Zinn und seine Farbe
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Hi,
Eine kurze Frage an die Physiker:
Wenn Zinn auf unter 13,2°C abgekühlt wird, wandelt sich das Gitter um (β-Zinn => α-Zinn) und das Zinn verändert seine Farbe (silber => grauschwarz).
Wie kommt es zur Änderung der Farbe ?
Vielen Dank und viele Grüße,
Maik
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Wie genau willst du es wissen? Die Farbe der meisten Festkörper ist eine direkte Folge ihrer elektrischen Eigenschaften. Bei Nichtleitern spielen dabei die Eigenschaften der einzelnen Atome/Moleküle die entscheidende Rolle. Das Aussehen von Metallen wird hingegen davon dominiert, dass Metalle elektrisch leitend sind. Das ist auch der Grund, warum Metalle glänzen und insgesamt alle irgendwie ähnlich, 'metallisch' aussehen. Die genauen Eigenschaften der elektrischen Leitung sind eine Eigenschaft des kristallinen Aufbaus des Körpers, denn an der Leitung sind alle Atome gemeinsam beteiligt. Und dieser Aufbau ändert sich hier.
War das zu simpel als Erklärung, weil du studierter Festkörperphysiker bist? Zu schwer, weil du ein interessierter Schüler bist? Zu wenige detailliert, weil du die genauen elektrischen Bandstrukturen erklärt haben wolltest? Ich kann aus deiner Frage leider nicht einschätzen, welche Art von Antwort du suchst.
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Danke für die Antwort
Ich bin weder Schüler noch Festkörperphysiker sondern habe bald mein Diplom in Maschinenbau in der Tasche Grundkenntnisse in Werkstofftechnik sind also vorhanden... Und ich will es so genau wie möglich wissen.
Wenn sich die Farbe ändert muss das Licht ja in einer anderen Wellenlänge abgestrahlt werden. Nur ich verstehe nicht, warum das nach der Neuanordnung der Atome im anderen Gittertyp passiert. Die Atome an sich sind ja die gleichen. Nur ihre Anordnung im Gitter ändert sich...
Habe ich es richtig verstanden dass die Transmission (und Transparenz) von Metallen schlecht ist weil die Photonen nicht das Elektronengas durchdringen können ? Hat die Frequenz der Strahlung(=> Energie... W = h*f) auch einen Einfluss ? Gammastrahlung müsste doch Metalle durchdingen können... (außer Blei ?)
Daaaaaanke
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Maik123456789 schrieb:
Wenn sich die Farbe ändert muss das Licht ja in einer anderen Wellenlänge abgestrahlt werden.
Soweit ich weiss ergeben sich die Farben der meisten nicht transparenten Stoffe dadurch dass Licht bestimmter Wellenlängen absorbiert wird -- und der Rest quasi unverändert reflektiert.
Maik123456789 schrieb:
Nur ich verstehe nicht, warum das nach der Neuanordnung der Atome im anderen Gittertyp passiert. Die Atome an sich sind ja die gleichen. Nur ihre Anordnung im Gitter ändert sich...
Ich würde mal ganz naiv vermuten dass sich dadurch die Quantensprünge (-> Elektronischer Übergang) die die Atome machen können ändern. Und damit auch die Wellenlänge der Photonen welche sie absorbieren können.
Bin aber kein Physiker, demzufolge bitte nicht einfach blind glauben
Aber kannst ja selbst lesen
https://de.wikipedia.org/wiki/Elektronischer_Übergang
https://de.wikipedia.org/wiki/Entstehung_von_Farben
https://de.wikipedia.org/wiki/Farbstoff#Chemisch-physikalische_Grundlagen
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Ist auch nicht wirklich richtig.
Verzinne ein Stück Blech und schaue welche Farbe das hat, sie ist dunkler. Mache das Blech warm und bringe das Zinn zum verlaufen (Aufschmelzen) dann wird die Oberfläche heller. Das Farbempfinden reicht hier von (fast) dunkelgrau bis hellglänzend. Der innere Aufbau hat nichts mit der Oberfläche zu tun die für die Farbe zuständig ist.
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Bei Metallen werden so ziemlich alle Wellenlängen perfekt reflektiert, deswegen spiegeln sie und sehen silbrig aus. Das liegt da dran, dass bei den von hustbaer erwähnten Quantenzuständen nicht nur einzelne Stufen, sondern gleich ganze Bereiche gültig sind. Meistens der gesamte optische Bereich, aber nicht unbedingt immer. Bei manchen, wie Kupfer, reicht es beispielsweise nicht ganz zu den Energien von blauem Licht, daher erscheinen sie rot-gelblich.
Das ist auch die Ursache, wieso Metalle so gute Leiter sind: Die Elektronen können in diesen Bereichen frei angeregt werden und somit ziemlich beliebige Bewegungen durchführen. Oder wenn man es umgekehrt sehen möchte: Aufgrund der Eigenschaften der Metallbindung, können sich die Bindungselektronen praktisch frei zwischen den Atomen bewegen, was gleichbedeutend damit ist, dass breite Energiebänder anregbar sind.
Die genaue Breite und Position dieser Anregungsbänder hängt also von der Bindung der Atome ab. Und die Details dieser Bindung hängt natürlich auch von solchen Dingen wie dem Abstand der Atome zueinander ab. Was eine Funktion der Kristallstruktur ist. Ändert sich die Kristallstruktur, können sich daher auch die erlaubten Energiebänder ändern, und somit die Farbe.
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Für Metalle kann man grob sagen, dass die Farbe durch die Lage der Plasmafrequenz(en) bestimmt wird. Das kannst du dir ganz gut und semi-klassisch aus dem Lorentz-Drude-Modell ableiten. Das Ergebnis ist, dass diese Frequenz entscheidend von der freien Elektronendichte abhängt, die wiederum aus dem Bändermodell mithilfe der Zustandsdichte bestimmt werden kann. Die entsprechende Bandstruktur erhälst du, wenn du die Schrödingergleichung in einer der Näherungen löst (natürlich nur numerisch!), wobei die Form des Gitters, also Abstände etc. in den Potential-Teil des Hamiltonoperators eingeht.
Aber ganz so intuitiv wie SeppJ's Erklärung würde ich mir das Ganze lieber nicht machen, denn was da alles abgeht ist im Großen und Ganzen doch ziemlich krank. Insbesondere bei Zinn wird der Ansatz von oben entweder scheitern oder nur zufällig klappen, weil Alpha-Zinn gar kein Metall ist und damit das Bändermodell nicht mehr herangezogen werden kann.
Und auch die Sache mit dem Gold finde ich eher schwierig. Hier ist ein Bild der Bandstruktur von Gold mit dem entscheidenden Übergang 5d-6s. Hier ein etwas herausgezoomtes Bild davon. Egal wohin ich schaue, du kannst Elektronen auf jede beliebige Energie heben, es gibt immer irgendwo ein Band, obwohl bei Gold bei einer Wellenlänge ab blau Schluss sein sollte. Ich erinnere mich, dass die Farbe von Gold ein Effekt der relativistischen Quantenchemie ist, weil dort der einzelne Niveauabstand eines Goldatoms zwischen 5d und 6s gesenkt wird. Inwieweit sich das aber auf die Bandstruktur auswirkt bzw. ob die Farbe von Gold überhaupt mit der Bandstruktur erklärt werden kann, wage ich mal zu bezweifeln.
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Jodocus schrieb:
Hier ist ein Bild der Bandstruktur von Gold mit dem entscheidenden Übergang 5d-6s. Hier ein etwas herausgezoomtes Bild davon. Egal wohin ich schaue, du kannst Elektronen auf jede beliebige Energie heben, es gibt immer irgendwo ein Band, obwohl bei Gold bei einer Wellenlänge ab blau Schluss sein sollte. Ich erinnere mich, dass die Farbe von Gold ein Effekt der relativistischen Quantenchemie ist, weil dort der einzelne Niveauabstand eines Goldatoms zwischen 5d und 6s gesenkt wird. Inwieweit sich das aber auf die Bandstruktur auswirkt bzw. ob die Farbe von Gold überhaupt mit der Bandstruktur erklärt werden kann, wage ich mal zu bezweifeln.
Bandstruktur != Bandstruktur.
Die erste Bandstruktur, die Du verlinkt hast, ist auf Basis von Dichtefunktionaltheorie (DFT) berechnet worden. In dem Zusammenhang haben Bandstrukturen mehr eine qualitative Bedeutung. Quantitativ kann man ihnen da nicht wirklich trauen. Manchmal werden mit DFT sogar Isolatoren als Metalle vorhergesagt. Der Punkt ist, dass die DFT Bandstrukturen eigentlich Bandstrukturen eines Hilfssystems sind, dessen elektronische Energieniveaus keinen so direkten Bezug zum eigentlich untersuchten System haben. DFT ist eine sehr gute Methode, um viele Eigenschaften von Materialien zu simulieren, aber die Bandstruktur ist nicht unbedingt die Paradedisziplin von diesem Ansatz.
Die zweite Bandstruktur ist eine Bandstruktur. Hier wird auf Basis einer DFT Rechnung Vielteilchenstörungstheorie betrieben. Allerdings liefert kein in sich konsistentes Ergebnis. Trotzdem ist es vom Ansatz her schon eine erhebliche Verbesserung gegenüber DFT. Ein verlässlicheres Bild würden selbstkonsistente GW Rechnungen liefern. Hier hättest Du auch einen direkteren Zusammenhang zwischen der berechneten Bandstruktur und der Bandstruktur des physikalischen Systems. Für die Frage der Farbe bräuchtest Du aber wohl die Dielektrische Funktion. Die gibt es bei GW Rechnungen gratis dazu.
Die Bandstrukturen, die Du verlinkt hast, scheinen eine skalar-relativistische Näherung anzunehmen. Das heißt, die Frage der Farbe von Gold kann dadurch nicht geklärt werden. Hier wird die Spinbahnkopplung relevant: Genau der relativistische Effekt, der in der skalar-relativistischen Näherung ausgeklammert wird. Würde man eine Bandstruktur mit Spinbahnwechselwirkung berechnen, dann würde man den Effekt auf das 5d Band im Vergleich zu den hier vorhandenen Bandstrukturen sehen. Auch in der DFT Bandstruktur. Qualitativ könntest Du dadurch beantworten, warum Gold golden ist und nicht so silber wie Silber.
Und natürlich ist GW eine Näherung. Es gibt bestimmte Effekte, die hier nicht enthalten sind. Bei Bandlücken könnten zum Beispiel exzitonische Effekte eine Rolle spielen: Die sind in GW nicht drin. Aber da geht es nur um Energien von einigen 10meV. Ich glaube, so eine hohe Genauigkeit braucht man nicht für Farbbetrachtungen. Im Allgemeinen ist die GW Näherung zur Vielteilchenstörungstheorie ein sehr guter Ansatz, um die optischen Eigenschaften von kristallinen Materialien vorherzusagen. Anhand der Bandstruktur kann man einige optische Eigenschaften ablesen, für andere ist die Betrachtung der Dielektrischen Funktion sicherlich intuitiver.