Schwarze Löcher, Hawking-Strahlung und Erhaltungssätze
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Hi.
Nach der postulierten Hawking-Strahlung soll es ja so sein, dass Teilchen-Antiteilchen Paare, die in der Nähe des Ereignishorizonts eines schwarzen Lochs entstehen insofern getrennt werden können, dass ein Teilchen ins schwarze Loch fällt und das andere entkommt. Da aber die Energie erhalten bleiben muss, verliert das schwarze Loch so viel Masse wie das entkommene Teilchen hat.
Aber wie kann das sein? Man stelle sich vor, es geht um ein Elektron und ein Positron, die da entstehen. Da gibt es doch so etwas wie die Leptonenzahlerhaltung. Wenn jetzt zum Beispiel das Elektron ins Loch stürzt und das Positron entkommt, dann bräuchte das Elektron im schwarzen Loch ein entsprechendes Antiteilchen, um annihilieren zu können und so dem schwarzen Loch Masse entziehen zu können. Jetzt ist es aber so, dass Materie und Antimaterie nicht gleich häufig im Universum vorkommt und ein schwarzes Loch entsteht vor allem aus Materie. So gesehen kann doch bei einem gleichberechtigten Einfang von Teilchen und Antiteilchen ein schwarzes Loch nicht systematisch an Masse verlieren.
Ist so etwas wie Leptonenzahlerhaltung in schwarzen Löchern aufgehoben, weil man einfach sagt, dass in einem schwarzen Loch keine konventionelle Materie mehr vorhanden ist, sondern nur noch eine Singularität in der Raumzeit? Verschwindet einfach alles in dieser Singularität, so dass es keine klassische Annihilierung von Teilchen und Antiteilchen geben muss? Warum kann dann die "Masse" der Singularität kleiner werden, wenn ein weiteres Teilchen hineinstürzt. Im Wikipedia-Artikel wird gesagt, dass man dem Teilchen, das in das schwarze Loch stürzt, einfach eine negative Energie zuordnet. Aber wie kann das sein. Es gilt doch E=mc² und m und c² sind immer positiv.
Sorry für diese naiven Fragen. Ich kenne mich auf dem Gebiet nicht aus und bin jetzt mehr durch Zufall darüber gestolpert. Kann da jemand etwas Licht ins Dunkel bringen?
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Gregor schrieb:
dann bräuchte das Elektron im schwarzen Loch ein entsprechendes Antiteilchen, um annihilieren zu können und so dem schwarzen Loch Masse entziehen zu können.
Verstehe ich nicht. Ein Annihilationsprozess würde doch die Masse nicht ändern. Es muss das Teilchen selbst sein, das irgendwie eine negative Energie in das schwarze Loch trägt. Ich weiß nicht genau wie es das macht, aber eine spätere Annihilation ist nicht nötig.
Warum kann dann die "Masse" der Singularität kleiner werden, wenn ein weiteres Teilchen hineinstürzt. Im Wikipedia-Artikel wird gesagt, dass man dem Teilchen, das in das schwarze Loch stürzt, einfach eine negative Energie zuordnet. Aber wie kann das sein. Es gilt doch E=mc² und m und c² sind immer positiv.
Das ist die eigentliche Frage. Die fällt auch für mich unter "was ich schon immer mal wissen wollte, aber mich nie zu fragen getraut habe". Ich kann ja irgendwie akzeptieren, dass bei Vakuumfluktuationen einer der Partner eine negative Energie tragen soll. Aber dann müssten doch auch im Schnitt genau so viele Vorgänge stattfinden, bei denen die Masse zunimmt, oder?
Ich vermute hier liegt eine so starke Vereinfachung in der bekannten populärwissenschaftlichen Darstellung vor, dass für den Fachmann anhand dieser Darstellung gar nicht mehr verständlich ist, was überhaupt die wirkliche Idee ist, ohne den Originalaufsatz zu lesen. (Den ich aber Nachts um 1 sicher nicht verstehen würde. Und als nicht Quantenkosmologe vielleicht auch dann nicht, selbst wenn ich topfit bin. Hast du den mal gelesen?)
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ich dachte auch gelesen zu haben, dass Hawking meinte, dass dies ein enorme Vereinfachung ist. Ich glaub, dass die Erklärung war, dass diese Teilchen aus der Vakuumenrgie erzeugt werden und wenn sie dann zerfallen die Energie wieder dorthin zurückgeben. Wenn jetzt das Schwarze Loch die Teilchen trennt, fehlt die Energie lokal im Vakuum, muss also irgendwoher aufgefüllt werden -> schwarzes Loch verliert masse.
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@SeppJ: Diese Paarerzeugungsprozesse im Rahmen von Vakuumfluktuationen erzeugen meines Wissens nach nur virtuelle Teilchen, für die eigentlich die Energie nicht da ist. Das heißt, sie können nur im Rahmen der Unschärferelation existieren und müssen deshalb wieder annihilieren. Der Gedanke war, dass wenn die Annihilation mit dem eigentlichen Partner nicht stattfinden kann, dass dann ein anderes Teilchen zum Annihilieren gefunden werden muss. Also wie Otze es formuliert hat: Die Energie muss dem Vakuum zurück gegeben werden. Gibt es dafür in schwarzen Löchern noch einen anderen Prozess als Annihilation?
Ich habe nie den Originalartikel oder zumindest einen ernsthaften Artikel zur Hawking-Strahlung gelesen. Ich bin nur letzt über den Wikipedia-Artikel gestolpert und mir ist aufgefallen, dass das so irgendwie für mich nicht verständlich ist. Ich bin auch kein "Quantenkosmologe".
Vielleicht gibt der englischsprachige Wikipedia-Artikel mehr her: http://en.wikipedia.org/wiki/Hawking_radiation Aber der sieht auf den ersten Blick auch echt schwer zu verstehen aus.
EDIT: Weiß einer, wie gesichert die These der Hawking-Strahlung überhaupt ist? AFAIK gibt es da keine experimentellen Messungen, oder? Gibt es jenseits des theoretischen Konzepts irgendeinen experimentellen Hinweis auf die Hawking-Strahlung?
EDIT 2 (Reminder für mich selbst): Zugehöriger Nature-Artikel: http://www.nature.com/nature/journal/v248/n5443/abs/248030a0.html
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Gregor schrieb:
EDIT: Weiß einer, wie gesichert die These der Hawking-Strahlung überhaupt ist? AFAIK gibt es da keine experimentellen Messungen, oder? Gibt es jenseits des theoretischen Konzepts irgendeinen experimentellen Hinweis auf die Hawking-Strahlung?
Es gibt ja nicht einmal direkte Nachweise für schwarze Löcher, bloß Messungen, dass es Objekte gibt, deren Dichte so hoch ist, dass sie laut ART schwarze Löcher sein müssten (sofern die ART da überhaupt noch gültig ist). Und ob man unsere aktuelle Teilchenphysik unverändert auf den Ereignishorizonts eines schwarzen Lochs loslassen kann, ist auch unklar. Also sowohl theoretisch etwas nebulös und experimentell weit außer Reichweite (selbst wenn wir freie Sicht auf ein schwarzes Loch hätten, wäre der Effekt ja super klein).