Chaostheoretische Mengen und (ir)rationale Zahlen



  • Betrachtet man z.B. die Mandelbrotmenge, so sind alle Punkte auf dem Bildschirm aus der Menge \left \{ a + b \operatorname{i} \mid a, b \in \mathbb{Q} \right \}.
    Logisch, denn der Computer kann nur rationale Zahlen speichern / verarbeiten. Da durch den Schmetterlingseffekt eine winzige Änderung bei der Eingangsgröße riesige Unterschiede bei den Resultaten hervorrufen kann, fragte ich mich, ob wohl die Mandelbrotmenge irrationaler Zahlen gleich aussieht / ob es beweisbare Unterschiede gibt.

    Bei der Gelegenheit (nur bezüglich der Mandelbrotmenge):
    Gibt es für beliebig große nNn \in \mathbb{N} mindestens eine komplexe Zahl, die erst nach nn einen Absolutwert von über 1 hat (und somit definitiv divergiert)?

    Lassen sich solche Positionen berechnen?

    Wenn ein Punkt vollkommen umschlossen ist von divergierenden Punkten, muss er dann selbst auch divergieren?

    Innerhalb der Mandelbrotmenge finden sich Minibrote, gewisse sind schrecklich verzerrt (0.2925755 + 0.0149977i; 10000x für die Nerds hier wie mich 😉 ). Sieht so aus, als wenn die Knospen auf der Kante verschoben worden wären. Gibt es zu diesen mehr Wissen? Gibt es abzählbar unendlich viele? Überabzählbar viele? Zu jedem denkbaren Winkel unendlich viele? Gibt es neben dem großen Mandelbrot und neben allen Satelliten (die die davor auf der i=0 Linie sind) noch andere, die perfekt symmetrisch sind? Oder haben all diejenigen die symmetrisch erscheinen eine Verschiebung der Knospen um vll. 0.00..01°?

    Ist die Oberfläche berechenbar?

    Ist es berechenbar ob eine Funktion als Rekursionsvorschrift chaotisches Verhalten aufweist? (z.B. z^2+c oder z3+z2+c oder e^z+c oder oder oder (wow das muss ich alles eines Tages austesten und plotten hihi))


  • Mod

    Dicke Brillengläser schrieb:

    Betrachtet man z.B. die Mandelbrotmenge, so sind alle Punkte auf dem Bildschirm aus der Menge \left \{ a + b \operatorname{i} \mid a, b \in \mathbb{Q} \right \}.
    Logisch, denn der Computer kann nur rationale Zahlen speichern / verarbeiten. Da durch den Schmetterlingseffekt eine winzige Änderung bei der Eingangsgröße riesige Unterschiede bei den Resultaten hervorrufen kann, fragte ich mich, ob wohl die Mandelbrotmenge irrationaler Zahlen gleich aussieht / ob es beweisbare Unterschiede gibt.

    Sie wird gleich aussehen.

    Bei der Gelegenheit (nur bezüglich der Mandelbrotmenge):
    Gibt es für beliebig große nNn \in \mathbb{N} mindestens eine komplexe Zahl, die erst nach nn einen Absolutwert von über 1 hat (und somit definitiv divergiert)?

    Ja, natürlich. Was meinst du, was die verschiedenen Farben in typischen Darstellungen bedeuten?

    Lassen sich solche Positionen berechnen?

    Kommt drauf an, was genau du unter Berechnen verstehst.

    Wenn ein Punkt vollkommen umschlossen ist von divergierenden Punkten, muss er dann selbst auch divergieren?

    Ja.

    Innerhalb der Mandelbrotmenge finden sich Minibrote, gewisse sind schrecklich verzerrt (0.2925755 + 0.0149977i; 10000x für die Nerds hier wie mich 😉 ). Sieht so aus, als wenn die Knospen auf der Kante verschoben worden wären. Gibt es zu diesen mehr Wissen?

    Ja.

    Gibt es abzählbar unendlich viele? Überabzählbar viele? Zu jedem denkbaren Winkel unendlich viele? Gibt es neben dem großen Mandelbrot und neben allen Satelliten (die die davor auf der i=0 Linie sind) noch andere, die perfekt symmetrisch sind? Oder haben all diejenigen die symmetrisch erscheinen eine Verschiebung der Knospen um vll. 0.00..01°?

    Uff. Das sind Fragen, die ich nicht mehr mit Allgemeinwissen beantworten kann.

    Ist die Oberfläche berechenbar?

    Was genau meinst du mit Oberfläche bei einem 2D-Objekt? Die Länge des Randes? Die ist bekannt: Unendlich. Der Flächeninhalt? Möglich, dass er analytisch berechnet werden kann, aber noch niemand weiß wie. Man kann ihn natürlich numerisch schätzen.

    Ist es berechenbar ob eine Funktion als Rekursionsvorschrift chaotisches Verhalten aufweist? (z.B. z^2+c oder z3+z2+c oder e^z+c oder oder oder (wow das muss ich alles eines Tages austesten und plotten hihi))

    Kommt wieder drauf an, was genau du unter berechenbar verstehst. "berechenbar" klingt so nach Rechnen, deine Fragen dazu klingen aber eher nach Mathematik.

    Da du sehr interessiert aber leicht uninformiert scheinst, nehme ich mal an, dass du die Lexikonartikel zur Mandelbrotmenge und zur Chaosforschung (ausnahmsweise sind hier mal die deutschen Artikel besser als die englischen) nicht gelesen hast? Warum nicht? Die beantworten (mindestens) alle Fragen, die ich dir aus dem Kopf beantworten konnte (und bei einigen habe ich sicherheitshalber zur Bestätigung nochmal nachgeguckt). Daher auch das knappe "Ja" auf die Frage, ob über die verzerrten Satelliten mehr bekannt ist (und auf ein paar der anderen). Eine ausführliche Antwort wäre nur ein Abschreiben dieser Artikel und ihrer Quellen und es ist nicht klar, was du überhaupt wissen möchtest (solche Antworten wirst du bei mathematischen Fragen stets bekommen, wenn du unkonkrete Fragen stellst).



  • Dicke Brillengläser schrieb:

    Da durch den Schmetterlingseffekt eine winzige Änderung bei der Eingangsgröße riesige Unterschiede bei den Resultaten hervorrufen kann, fragte ich mich, ob wohl die Mandelbrotmenge irrationaler Zahlen gleich aussieht / ob es beweisbare Unterschiede gibt.

    Die Mandelbrotmenge M ist kompakt, also kann man zumindest für Punkte außerhalb von M sagen, dass sie eine ganze epsilon-Umgebung haben, die disjunkt zu M ist. Zoomt man also an einen rationalen Punkt außerhalb von M, dann kann man sicher sein, dass man irgendwann keine Punkte aus M mehr auf dem Bildschirm hat, auch nicht theoretisch an irrationalen Koordinaten.

    Eine entsprechende Aussage über Punkte in M ist nicht ganz so einfach. Intuitiv liegt es an der Selbstähnlichkeit. Hat man also einen Punkt in M, der anscheinend nicht auf dem Rand liegt, dann ist nicht zu erwarten, dass "plötzlich" irgendwelche Haar-ähnlichen zum Rand gehörigen Strukturen, die den Punkt berühren, auftauchen, da der Rand halt aus lauter kleinen Abbildern von M besteht, die selbst auch eine Ausdehnung haben.

    Bei der Gelegenheit (nur bezüglich der Mandelbrotmenge):
    Gibt es für beliebig große nNn \in \mathbb{N} mindestens eine komplexe Zahl, die erst nach nn einen Absolutwert von über 1 hat (und somit definitiv divergiert)?[/quote

    http://mathworld.wolfram.com/MandelbrotSetLemniscate.html

    Das ist eine Kurvenschar L_n, die für jedes n die Grenze zwischen den Punkten, für die die Iteration n Schritten die Grenze 2 überschreitet, angibt. Da das eine Folge algebraischer Kurven ansteigenden Grades ist, ist klar, dass keine zwei davon gleich sind. Das beantwortet deine Frage, zumindest erstmal in Richtung einer starken Vermutung?

    Wenn ein Punkt vollkommen umschlossen ist von divergierenden Punkten, muss er dann selbst auch divergieren?

    Die Frage ist ein bisschen ungenau, ich nehme an, die Antwort ist ja, da die Mandelbrotmenge zusammenhängend ist.



  • Dicke Brillengläser schrieb:

    Betrachtet man z.B. die Mandelbrotmenge
    [...]
    Logisch, denn der Computer kann nur rationale Zahlen speichern / verarbeiten.
    [...]
    fragte ich mich, ob wohl die Mandelbrotmenge irrationaler Zahlen gleich aussieht / ob es beweisbare Unterschiede gibt.

    was genau meinst Du mit "gleich aussieht"?

    "Gleich aussieht auf einem Bildschirm" ? Wie genau soll die Pixelisierung aussehen ? Schwellwertverfahren ? welche Iterationstiefe ?

    Falls du so etwas mit "gleich aussieht" meinst, wird es dich vielleicht überraschen, daß es Julia-Mengen gibt, die in bezug auf einen Gitter-bezogenen Berechenbarkeitsbegriff nicht berechenbar sind (!) D.h. vereinfacht gesprochen, praktisch nicht systematisch unterscheidbar sind von einer leeren Fläche. Einzelheiten zu zu diesem verblüffenden Ergebnis mit Methoden aus Funktionen-, Berechenbarkeits- und Komplexitätstheorie stehen im Schrifttum von Braverman und Yampolsky.

    Falls du was Anderes mit "gleich aussieht" meinst: Was genau: "Gleiche Eigenschaften" bzgl. Toplogie ? Geometrie ? ... ?



  • Bashar schrieb:

    Dicke Brillengläser schrieb:

    Da durch den Schmetterlingseffekt eine winzige Änderung bei der Eingangsgröße riesige Unterschiede bei den Resultaten hervorrufen kann, fragte ich mich, ob wohl die Mandelbrotmenge irrationaler Zahlen gleich aussieht / ob es beweisbare Unterschiede gibt.

    Die Mandelbrotmenge M ist kompakt

    [...]

    Die Frage ist ein bisschen ungenau, ich nehme an, die Antwort ist ja, da die Mandelbrotmenge zusammenhängend ist.

    Wo wird das bewiesen?


  • Mod

    Kenner des Mandelbrot. schrieb:

    Bashar schrieb:

    Dicke Brillengläser schrieb:

    Da durch den Schmetterlingseffekt eine winzige Änderung bei der Eingangsgröße riesige Unterschiede bei den Resultaten hervorrufen kann, fragte ich mich, ob wohl die Mandelbrotmenge irrationaler Zahlen gleich aussieht / ob es beweisbare Unterschiede gibt.

    Die Mandelbrotmenge M ist kompakt

    [...]

    Die Frage ist ein bisschen ungenau, ich nehme an, die Antwort ist ja, da die Mandelbrotmenge zusammenhängend ist.

    Wo wird das bewiesen?

    Douady und Hubbard, irgendwann in den frühen 1980ern.


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