Moment mal! Eine blasphemische Diskussion
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Wir reden also über den philosophischen Wahrheitswert eines (zugegeben: coolen) Zitats aus einem Buch der Unterhaltungsliteratur? (Herrn Pratchett ging es in erste Linie darum eine gute Geschichte zu erzählen. Mit Erfolg.) Das war mir bisher nicht klar, hätte wohl den ganzen Thread lesen sollen . Wobei ein Nachfolger des Buches ja sogar schon eine Antwort gibt: Man mahle das Universum in seine kleinsten Teile, man wird kein Atom Gerechtigkeit, Kunst oder Freiheit finden. Es sind Konzepte höherer Ordnung, wie das oben beschriebene rationale Handeln. Um es physikalisch auszudrücken: Es handelt sich um Makrozustände eines Gesamtsystems kleinerer Teile. Man kann messen, wie viel Gerechtigkeit in dem System ist. Diese liegt dann der konfiguration des Systems inne, so wie die Höhe eines Turms sich aus der Anordnung seiner Steine ergibt, und vergeht, wenn man etwas ändert. Man kann dem System keine Gerechtigkeit zuführen oder abziehen.
Nun, ich verweise nochmals darauf, dass Glaube, Religion, Kirche voneinander verschieden sind.
Ist ja schön und richtig. Und?
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Herrn Pratchett ging es in erste Linie darum eine gute Geschichte zu erzählen. Mit Erfolg.
Herrn Pratchett ging es darum zum Denken anzuregen und verpackte es in einer Geschichte. Mit Erfolg. ... Nein, ich weiss nicht, was der Autor mir damit sagen will, aber ich kann trotzdem ueber die Beduetung fuer mich nachdenken.
Man kann messen, wie viel Gerechtigkeit in dem System ist.
Verstehe ich nicht ganz. Ich probiere es mal mit einem Vergleich: Also Liebe kann auch als Gesamtheit der involvierten chemischen Reaktionen angesehen werden. So in etwa?
Ist ja schön und richtig. Und?
Du hast Teufel mit Glauben substituiert. Ich will nicht ueber Gott, Religion etc. reden. Eben weil ich niemanden von bekehren moechte.
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SeppJ schrieb:
Man kann messen, wie viel Gerechtigkeit in dem System ist.
Sofern man es schafft sich zu einigen was Gerecht denn nun ist.
Als Beispiel:
Ist es gerecht wenn A B umbringt, dass A dann von C umgebracht wird?Auge um Auge, Zahn um Zahn - also ist es gerecht.
Aber ist der Akt des Mordes von A an B nicht ungerecht und egal was man danach macht - es wird nur wieder alles gerecht wenn B wieder zum Leben erwacht?Oder ist der Mord von C an A nicht auch nur wieder eine Erschaffung weiterer Ungerechtigkeit? Was wenn wir A heilen können von seinem Drang nach Mord. Soll er dann trotzdem noch bestraft werden obwohl wir wissen dass er nie wieder morden wird?
Schwer schwer sowas. Das mit dem Gerecht sein ist nicht trivial.
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Ist es gerecht wenn A B umbringt, dass A dann von C umgebracht wird?
Was glaubst du?
Schwer schwer sowas. Das mit dem Gerecht sein ist nicht trivial.
Ja. wobei Straftaten wohl einfacher sind. Ausserdem kollidiert Gerechtigkeit manchmal mit anderen schwierigen Dingen wie Gnade oder Vergebung. Auch da kann man nur "glauben"?
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knivil schrieb:
Man kann messen, wie viel Gerechtigkeit in dem System ist.
Verstehe ich nicht ganz. Ich probiere es mal mit einem Vergleich: Also Liebe kann auch als Gesamtheit der involvierten chemischen Reaktionen angesehen werden. So in etwa?
Ja, so in etwa. Wie Shade of Mine richtig einwendet, kann das durchaus eine sehr komplizierte Sache sein. Gerade bei Begriffen wie Gerechtigkeit, fällt es schon schwer, sie überhaupt zu definieren. Wenn man dazu nicht in der Lage ist, dann ist der spezielle Begriff möglicherweise sogar sinnlos. Man könnte auch sagen, die Größe existiert nicht. Gerechtigkeit ist dafür ein sehr guter Kandidat. Man kann nämlich leicht Beispiele konstruieren, in der die naiv definierte Gerechtigkeit zu Widersprüchen führt (moralisches Dilemma durch Kollision zweier philosophischer Systeme mit unterschiedlicher Konsequenz für "gerechtes" Verhalten). Die kann auch kein Glaube an Gerechtigkeit auflösen.
Ist ja schön und richtig. Und?
Du hast Teufel mit Glauben substituiert. Ich will nicht ueber Gott, Religion etc. reden. Eben weil ich niemanden von bekehren moechte.
Das war eine Redewendung, in der im angepassten Original eine Kirchenfigur vorkam, weil unsere Sprache mit solchen Anspielungen durchsetzt ist. Ich wollte damit keinen Bezug zur konkreten Diskussion ziehen.
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knivil schrieb:
Ist es gerecht wenn A B umbringt, dass A dann von C umgebracht wird?
Was glaubst du?
Das ist ziemlich irrelevant und ich will es hier nicht zur Diskussion stellen. Es geht mir viel mehr darum zu zeigen, dass die abstrakten Begriffe wie Gerechtigkeit, Liebe, etc. nicht sauber definierbar sind.
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knivil schrieb:
Ich würde nicht sagen dass Gerechtigkeit real ist. Gerechtigkeit ist erstmal nur ein Wort. Und beim Versuch zu definieren was diese Wort überhaupt bedeutet haben wir bereits das erste Problem. Zumindest kenne ich keine kanonische Definition von "Gerechtigkeit".
Sehr hilfreich. Haste ja selbst gemerkt, dass kein Formalismus hilft. Keine Definition ist hinreichend. Ich brauche das nicht um zu glauben, beispielsweise an meine Existenz, an deine Exiztenz, an Gerechtigkeit, Ungerechtigkeit und noch viel mehr. Wenn du das nicht schaffst, dann sei dir meines Mitgefuehls sicher.
Ja und?
Weil du daran glaubst ist es real? Was soll denn das für ein Blödsinn sein.
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@Shade of Mine: Genau. Ich wollte nicht "du" betonen sondern "glaubst", um den Bogen zu kriegen. Meine Aussage, vergesst Definitionen, man kann auch mit (vagen) Vorstellungen starten und schauen, wo sie einen hinfuehren.
@SeppJ: These: Gerechtigkeit existiert nicht. Dennoch werde ich traurig bei bspw. Nachrichten aus Syrien, kleine Kinder und Giftgas. Trauer ist eine Empfindung und ich empfinde es als ungerecht. Gerechtigkeit ist ein Empfindung, ein Gefuehl. Aehnlich verhaelt es sich mit Glauben. Das eine bzw. das andere kann nur auf emotionaler Ebene ergruendet werden. Das Resultat kann fuer jeden anders ausfallen. Gleiches wuerde ich auch fuer Gott vorschlagen.
@hustbaer: Ja, fuer mich ist es wahr. Fuer andere, warum sollte es? Es gibt Menschen, die nicht an ihre Existenz glauben. Nur der Weg, diese Probleme zu untersuchen ist nicht (rein) logisch. Was haelt mich auf, mir trotzdem Gedanken zu machen? Was haelt mich auf zu glauben?
PS: Ich verwende haeufig ich, nicht weil ich Egoist bin, sondern weil besagtes nur auf mich zutrifft und ich als wahr empfinde, bzw. jede gefuehlsmaessige Erkenntnis wie Glauben, Gerechtigkeit, Gnade, Mitgefuehl auf einen selbst beschraenkt ist.
PPS: Gefuehle helfen nicht Gerichten. Aber in die Richtung moechte ich nicht.
P..S: Auch wenn ich Gefuehl betone, Vernunft bitte nicht abschalten. Herz und Hirn sollten schon im Einklang sein.
P..S: Worte koennen schlecht Erfahrung mitteilen. Leider sind 's die einzigen Mittel.
P..S: Ich Weiss , dass ich Dinge von Trauer auf Glauben und Gott uebertrage, was natuerlich echt hinkt. Ich kanns aber nicht anders ausdruecken.
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knivil schrieb:
@hustbaer: Ja, fuer mich ist es wahr. Fuer andere, warum sollte es? Es gibt Menschen, die nicht an ihre Existenz glauben. Nur der Weg, diese Probleme zu untersuchen ist nicht (rein) logisch. Was haelt mich auf, mir trotzdem Gedanken zu machen? Was haelt mich auf zu glauben?
Klar kannst du glauben, nichts hält dich auf.
Nur darum geht es mir hier nicht.Die Frage ist: was meinst du damit wenn du sagst "Gerechtigkeit existert"? Wobei ich hier - wie ich in dem Teil meines Beitrags den du nicht mehr zitiert hast schon geschrieben habe - nichtmal das Problem meine dass es keine formale bzw. "unstrittige" Definition von Gerechtigkeit gibt.
Wir können genau so ein anderes, klar definiertes Konzept nehmen, wie z.B. die Zahl Pi. Existiert Pi? Wenn ja, was bedeutet das? Also: wie definierst du Existenz?
Ich behaupte nicht hier irgendwelche Schlauen Antworten zu haben. Ich meine nur: wenn man behauptet irgendetwas existiert, dann sollte man wenigstens wissen was man mit "existiert" meint. Tut man das nämlich nicht, dann ist "X existiert" keine Aussage über die man reden könnte, sondern nur eine Andernanderreihung von Buchstaben.
Natürlich kann man dennoch daran glauben, nur an eine Andernanderreihung von Buchstaben zu glauben halte ich nicht für sinnvoll.
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Existiert Pi?
Ich bin der Auffassung, dass wir die Mathematik entdeckt haben, nicht erfunden.
Da gab es doch so einen Philosophen, der das auch so formuliert hat... ich erinnere mich nicht an seinen Namen. Ergänze ich noch.
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Wieso muss man erst 6 Seiten Thread vollmüllen, bis klar wird, dass man Gerechtigkeit und Gerechtigkeitsgefühl nicht differenziert? Dass Gerechtigkeitsgefühl existiert ist doch völlig trivial.
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Bashar schrieb:
Wieso muss man erst 6 Seiten Thread vollmüllen, bis klar wird, dass man Gerechtigkeit und Gerechtigkeitsgefühl nicht differenziert?
Das wurde erst auf der zweiten Seite in die Diskussion gebracht.
Dass Gerechtigkeitsgefühl existiert ist doch völlig trivial.
Ja, aber erst in Welt 3.
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hustbaer schrieb:
Also: wie definierst du Existenz?
Worte reichen nicht. Mehr habe ich aber nicht. Deswegen meine Aussage: probiers mal ohne Definition.
Bashar schrieb:
existiert
vollmüllen
Welche Erwartungen hattest du an diesen Thread?
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knivil schrieb:
vollmüllen
Welche Erwartungen hattest du an diesen Thread?
Erwischt. Müll halt weiter
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Bashar schrieb:
Dass Gerechtigkeitsgefühl existiert ist doch völlig trivial.
Ist es das?
knivil schrieb:
hustbaer schrieb:
Also: wie definierst du Existenz?
Worte reichen nicht. Mehr habe ich aber nicht. Deswegen meine Aussage: probiers mal ohne Definition.
Ohne Definition, so aus dem Bauch heraus, ist meine Antwort: Gerechtigkeit existiert nicht. Bzw. allgemeiner: Konzepte existieren nicht - sie sind nicht real.
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Sone schrieb:
Existiert Pi?
Ich bin der Auffassung, dass wir die Mathematik entdeckt haben, nicht erfunden.
Dann würde mich interessieren was du unter "Pi existiert" verstehst.
Wo manifestiert sich Pi?
In der realen Welt kann ich es nirgends sehen.
Es gibt kein Verhältnis zwischen zwei realen Dingen das genau 1:Pi ist.
Pi existiert auch nicht als Ding irgendwo, also es hat kein Professor (und auch sonst niemand) Pi im Regal stehen.Was also bedeutet dann "Pi existiert".
BTW: bist du auch der Meinung dass wir Fussball entdeckt haben, und nicht erfunden?
Falls nein: warum nicht? Wo ist der Unterschied?
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Sone schrieb:
Existiert Pi?
Ich bin der Auffassung, dass wir die Mathematik entdeckt haben, nicht erfunden.
Da gab es doch so einen Philosophen[...]
Platon. Platonismus, die Auffassung, dass es eine Ideenwelt gibt, die wir nur entdecken. Die Philosophie des Platonismus in der Mathematik wurde im letzten Jahrhundert besonders prominent von Gödel vertreten.
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Solche Threads sind sinnlos, ich spare mir meinen Senf diesmal.
Aber ein guter Indikator für Sones offensichtlich noch gestiegene Langeweile ist er, das kann man wohl ablesen.
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Eisflamme hat sein Ziel nicht erreicht und lehnt sich verärgert mit Popcorn zurück.
Eisflamme schrieb:
Solche Threads sind sinnlos
Ja, für dich. Ich bilde mich durch sie. Ich lerne dadurch viel. Das ist doch kostbar.
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Wo manifestiert sich Pi?
Die Definition von Pi existierte schon immer: Die Idee, dass man einen Kreis (den wir entsprechend definieren) nehmen und seinen Umfang durch den Durchmesser teilen.
Leider ist das so eine Sache: Könnten wir die Neuronen im Gehirn auf etwas Analysieren was uns diese Idee wiedergibt?Es gibt kein Verhältnis zwischen zwei realen Dingen das genau 1:Pi ist.
Ja, das stimmt. Das wäre irgendwie mein Argument gewesen, aber Pi ist nunmal nicht nur irrational sondern auch transzendent...
Was also bedeutet dann "Pi existiert".
Schwer zu sagen. Sehr gute Frage. Ich denke drüber nach. So ein Grübelstoff ist der Beste.
BTW: bist du auch der Meinung dass wir Fussball entdeckt haben, und nicht erfunden?
Falls nein: warum nicht? Wo ist der Unterschied?Ja, den haben wir entdeckt. Er war eine Idee die wir gefunden haben.
Vielen Dank an Bashar für den Tipp: Platonismus, genau.