären- und Bullenzyklen durchgemacht haben, da das alles im Sekundentakt gehandelt wird. Physische Produkte haben aber keine solchen Taktzeiten, was auch zeigt, daß die Preise hier entkoppelt sind, das gesamte Preisrauschen ist virtuell und findet oberhalb des phyischen Produkts statt. Ein Anbieter kann da gar nicht mehr darauf reagieren, weil der virtuelle Kurs auf Sicht eines Jahres viel zu oft wechselt.
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@Markus: Ich bezog mich ja auch Spekulation an sich. Spekulation gab es immer, schon Aristoteles beschrieb die Oliven-Spekulation von Thales von Milet.
Das heißt nicht, dass unser Finanzsystem funktioniert. Im Gegenteil, unser Finanzsystem ist ein Haufen Müll. Das liegt aber daran, dass Geld aus der Druckerpresse kommt, und dass an der Geldmenge willkürlich herumgeschraubt wird, um irgendwelche Effekte in der Wirtschaft zu erhaschen. Die Finanzwirtschaft kriegt Geld hinterher geschmissen, mit der sie dann Waren aufkaufen kann, die woanders dann fehlen. Das ist der ganze Fehler dieser keynesianischen Geldpolitik, mit der sie auch versuchen, Pleitestaaten zu retten usw. Die Ressourcen werden einfach verschleudert, um durch angebliche Konjunkturpakete Arbeitsplätze auf dem Papier zu schaffen, die in der Realwirtschaft nichts produzieren, was gebraucht wird. In der Realwirtschaft hingegen fehlen dann diese Ressourcen, das gilt nicht nur für Nahrung. Und sobald die Konjunkturpakete ausgeschöpft sind, sterben diese Arbeitsplätze sowieso wieder ab, weil sie wie gesagt nichts produzieren, was irgend jemand braucht (sonst hätte es diese Arbeitsplätze schon ohne Förderung gegeben).
Dieses System ist aber weder neo- noch alt-liberal. Im Gegenteil, für einen liberal denkenden Menschen ist es absurd, dass der Staat ein Monopol auf das Gelddrucken hat und nach ideologischen Kriterien die Zinsen festlegt. Der (staatlich genehmigte) Bankensektor profitiert davon enorm, während in der produktiven Wirtschaft kaum was davon ankommt. Hier entsteht die Umverteilung von unten nach oben. Mit irgendwelchen marxistischen Kapitalismusmärchen hat die Schere zwischen arm und reich nichts zu tun.
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earli: Das was Markus beeschreibt kommt auch ganz ohne physisches Geld aus. Immerhin bietet man auf virtuelle Waren in der Zukunft. Also kann man darauf auch mit Geld bieten, das man glaubt ind er Zukunft zu haben. Und man braucht überhaupt keein physisches Geld, wenn man diesen Schein eines Zukunftshandels vor eintreten der Zeit weiter gibt.
Der Verkäufer hingegen kann seine Waren 100x verkaufen, einfach weil er davon ausgeht, das die Meisten die Ware niemals physisch haben wollen und an dem bedruckten Papier interessiert sind.
Ich sehe da nicht den Zusammnhang zum Drucken von Geld oder wie das ohne Gelddrucken anders wäre. Ich sehe auch nicht das Problem im Geld drucken, sondern im "Das gedruckte Geld den Finanzmärkten schenken".
Und zu den Konjunkturpaketen: gilt das auch, wenn sie in Krisenzeiten eingesetzt werden, also wenn der Geld Staat in bereits existierende Arbeitsplätze pumpt, um diese über eine Wirtschaftskrise zu erhalten? (wenn sie vor der Krise da waren, sollten sie ja nach der Krise wieder entstehen). Das sind nämlich meines Wissens die Meisten. Niemand beschließt Konjunkturpakete in Boomzeiten.
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otze schrieb:
earli: Das was Markus beeschreibt kommt auch ganz ohne physisches Geld aus. Immerhin bietet man auf virtuelle Waren in der Zukunft. Also kann man darauf auch mit Geld bieten, das man glaubt ind er Zukunft zu haben. Und man braucht überhaupt keein physisches Geld, wenn man diesen Schein eines Zukunftshandels vor eintreten der Zeit weiter gibt.
Der Verkäufer hingegen kann seine Waren 100x verkaufen, einfach weil er davon ausgeht, das die Meisten die Ware niemals physisch haben wollen und an dem bedruckten Papier interessiert sind.
Ich sehe da nicht den Zusammnhang zum Drucken von Geld oder wie das ohne Gelddrucken anders wäre. Ich sehe auch nicht das Problem im Geld drucken, sondern im "Das gedruckte Geld den Finanzmärkten schenken".
Und zu den Konjunkturpaketen: gilt das auch, wenn sie in Krisenzeiten eingesetzt werden, also wenn der Geld Staat in bereits existierende Arbeitsplätze pumpt, um diese über eine Wirtschaftskrise zu erhalten? (wenn sie vor der Krise da waren, sollten sie ja nach der Krise wieder entstehen). Das sind nämlich meines Wissens die Meisten. Niemand beschließt Konjunkturpakete in Boomzeiten.
Daran würden die Banken aber langfristig pleite gehen, wenn der Staat sie nicht mit niedrig verzinstem Zusatzgeld bzw. Rettungspaketen privilegieren würde.
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