Angewandte Informatik oder Informatik? FH oder Uni?



  • Moorer schrieb:

    Ich denke einfach, dass ich bei der FH mehr Spaß haben werde (wenn ich mir so die Modulliste anschaue). Vielleicht würde ich die Uni schaffen, vielleicht wird es mir sogar Spaß machen, doch da ist die Wahrscheinlichkeit an der FH größer.

    Dann würde ich die FH machen. Du wirst später sehr viel Zeit im Job verbringen und Spaß sollte eins der wichtigsten Kriterien sein. Du suchst Dir mit Deinem Lebenslauf ja auch ein wenig aus, wo und was Du später arbeiten wirst und idealerweise gibt Dir das Studium die Möglichkeiten, Dich in dem Bereich zu spezialisieren, der Dir Spaß macht. Bei mir war es der Compilerbau. Da sind die Jobchancen allerdings überschaubar. ^^
    Compilerbau findet sich zum Glück nicht nur da, wo Compiler drauf steht. ^^

    Das Schöne an dem Job ist ja, dass man sich den Job aussuchen kann und selbst wenn man vergleichsweise wenig verdient, lebt man immer noch gut.

    Eine Sache noch: Wenn Du später gerne unterrichten möchtest, dann wäre das Uni evtl. noch von Vorteil. Ansonsten siehe unten.

    Moorer schrieb:

    Aber ich bin auch kein Depp der denkt, dass Programmierung im Mittelpunkt steht.

    Tut es in der Regel. ^^

    Projektplanung findet häufig "on-the-fly" statt, denn je weiter Du kommst, desto eher stellst Du fest, dass ich viele Dinge nicht planen lassen. Man muss einen Fehler machen, um zu begreifen, dass man einen Fehler gemacht hat.
    Du kannst Abschnitte der Software planen, aber die Planung wird niemals perfekt und schlussendlich wird vieles dann doch über's Bauchgefühl entschieden. Dafür brauchst Du Erfahrung im Programmieren.

    Projektmanagement ist viel Beamtentum: Beantworten können, wie das Projekt gerade läuft, entscheiden welche Features zeitlich umgesetzt werden können und was nicht. Aber ob das Projekt läuft, sagt Dir der Programmierer. Idealerweise versteht das Management die Sprache.

    Moorer schrieb:

    Meine einzige Sorge ist eben, dass ich in einen Job komme und mir einfach die Theoretischen Grundlagen fehlen, um Problemlösungen auszustellen und ich dann um vorran zu kommen in Foren durchweg stöbern muss...

    Es kommt drauf an, wo Du arbeitest, ob Dir Grundlagen fehlen.

    Ich mache CAD. Aktuell 3D-Kernel-Weiterentwicklung: 3D-Körper aufbauen, verschneiden, in Datenstrukturen halten. Was ich mache, kann man schlecht studieren. Und eventuell mache ich das falsch. Auf der Meeting C++ habe ich mir einen Vortrag von Boost::Geometry angehört. Der macht sicherlich alles mathematisch richtig, manches haben wir genauso im Angebot. Aber in der Anwendung wäre seine Lib für uns komplett unbrauchbar. Das wäre wie ein Henker, der einem einen Splitter aus dem Finger operiert.

    Vieles wird hier zwei, drei, viermal entwickelt, weil man feststellt, dass ein Verfahren zwar mathematisch richtig ist, aber im Spezialfall zu ungenau. Der Spezialfall ist blöderweise der Fall, den der Kunde braucht. Der fragt auch nicht, ob das aufwendig ist, der fragt nur, warum er sein Problem nicht lösen kann. Das lässt sich auch nicht anpassen, also muss die Sache aufwendiger neu geschrieben werden. Try and Error.
    Das ist nicht planbar. Das ist Erfahrung und Bauchgefühl, wie sich die entscheidende 8. Stelle hinter dem Komma im Spezialfall verhält.

    Egal, wo und was Du studierst: Du lernst Dich in Themen einzuarbeiten und Informations-Probleme zu lösen. Das ist der Job als Informatiker. Und die Chancen, dass Du einen Job bekommst sind bei FH und Uni sehr wohl gegeben.
    Ich habe seit dem Diplom keine Bewerbung mehr gebraucht.



  • Hallo,
    also ich habe selber die FH auf Allgemeine Informatik gemacht und kann sagen, dass die FH sicher nicht einfach eine Programmierausbildung ist. Wir hatten theoretische Informatik, Logisches Programmieren mit Prolog, Semantic-Web, ne Menge Mathe (darunter auch Graphentheorie, Zahlentheorie etc.), Mikroprozessorprogrammierung mit Assembler, Digitaltechnik etc.

    Ich sehe den Unterschied zur Uni einfach darin, dass die Theorie erstens weniger umfangreich ist, und anders motiviert wird. An der FH steht selbst im Fach Theoretische Informatik eher ein intuitiver Zugang im Vordergrund (z.B. über Parser). Es gibt zwar einige einfache Beweise die man führen muss, z.B. Pumping-Lemma. Aber verglichen mit einer Uni ist das sehr dünn, dort werden dann wesentlich mehr Sätze bewiesen. Die Frage ist nun, ob es das ist, was man möchte. Mir persönlich hat die TheoInf an der FH Spass gemacht und ich konnte das Gelernte in der Firma umsetzen, und zwar sogar im Rahmen der Bachelorarbeit, wo ich einen recht komplexen Parser schrieb. Ich glaube, das macht man an der Uni eher nicht, dafür gibt's dort auch noch das Pumping-Lemma für kontextfreie Sprachen statt nur jenes für reguläre Sprachen, das wir gelernt hatten. Ist halt dann die Frage, was ist dir wichtiger - mir war das Verbinden von Theorie und Praxis wichtiger und dass es einen intuitiveren Zugang gibt.

    Letztendlich ist es auch sehr individuell. Ich war vom Studium fasziniert und profitiere noch heute, besonders von der Prolog-Geschichte. Deklarative Ansätze finden sich häufig im Alltag und sind oft besonders ästhetisch. Aber viele Kommilitonen konnten damit rein gar nichts anfangen. Ein Unterschied zur Uni könnte sein, dass viele schon Berufserfahrung haben. Das kann positiv oder negativ sein. Die einen wissen alles besser als der Dozent, weil sie schon vorher programmiert haben, und verpassen so die Chance, neues zu lernen. Andererseits waren die Leute, die einerseits Erfahrung hatten und aber trotzdem offen für das Studium sind, diejenigen, mit denen man gerne zusammenarbeitete.

    Für die Programmierung hat mir persönlich auch Mathe sehr viel gebracht. Man lernt z.B. komplizierte Definitionen zu lesen und zu interpretieren. Das ist eine Fähigkeit, die einem bei der Arbeit als Wartungsprogrammierer oft zugute kommt. Ein weiterer Aspekt, für den mich das Studium sensibilisiert hat, ist die Laufzeitkomplexität von Programmen. Früher hatte ich nie auf sowas geachtet, die Programme hatten ja funktioniert. Aber als wir z.B. Hashtables durchgenommen haben, konnte ich eines meiner Programme von einer Stunde Rechenzeit auf knapp 10 Minuten runterkriegen...

    Fazit: mein FH-Studium hat mich enorm bereichert und meinen Informatik-Horizont erweitert. Und ich glaube nicht, dass das mit einem Uni-Studium auch der Fall gewesen wäre, ich glaube, die FH war für mich das richtige.
    Lass dich nicht von Etiketten blenden, die sagen, was "besser" und "höherwertiger" ist - am Ende muss es für DICH das richtige sein.



  • MrBurns schrieb:

    Mechanics schrieb:

    Nach paar Jahren denkst du dir dann vielleicht, toll, die Hälfte von dem was ich an der FH gelernt habe war mehr oder weniger Zeitverschwendung, kann ich eh schon, aber jetzt fehlt mir Theorie, um die Probleme richtig anzugehen...

    Worauf basiert diese Erkenntnis?

    Auf persönlicher Erfahrung und Erfahrungen von anderen Informatikern, die ich kenne. Vor dem Studium und am Anfang meines Studiums habe ich mich selber viel mehr für die praktische Seite der Informatik als für die Theorie interessiert. Am Ende des Studiums hatte ich dann doch genug von dem praktischen Zeugs und fand die Theorie teilweise deutlich interessanter. Vielleicht nicht unbedingt die grundlegende Informatiktheorie wie Komplexitätstheorie, das fand ich nie besonders spannend, sondern sowas wie Algorithmen der Bildverarbeitung, KI, Wissensrepräsentation usw. Die praktischen Vorlesungen haben mir im Nachhinein nicht viel gebracht, obwohl einige durchaus interessant waren.



  • maze77 schrieb:

    Ich sehe den Unterschied zur Uni einfach darin, dass die Theorie erstens weniger umfangreich ist, und anders motiviert wird. An der FH steht selbst im Fach Theoretische Informatik eher ein intuitiver Zugang im Vordergrund (z.B. über Parser). Es gibt zwar einige einfache Beweise die man führen muss, z.B. Pumping-Lemma. Aber verglichen mit einer Uni ist das sehr dünn, dort werden dann wesentlich mehr Sätze bewiesen. Die Frage ist nun, ob es das ist, was man möchte. Mir persönlich hat die TheoInf an der FH Spass gemacht und ich konnte das Gelernte in der Firma umsetzen, und zwar sogar im Rahmen der Bachelorarbeit, wo ich einen recht komplexen Parser schrieb. Ich glaube, das macht man an der Uni eher nicht, dafür gibt's dort auch noch das Pumping-Lemma für kontextfreie Sprachen statt nur jenes für reguläre Sprachen, das wir gelernt hatten. Ist halt dann die Frage, was ist dir wichtiger - mir war das Verbinden von Theorie und Praxis wichtiger und dass es einen intuitiveren Zugang gibt.

    Da möchte ich mal kurz widersprechen. Ich studiere an einer Hochschule (nicht Fachhochschule und auch nicht Uni, sondern Hochschule). Unser Prof für Theoretische Informatik hat ein Standardwerk zu dem Fach veröffentlicht (einer der anderen Theo Inf profs wird auf Wikipedia als Referenz genannt), aber:

    Das Fach war wirklich theoretisch, sowas wie einen Parser sind wir nicht angegangen. Dafür haben wir das Pumping Lemma auch für kontextfreie Sprachen gemacht. Also von Intuitivität keine Spur, ich dachte das ganze Semester über nur "Hä?!".

    Irgendwann hab ich mich mal endlich mit dem Stoff beschäftigt und gemerkt "Ey das macht ja Spass" Tja und seit dem ärgere ich mich darüber, dass ich die Klausur weit schlechter abgeschnitten habe als es mir eigentlich möglich war...



  • Ist Hochschule nicht einfach ein Synonym für Fachhochschule? die dürfen doch seit ein paar Jahren das "Fach" weglassen



  • @Skym0sh0: mag ja sein, aber es gibt mit Sicherheit einen Unterschied zwischen FH-Level und Uni-Level. Und da die Uni in der Regel mehr Theorie vermittelt, geht das halt auf Kosten der Anwendungen, umgekehrt verzichtet die FH oft auf Theorie, um dafür das ganze in einer Anwendung zu zeigen.
    Das mag im Detail so nicht immer genau stimmen und es gibt Grauzonen, beispielsweise technische Hochschulen, die versuchen, eher anwendungsorientiert zu sein. Und die FH's mussten mit der Bologna-Reform wahrscheinlich auch etwas Theorie hinzufügen. Aber ich behaupte, im Allgemeinen ist eine Uni-Ausbildung theoretischer.



  • Mechanics schrieb:

    MrBurns schrieb:

    Mechanics schrieb:

    Nach paar Jahren denkst du dir dann vielleicht, toll, die Hälfte von dem was ich an der FH gelernt habe war mehr oder weniger Zeitverschwendung, kann ich eh schon, aber jetzt fehlt mir Theorie, um die Probleme richtig anzugehen...

    Worauf basiert diese Erkenntnis?

    Auf persönlicher Erfahrung und Erfahrungen von anderen Informatikern, die ich kenne. Vor dem Studium und am Anfang meines Studiums habe ich mich selber viel mehr für die praktische Seite der Informatik als für die Theorie interessiert. Am Ende des Studiums hatte ich dann doch genug von dem praktischen Zeugs und fand die Theorie teilweise deutlich interessanter. Vielleicht nicht unbedingt die grundlegende Informatiktheorie wie Komplexitätstheorie, das fand ich nie besonders spannend, sondern sowas wie Algorithmen der Bildverarbeitung, KI, Wissensrepräsentation usw. Die praktischen Vorlesungen haben mir im Nachhinein nicht viel gebracht, obwohl einige durchaus interessant waren.

    Und woraus schließt du da jetzt, dass einem nach dem FH Studium die Theorie fehlt? Komplexitätstheorie, Bildverarbeitung, KI... gibts da auch alles.



  • MrBurns schrieb:

    Mechanics schrieb:

    MrBurns schrieb:

    Mechanics schrieb:

    Nach paar Jahren denkst du dir dann vielleicht, toll, die Hälfte von dem was ich an der FH gelernt habe war mehr oder weniger Zeitverschwendung, kann ich eh schon, aber jetzt fehlt mir Theorie, um die Probleme richtig anzugehen...

    Worauf basiert diese Erkenntnis?

    Auf persönlicher Erfahrung und Erfahrungen von anderen Informatikern, die ich kenne. Vor dem Studium und am Anfang meines Studiums habe ich mich selber viel mehr für die praktische Seite der Informatik als für die Theorie interessiert. Am Ende des Studiums hatte ich dann doch genug von dem praktischen Zeugs und fand die Theorie teilweise deutlich interessanter. Vielleicht nicht unbedingt die grundlegende Informatiktheorie wie Komplexitätstheorie, das fand ich nie besonders spannend, sondern sowas wie Algorithmen der Bildverarbeitung, KI, Wissensrepräsentation usw. Die praktischen Vorlesungen haben mir im Nachhinein nicht viel gebracht, obwohl einige durchaus interessant waren.

    Und woraus schließt du da jetzt, dass einem nach dem FH Studium die Theorie fehlt? Komplexitätstheorie, Bildverarbeitung, KI... gibts da auch alles.

    Das ist inzwischen wirklich mein Lieblingsargument... Wir schaun einfach die Themen an und gehen dann davon aus dass da genau dasselbe gemacht wird. 👍

    Komplexitätstheorie check, KI check, Bildverarbeitung check, in der mensa essen check... 😃



  • Jester schrieb:

    Das ist inzwischen wirklich mein Lieblingsargument... Wir schaun einfach die Themen an und gehen dann davon aus dass da genau dasselbe gemacht wird. 👍

    Komplexitätstheorie check, KI check, Bildverarbeitung check, in der mensa essen check... 😃

    Zum einen das, zum anderen wollte ich gar nicht darauf hinaus, sondern auf die grundlegende Ausrichtung Theorie vs. Praxis. Wie gesagt, fand praktische Vorlesungen anfangs interessanter, finde ich im Nachhinein, dass es hauptsächlich Zeitverschwendung war.



  • Wer sagt denn, dass das gleiche gemacht wird. Ich hab nur gesagt, das FH Studenten nicht soviel Theorie fehlt, dass sie nichts machen können. Die meisten Uni und FH Studenten spezialisieren sich sowieso irgendwann und haben dann da genügend theoretische Grundlagen.

    Mechanics schrieb:

    Jester schrieb:

    Das ist inzwischen wirklich mein Lieblingsargument... Wir schaun einfach die Themen an und gehen dann davon aus dass da genau dasselbe gemacht wird. 👍

    Komplexitätstheorie check, KI check, Bildverarbeitung check, in der mensa essen check... 😃

    Zum einen das, zum anderen wollte ich gar nicht darauf hinaus, sondern auf die grundlegende Ausrichtung Theorie vs. Praxis. Wie gesagt, fand praktische Vorlesungen anfangs interessanter, finde ich im Nachhinein, dass es hauptsächlich Zeitverschwendung war.

    Hast du jetzt eigentlich an einer FH oder Uni studiert, wenn du soviel "praktische Vorlesungen" hattest?



  • Eine brauchbare Antwort kann nur geben, wer möglichst auf Uni und FH studiert hat und dann bitte auf allen, um einen Durchschnittswert zu geben.

    Alles andere sind nur persönliche Einschätzungen. Ich habe auf eine FH studiert und nicht auf einer Uni. Ergo kann ich nicht einschätzen, ob auf der Uni die Theorie derart abgehoben ist, dass ich dieser nichts entgegen zu setzen hätte.

    Das will ich nichtmals ausschließen. Notfalls kann ich mich aber einarbeiten und es programmieren. Der Kollege von der Uni wird eher in der Lage sein, einen komplexen Algorithmus zu formulieren als ich, dafür muss er sich mehr in die Implementierung einarbeiten, wenn er seine Idee effizient umsetzen möchte.
    Abgesehen davon muss man sich überlegen, ob man einen komplexen Algorithmus benötigt. Ich erinnere mich an einen (FH-)Kollegen, der an einer Bankensoftware arbeitete und die einen komplexen Algorithmus hatten, der entscheidet, ab wann ein Konto existiert. Dafür hatte ein Theoretiker extra seinen eigenen Programmierer, der dessen Theorie umsetzte. Das Eröffnungsprocedere verlief so, dass ein Konto mit der ersten Einzahlung offiziell existiert.
    Vorher war es eröffnet, man hatte den Datensatz, dass da ein Konto angelegt wurde, aber da es nirgends benutzt wurde, existiert das Konto noch nicht. Und auf ein Konto, dass nicht existiert, kann man nichts überweisen.
    Der Kunde konnte also ein Konto eröffnen, aber nichts darauf überweisen. Er musste erst Geld in der Filiale einzahlen, damit das Konto zu existieren begann.
    Und ja, diese Software war im Einsatz.

    Heute hat man den Algorithmus, der entscheidet, ob ein Konto existiert oder nicht, deutlich vereinfacht...

    Heutzutage wird ein Computer für das Universitäts-Informatik-Studium vorausgesetzt, als ich studierte brauchte man für ein Informatikstudium nicht zwangsweise einen Computer oder Programmierkenntnisse.

    Entsprechend kann man sich auf beiden Seiten Vor- und Nachteile überlegen. Und kann sich überlegen, in welche Richtung man gehen möchte, bzw. in welchem der beiden Möglichkeiten man bereits über solides Grundwissen verfügt. Ein Studium macht man ja, um dazu zu lernen, nicht um vorhandenes Wissen zu wiederholen.

    Wenn man an der Uni studiert, sollte man allerdings eine Vorstellung haben, was man mit seiner eher theoretischen Herangehensweise später machen möchte.
    Und man sollte sich überlegen, ob man Probleme eher theoretisch oder eher praktisch vergeigen möchte.

    Ein Problem praktisch zu lösen bedeutet, dass man eventuell scheitert, weil man die Theorie nicht versteht, sich nicht genug in die möglichen Probleme eingearbeitet hat und das Projekt gegen die Wand fährt.
    Ein Problem theoretisch zu lösen, bedeutet, dass man das Problem theoretisch gelöst hat, aber dann feststellt, dass die Praxis nunmal anders aussieht, weil man von der Praxis nunmal keine Ahnung hat.

    Somit stellt sich am Ende eigentlich nur die Frage, wie man bevorzugt scheitert. In diesem Sinne würde ich sagen, sind beide Herangehensweisen erstaunlich gleichwertig.

    Meiner Erfahrung nach sind es dann aber eher die Praktiker, die den Hammer rausholen und die Software dann irgendwie lauffähig klopfen.



  • MrBurns schrieb:

    Hast du jetzt eigentlich an einer FH oder Uni studiert, wenn du soviel "praktische Vorlesungen" hattest?

    Ich hab mich damals für eine FH entschieden, hätt ich wohl dazuschreiben sollen. Mir war damals eben nicht klar, was theoretische Informatik alles beinhaltet und was man damit machen kann, hab mir das viel trockener vorgestellt und die Praxis viel spannender. Ich weiß nicht, ob das eine falsche Entscheidung war. Ich bereue sie nicht. Ich weiß jetzt nur, dass ich mir damals alles völlig anders vorgestellt habe als heute.



  • @Xin: bisher kann ich dir größtenteils zustimmen. Leider stehen in deinem letzten Posting eigentlich nur unsinnige stereotypen vom dummen theoretiker der nix von der praxis weiß und sich das mal besser vorher überlegen sollte. Schade.



  • Da muss ich Jester zustimmen. Hatte auch schwierigkeiten, den Post nicht als direkten Angriff zu interpretieren. Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, das du keine Informatiker meinst, sondern mathematiker mit Spezialisierung in theoretischer Informatik. Nein falsch, eigentlich war ein Eindruck: setzt der Uniabsolventen mit Lebensfernen Menschen gleich?

    Ausserdem glaube ich, das deine Ausführungen ziemlich biased sind: Während ein FH-absolvent häufig als Programmierer beschäftigt wird, landet ein Uni-absolvent häufiger in Planungspositionen. Guess which position is better for a newbie?



  • Mechanics schrieb:

    MrBurns schrieb:

    Hast du jetzt eigentlich an einer FH oder Uni studiert, wenn du soviel "praktische Vorlesungen" hattest?

    Ich hab mich damals für eine FH entschieden, hätt ich wohl dazuschreiben sollen. Mir war damals eben nicht klar, was theoretische Informatik alles beinhaltet und was man damit machen kann, hab mir das viel trockener vorgestellt und die Praxis viel spannender. Ich weiß nicht, ob das eine falsche Entscheidung war. Ich bereue sie nicht. Ich weiß jetzt nur, dass ich mir damals alles völlig anders vorgestellt habe als heute.

    Und warum dann diese Aussage?

    Mechanics schrieb:

    aber jetzt fehlt mir Theorie, um die Probleme richtig anzugehen...

    Passiert dir das ständig? Mir eigentlich nicht. Klar gibt es Gebiete wo man sich nicht so auskennt, aber das liegt mehr an den Spezialisierungen.



  • ich hab den Bachelor an einer deutschen Durchschnitts FH gemacht, für den Master bin ich nun an eine der Top Universitäten gewechselt.

    Niveautechnisch liegen streckenweise WELTEN! dazwischen, auch das mit weniger Praxis würde ich nicht unterschreiben.

    Ich musste als Wechsler ein paar Fächer nachmachen - beide knackschwer (ich wäre mir sicher bei uns an der FH hätten die damit 80% rausgeprüft) - und bin da ein wenig in Kontakt mit Bachelorstudenten gekommen. Praktische Laborarbeiten an Netzwerken (Aufbau, Konfig, etc..) und viel Coding ist da durchaus vorhanden, gecodet wird eigentlich auch recht viel und im Gegensatz zur FH ist es auch oft verpflichtend.

    Mein Notenschnitt ist vom Bachelor zum Master bisher um fast eine komplette Note abgesackt (war einer der "besten" Absolventen und bin jetzt irgendwo im gesunden Durchschnitt gelandet).

    Ich habe mir das früher auch gern eingeredet - ist meiner Erfahrung nach aber schlicht und ergreifend falsch - die FH ist meinen Augen der deutlich einfachere Weg zum Akademiker.



  • Das ist auch Uni/FH und Prof abhängig. Bei uns gab es einige Prüfungen die waren praktisch geschenkt im Vergleich zu anderen.

    Ich hab auch schon einen FH Studenten gesehen, dem musste man bei seinem Praktikum alles erklären und er hat nichts selbstständig auf die Reihe bekommen, aber bei einer Prüfung, die ich mitbekommen habe, hat er an seiner FH eine 1 bekommen, da hat man sich auch gefragt, ob die da die Noten verschenken.

    Mir sind aber auch schon Uni Studenten begegnet, bei denen man sich gefragt hat, wie die ihr Diplom bekommen haben.



  • MrBurns schrieb:

    Mechanics schrieb:

    aber jetzt fehlt mir Theorie, um die Probleme richtig anzugehen...

    Passiert dir das ständig? Mir eigentlich nicht. Klar gibt es Gebiete wo man sich nicht so auskennt, aber das liegt mehr an den Spezialisierungen.

    Das habe ich jetzt so nicht behauptet, das war in dem Kontext mehr eine Warnung, was passieren könnte. Wenn man in der Arbeit schnell was in einer neuen Scriptsprache schreiben muss, die man noch nicht kennt, kann man sich da schnell einarbeiten. Wenn man aber ein Problem vorgesetzt bekommt, wo man Kenntnisse aus der Bildbearbeitung braucht und keine entsprechenden Vorkenntnisse, kann man sich da nicht unbedingt ohne weiteres schnell einarbeiten. Genauso z.B. Wissensrepräsentation, wenn man noch nie was davon gehört hat, fängt man vielleicht an, sich selber irgendwelche naiven Ansätze auszudenken. Ich hatte zwar die entsprechenden Vorlesungen, aber die waren ja freiwillig und die meisten haben sie nicht besucht.
    Da ich als Softwareentwickler arbeite und wenig mit Theorie zu tun habe, passiert es mir natürlich nicht oft, dass mir Theorie fehlt. Bei fortgeschrittenen Themen kann ich mit 2-3 Kollegen von der Uni nicht ganz mitreden.

    @daki: ich habe das auch umgekehrt erlebt. Paar Leute von meiner FH, die eher durchschnittlich waren haben dann an einer Uni einen Master nachgeholt und waren da deutlich besser. Find ich jetzt auch sehr realistisch. Vom Niveau her kann sich das ganze schon deutlich unterscheiden. Aber in einem Diplom hast du zig Vorlesungen, die sich alle auf die Gesamtnote auswirken. Man ist selten in allen Vorlesungen gut. Beim Master kann man sich dann die paar Vorlesungen aussuchen, für die man sich interessiert und sich dann etwas reinhängen. Wenn man die Note optimieren will, kann man sich natürlich auch vorher umhören, wie die Profs und die Vorlesungen so sind.



  • wie gesagt: ist meine persönliche erfahrung und ich würde behaupten auch keine durchschnitts uni. kumpel der mit mir bachelor gemacht hat, ist im ba mit nem schlechten zweiter raus, ma mit 1.1.

    ich würde aber spontan behaupten: "hier" schließt sogut wie niemand mit <= 1.3 ab - noten sind halt auch leider im studium noch sehr relativ.



  • Jester schrieb:

    @Xin: bisher kann ich dir größtenteils zustimmen. Leider stehen in deinem letzten Posting eigentlich nur unsinnige stereotypen vom dummen theoretiker der nix von der praxis weiß und sich das mal besser vorher überlegen sollte. Schade.

    Was ich an diesem Forum immer wieder interessant finde, ist dass gerade die Stammbelegschaft in vielen Beiträgen eine Konkurrenzsituation zu finden versucht, ein Theoretiker gegen Praktiker, ein Gut gegen Schlecht, ein Schwarz gegen Weiß.

    Lies meinen Post nochmal mit dem Gedanken eines "sowohl als auch". 🙂
    Vermutlich versteht man so viele meine Postings besser. 😃

    otze schrieb:

    Da muss ich Jester zustimmen. Hatte auch schwierigkeiten, den Post nicht als direkten Angriff zu interpretieren.

    Gegen die FH-Studenten oder die Uni-Studenten?

    otze schrieb:

    Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, das du keine Informatiker meinst, sondern mathematiker mit Spezialisierung in theoretischer Informatik. Nein falsch, eigentlich war ein Eindruck: setzt der Uniabsolventen mit Lebensfernen Menschen gleich?

    Ah, Du hast also an einer Uni studiert, dass Du die Uni-Absolventen angegriffen fühlst?

    Schau Dir mein Posting nochmal an: Ich beschreibe beide Absolventen entsprechend ihrer Klischees - und das durchaus beabsichtigt, denn Klischees entstehen nicht nur aus Bösartigkeit, sondern sie überspitzen nunmal existierende Unterscheidungsmerkmale.

    Dass es kein Angriff sein kann, sollte daran zu erkennen zu sein, dass FH-Absolvent und Uni-Absolvent in meinem Posting das gleiche Ergebnis abliefern: sie scheitern beide - halt nur aus unterschiedlichen Gründen.

    Ich versuche es nochmal in Klartext: Ein Studium - egal wo - erlaubt dem Studenten, sich mit einer Materie zu beschäftigen. Fertig.
    Die Pappe sagt nicht aus, ob derjenige jemand ist, der fähig in seiner Materie ist, sondern nur, dass er über mehrere Jahre alle Scheine irgendwie zusammengesammelt hat.
    Entsprechend gibt es kein Schwarz oder Weiß, sondern nur Grau auf beiden Seiten.

    Mit den Klischees wirst Du, wie auch ich, trotzdem weiterleben müssen. Ich werde weiterhin "nur" FH-Absolvent blieben. Und das zu recht, denn obwohl ich an einer FH studiert habe, steht in meinem Posting auch klischeegetreu drin, was ich nicht so gut kann, wo ich einen Uni-Absolventen also als fähiger betrachte - sofern er seinem Klischee entspricht.

    Beides heißt Informatik. Die Frage ist, was macht einem mehr Spaß, worauf möchte man den Fokus legen? Die Frage lautet nicht, was ist allgemein richtig oder falsch oder was ist gut oder schlecht. 🙂


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