Hohlraumstrahlung & Ultraviolett Katastrophe
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Es muss nicht im Details hergeleitet sein. Ungefaehr so, dass ich das in 3-5 Minuten an einer Muendlichpruefung erklaeren kann.
*Edit
Es darf also ruhig ziemlich viel Intuition in der Erklaerung haben.
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Für 3-5 min ist Wikipedia perfekt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rayleigh-Jeans-Gesetzwenn es auch 20 min sein darf:
https://de.wikipedia.org/wiki/Plancksches_Strahlungsgesetz
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Ich probier es mal:
Wir wollen das Strahlungsspektrum eines schwarzen Körpers im thermischen Gleichgewichts wissen. Die klassische Herleitung geht so: Wir nehmen ein Modell eines solchen Körpers bei dem wir dieses Spektrum berechnen können. Dieses Modell ist ein (zunächst einmal als würfelförmig angenommener) Hohlraum mit einer gewissen Temperatur innerhalb eines perfekt reflektierenden Materials. Da alles was irgendwie abgestrahlt wird sofort wieder reflektiert wird, stellt sich ein thermisches Gleichgewicht ein. Mit Argumenten aus der Theorie der EM-Strahlung und aus der Thermodynamik können wir das Spektrum innerhalb dieses Hohlraums in Abhängigkeit von der Temperatur berechnen. Diese Rechnung geht so:
Aus der Thermodynamik wissen wir, dass die thermische Energie eines Systems gleichmäßig auf alle seine Freiheitsgrade verteilt ist (eigentlich wussten wir das nur für die Bewegung von Teilchen in idealen Gasen, aber wir nehmen einfach mal an, dass das allgemein für alle Arten von Freiheitsgraden gilt). Die mittlere Energie pro Freiheitsgrad ist k_B T. Die Anzahl der Freiheitsgrade für EM-Strahlung in diesem Hohlraum ist die Anzahl der Arten und Weisen, wie EM-Wellen in diesem Hohlraum schwingen können. Da die Oberfläche perfekt reflektiert, haben wir als Nebenbedingung an die EM-Feldgleichungen, dass das Feld an der Oberfläche verschwindet. Ansonsten würde Energie an die Oberfläche übertragen und wir wären nicht mehr im thermischen Gleichgewicht. Das heißt im Endeffekt, dass wir nur stehende Wellen in diesem Hohlraum haben.Nun zählen wir alle Möglichkeiten, eine stehende Welle einer bestimmten Frequenz in dem Hohlraum zu haben, indem wir die entsprechenden Lösungen der EM-Feldgleichungen betrachten. (Möchtest du mehr wissen, wie man diese Lösungen zählt?) Wir erhalten als Ergebnis, dass für die Anzahl N möglicher Lösungen mit Frequenz zwischen ν und ν + dν (mit dν infinitesimal klein) in einem Holhraum der Kantenlänge a gilt:
N(ν) dν = (2aν/c)² * 2πa/c dν
Mit obiger Annahme über die Verteilung der Energie auf diese stehenden Wellenmodi erhalten wir als Energiedichte (also Energie pro Volumen) u zwischen ν und ν + dν bei einer Temperatur T:
u(ν, T) dν = (N(ν) dν k_B T) / a³
Das Endergebnis für u ist schönerweise unabhängig von dem geometrischen Faktor a:
u(ν, T) = 8 k_B T ν² / c³
Die Annahme eines Würfels mit Kantenlänge a war praktisch für die Herleitung, aber wir können sie auch auf andere Formen übertragen, indem wir sie uns vorstellen, dass der anders geformte Hohlraum über eine dünne Verbindungsleitung mit einem Würfel verbunden ist: Beide sind miteinander im Gleichgewicht, aber unser Ergebnis für den Würfel gilt noch immer.Und nun sehen wir das große Problem: Die Energiedichte wird immer größer mit steigender Frequenz! Quadratisch nimmt sie zu. Und da die Frequenz nach oben hin unbegrenzt ist, divergiert die Gesamtenergie wie verrückt.
Und was der Herr Planck getan hat, erkläre ich jetzt nicht weiter, ich brauche ein paar Stunden Pause. Und vielleicht etwas Feedback, ob dies das passende Niveau war.
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SeppJ vernachlässigt der Vereinfachung halber folgende Effekte;
https://de.wikipedia.org/wiki/Interferenz_(Physik)
https://de.wikipedia.org/wiki/WärmedurchgangskoeffizientDas ist ein theoretisches Modell aus 1900.
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SeppJ schrieb:
Die mittlere Energie pro Freiheitsgrad ist k_B T. Die Anzahl der Freiheitsgrade für EM-Strahlung in diesem Hohlraum ist die Anzahl der Arten und Weisen, wie EM-Wellen in diesem Hohlraum schwingen können.
Hm... ich war noch nie wirklich mit einer der Herleitungen von Rayleigh-Jeans zufrieden. Meine (dem TE sicher eher weniger interessierenden) Probleme fangen schon bei diesem Äquipartitionstheorem an. Rigoros zieht das Argument mit dem mittleren pro Freiheitsgrad doch nur, wenn der Freiheitsgrad quadratisch in die Hamiltonfunktion des Systems eingeht. Und dann auch noch mit einem Faktor 1/2. Ich habe noch nie einen klassischen Hamiltonian für dieses Problem gesehen. Der müsste rein auf em. Feldenergie beruhen.
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@SeppJ: Vielen Dank fuer die ausfuehrliche Erklaerung. Du hast das Niveau ziemlich gut getroffen Ich denke ich habe das Problem nun besser verstanden.
Falls du noch Zeit hast die Idee von Planck zu erklaeren, dann waere das natuerlich super. Ich kann als Start mal angeben, wie ich das ungefaer (wahrscheinlich falsch )verstanden habe. Vielleicht ist es dann etwas einfacher zu antworten.
Planck hat das Problem wie folgt geloest: Die grundlegende Idee ist die Annahme, dass die Energie gequantelt ist. Somit kann sich die (endliche) Energie natuerlich nicht mehr gleichmaessig auf alle Freiheitsgrade verteilen, da es unendlich viele Freiheitsgrade gibt. Es wird also nicht in allen Frequenzbereichen Energie abgestrahlt, wodurch wir das Problem nicht mehr haben, dass "unendlich viel Energie" abgestrahlt wird. Aus dieser Annahmen konnte er dann die korrekte Formel herleiten.
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Jodocus schrieb:
SeppJ schrieb:
Die mittlere Energie pro Freiheitsgrad ist k_B T. Die Anzahl der Freiheitsgrade für EM-Strahlung in diesem Hohlraum ist die Anzahl der Arten und Weisen, wie EM-Wellen in diesem Hohlraum schwingen können.
Hm... ich war noch nie wirklich mit einer der Herleitungen von Rayleigh-Jeans zufrieden.
Ich ebenfalls nicht. Das Äquipartitionstheorem auf dieses System anzuwenden gleicht einem Axiom (wobei der Erfolg bei kleinen Frequenzen gibt ihnen jedoch Recht gibt). Aber so ist nun einmal die historische Herleitung. Beziehungsweise nicht Herleitung, sondern Argumentation. Sie mussten nach den ersten Versuchen ja auch noch ein paar Vorfaktoren aus dem Hut zaubern, weil es nicht so ganz gepasst hat.
Es gibt auch andere Arten der Herleitung, die vermeintlich intuitiver sind, aber ich bin nicht vertraut genug mit diesen, um diese hier wieder zu geben.
Den Planck kann ich später oder morgen mal versuchen. Man muss auch unterscheiden zwischen der historischen Entwicklung (soweit ich weiß hat er eher zufällig an den Formeln herum gebastelt bis es gepasst hat) und der nachträglichen Erklärung, die er und andere sich dann später dazu ausgedacht haben, um diese Formeln zu erklären.
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SeppJ schrieb:
Jodocus schrieb:
SeppJ schrieb:
Die mittlere Energie pro Freiheitsgrad ist k_B T. Die Anzahl der Freiheitsgrade für EM-Strahlung in diesem Hohlraum ist die Anzahl der Arten und Weisen, wie EM-Wellen in diesem Hohlraum schwingen können.
Hm... ich war noch nie wirklich mit einer der Herleitungen von Rayleigh-Jeans zufrieden.
Ich ebenfalls nicht.
Dann bin ich beruhigt. Ich habe immer so das Gefühl, dass die (klassische) Physik an dieser Stelle ziemlich dreckig ist.
SeppJ schrieb:
Den Planck kann ich später oder morgen mal versuchen. Man muss auch unterscheiden zwischen der historischen Entwicklung (soweit ich weiß hat er eher zufällig an den Formeln herum gebastelt bis es gepasst hat) und der nachträglichen Erklärung, die er und andere sich dann später dazu ausgedacht haben, um diese Formeln zu erklären.
Gemäß Planck's Paper hat er wohl die mikrokanonische Zustandssumme für N harmonische Quanten-Oszillatoren ausgerechnet.
Ich habe mir das Paper zu meiner Schande bis heute noch nie angesehen, aber wenn ich es so betrachte, dann war im Grunde doch Boltzmann der Revolutionär der Quantenphysik und nicht Planck, der Boltzmann's Rechnung zur statistischen Definition von Temperatur und Entropie nur auf den Hohlraumstrahler angewandt hat. Hätte Boltzmann dem kleinsten Phasenraumvolumen einen anderen Namen als "Messunsicherheit" gegeben, hätte er wohl die Lohrbeeren geernet. Aber es war eben Planck, der sowohl die Konstanten h als auch k_B einführte.
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Wie sagt man so schön: Wir stehen alle auf den Schultern von Riesen.
Manchmal ist die Zeit eben reif für einen Durchbruch, weil genügend Leute genügend Puzzleteile zusammen gelegt haben. Aber in unserem Personenkult erinnert man sich am besten an den, der das letzte Teil eingesetzt und "fertig" gerufen hat. So kann man praktisch alle Entdeckungen der Moderne beschreiben (und vermutlich auch des Altertums, aber wir wissen zu wenig darüber). Den genialen Forscher der alleine in seiner Kammer etwas vollständig Neues entdeckt gibt es nur in extremen Ausnahmefällen.