Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Jockelx sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Daher werden sie niemals irgendetwas akzeptieren können, was weniger als dies ist, außer sie werden militärisch gezwungen

    Und wie sieht das Zwingen aus? Nato rein? Ist vermutlich eh nur noch ein sehr kleiner Schritt. Die Leos kriegen die Ukrainer vielleicht noch gewartet, aber spätestens wenn die nächste Forderung nach F-35 oder U-Booten erfüllt wird, frage ich mich, ob man dann nicht auch Personal mitschicken muss.
    Und dass das kommt, ist hoffentlich klar. Panzer waren vor einem halben Jahr auch noch völlig undenkbar und werden auf gar keinen Fall geliefert.
    Also die Frage ist schon ernst gemeint: Nato rein, wenn zwingen anders nicht funktioniert?

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort. Wird aber nicht passieren, wissen die Russen auch, weiß die Ukraine sicherlich auch. Daher machen auch beide weiter in der Situation, wie sie jetzt ist.

    Die Russen haben vor Beginn des Konflikts klar gemacht, dass sie den von ihnen als solchen wahrgenommenen Ausbau der Ukraine zu einem "NATO-Frontstaat" als existentielle Bedrohung auffassen. Bereits nach dem NATO-Gipfel in Bukarest 2008 haben sie die in der Abschlusserklärung aufgenommenen Plan zuf Aufnahme Georgiens und der Ukraine in bilateralen Gesprächen als Rote Linie bezeichnet. Man sollte vielleicht herausstellen, dass die Russen sehr geschichtsbewusst sind und vor allem deshalb so paranoid auf die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine reagieren, weil diese in der Vergangenheit wiederholt Aufmarschgebiet für Kriege gegen Russland war, die tatsächlich existenzbedrohend waren. Das nur als Kontext um zu verstehen, worauf die Russen jenseits aller Rhethorik und Propaganda möglicherweise wirklich hinauswollen.

    Falls es sich dabei nicht nur um einen vorgeschobenen Grund handelt - ich halte das allerdings für eine plausible Erklärung der russischen Motivation - würde ich mitnichten davon ausgehen, dass der Krieg bei einem offiziellen NATO-Einsatz "sofort zuende" wäre. Wenn sie das tatsächlich als existentielle Bedrohung auffassen, würde das definitiv in einen 3. Weltkrieg eskalieren. Wollten die nur "Kriegsbeute" machen, dann würde ich auch vermuten, dass sie sich zurückziehen, wenn der Druck zu gross wird - wenn es aber (ob nun berechtigt oder ein Hirngespinst) um das eigene Überleben geht, dann wird das bis zum bitteren Ende durchgezogen. Völlig ohne jede Grundlage sind solche russischen Befürchtungen nicht - in internationalen Beziehungen gibt es den Begriff des Sicherheitsdilemmas - es muss nicht einmal die Absicht bestehen, ein Land anzugreifen, es reicht mitunter nur die eigenen Sicherheitsstrukturen auszubauen um vom anderen Land als Bedrohung wahrgenommen zu werden. Und auch die teils recht freimütigen Papers, die immer wieder von diversen US-Thinktanks mit Einfluss auf die US-Politik veröffentlicht werden, sind sicher nicht immer geeignet, diese Ängste zu zerstreuen ("ballistic missile defense is not simply a shield but an enabler of U.S. action", RAND Corporation 2009, "Planning a Ballistic Missile Defense System of Systems").

    Die Sache mit dem "existenzbedrohend" scheint hier im Westen bei vielen Kommentatoren nicht angekommen zu sein oder bewusst ignoriert zu werden, was ich für sehr gefährlich halte, da es ein wichtiger Hinweis darauf ist, wie weit die Russen bereit sind zu eskalieren. Ich halte übbrigens schon die Tatsache, dass die Russen überhaupt in die Ukraine reingegangen sind, für ein Indiz dafür, wie ernst sie das meinen. Immerhin haben sie sich 8 Jahre lang an den Versuchen, den Krieg diplomatisch beizulegen, beteiligt.

    1. Der Westen fängt mal an zu Klotzen statt zu Kleckern und sagt, dass sie die Ukraine voll und ganz unterstützen. Blankocheck für alle Ausgaben, richtig viel Gerät statt nur symbolischer Kleinmengen, Waffen für Gegenoffensiven. Könnte man sich ganz locker leisten, wenn man endlich mal akzeptieren würde, dass man hier einen Stellvertreterkrieg führt und entsprechende Militärausgaben macht. Russland kann nicht auf dem wirtschaftlichen Niveau des Westens mitspielen (außer China/Indien hilft ihnen gleichermaßen, was nie passieren wird) und hätte nur noch die Wahl, sich sofort zurück zu ziehen, oder erst seine Armee zu verlieren, bevor sie gezwungen werden. Das heißt, es wäre für Russland günstiger, schnell einen Kompromiss zu suchen, anstatt so lange weiter zu machen, bis sie alles verloren haben. Machen sie dann wahrscheinlich auch, spätestens wenn klar wird, dass es sich nicht um leere Hilfsangebote handel. Wenn aus irgendwelchen irrationalen Gründen nicht, dann gewinnt die so unterstützte Ukraine in 1-2Jahren einfach.

    Ich bin nicht sicher ob das nur eine Frage der "Militärausgaben" ist, oder ob nicht mittlerweile militärisch-industrielle Produktionskapazitäten ausschlaggebend sind ("We’ve essentially used up 13 years’ worth of Stinger production and five years’ worth of Javelin production.", Raytheon CEO Greg Hayes im Dezember 2022, "Ukraine is burning through ammunition faster than the US and NATO can produce it"). Das ist ein massiv artillerielastiger Krieg, wie es ihn in der Form wahrscheinlich seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr gegeben hat und entgegen der seit April des letzten Jahres alle paar Monate hervorgekramten Meldungen, dass den Russen die Munition ausginge, scheinen die immer noch was zum schiessen zu haben.

    Es ist also durchaus fraglich, ob wir bei dieser Art der Kriegsführung überhaupt in der Lage wären, genügend Material zu produzieren. Zumal gerade einfache Artilleriegeschosse - wie ich in einer Diskussion zu dem Thema letzlich hörte - nicht gerade eine besonders hohe Gewinnspanne haben und sich unsere westliche Militärindustrie bevorzugt auf teure und gewinnbringende Hightech-Waffen konzentriert, anstatt in Friedenszeiten ungenutzte Produktionskapazitäten für diese "Massenware" vorzuhalten. Es ist also durchaus möglich, dass uns die Russen in dieser, in der Ukraine wichtigen Kategore voraus sind.

    Aber dann wurde im Herbst dieses Kriegsziel in der Propaganda geändert, um die internen Maßnahmen zu rechtfertigen. Es ist keine Intervention in der Ukraine mehr, stattdessen wurden neue Grenzen Russlands definiert, die es nun zu verteidigen gilt. Das lässt keinen Spielraum mehr, irgendein Ergebnis, das weniger als diese Grenzen ist, zu verkaufen. Das läuft da jeden Tag im Fernsehen mit klaren Linien auf einer Karte, die jeder angucken kann, und wo man hinterher nachmessen könnte, ob das auch wirklich eingetreten ist. Wenn das nicht eintritt, ist das eine große Niederlage, die Nation blamiert, der Thron wackelt und fällt womöglich.

    Das ist irgendwie ein politischer Fehltritt Putins, den ich nicht ganz verstehe. Alles andere kann man ja noch auf schlechte interne Information und Fehleinschätzungen zurückführen, aber das mit den klaren, neuen Grenzen Russlands ist halt politikhandwerklich ein schlechter Zug gewesen. Ich habe oben zwar über den Eiertanz westlicher Politiker gelästert, aber es gibt ja einen Grund, warum Politiker so drauf sind: Man darf nie messbare Ziele festlegen, außer man ist sich absolut sicher, dass man sie erreichen wird (Ist Putin das hier? Vielleicht). Sonst bekommt man Fragen gestellt, warum man keinen Erfolg hatte und ob nicht jemand anderes ein besserer Anführer wäre. Man sagt nicht "Ich werde die Arbeitslosenquote in 4 Jahren auf unter 2% bringen, oder ich nehme meinen Hut". Man sagt vages Zeug wie "Ich werde mich während meiner Amtszeit bemühen, dass jeder in diesem Land arbeiten kann, der arbeiten will". Man kann ja vieles von Putin sagen, aber ich denke, kaum jemand würde sagen, dass er das Politikhandwerk nicht verstünde. Daher ein ziemlich verwunderlicher Zug, noch dazu bei so einem ernsten Thema.

    Ich denke das ist durchaus konsistent mit der "existentiellen Bedrohung" die ich eingangs erwähnt habe zusammen mit deinem "Ja, auch in Russland gelten Gesetze" und "strategisch-realpolitische" Denkweise aus vorherigen Beiträgen. Mit der Aufnahme der Gebiete in die Russische Föderation hat man nicht nur militärisch den Fuß in der Tür, sondern auch rechtlich an der Heimatfront. Die Gebiete können nun nicht mehr so einfach aufgegeben werden, russiche Regierungen sind damit durch die Verfassung verpflichtet, diese zu verteidigen. Auch nach einem "Regierungswechsel" in Moskau ohne vorherige Verfassungsänderung. Gleichzeitig beinhalten diese Gebiete die industriellen Filetstücke der Ukraine, wodurch diese für die NATO uninteressant wird oder zumindest für sich genommen keine Bedrohung mehr darstellt - jedenfalls nicht mehr als es die NATO bereits vorher schon war.

    Nur zur Klarstellung, da mir Beiträge dieser Art in der aktuellen Hysterie anderswo schon Accountsperren eingebracht haben:

    Ich sehe diese Handlungen alle als Teil des großen geopolitischen Schachspiels und bemühe mich auch, auf dieser Ebene zu argumentieren und Äquidistanz zu den Konfliktparteien zu wahren. Die haben alle gewaltig Dreck am Stecken und wenn man sich hier kritiklos oder gar jubelnd auf die eine oder andere Seite schlägt, macht man sich nur manipulierbar - und dafür empfänglich zu sein hat noch nie zu etwas Gutem geführt. Ich hoffe inständig, dass es die Menschheit irgendwann mal schafft diesen ganzen Bullshit hinter sich zu lassen und sich sinnvolleren Sachen zu widmen. Bei den ganzen Ressourcen, die wir bisher in Kriege gesteckt haben hätten wir schon locker flocking unser gesamtes Sonnensystem besiedeln können 😞



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort. Wird aber nicht passieren, wissen die Russen auch, weiß die Ukraine sicherlich auch.

    Warum? Weil die NATO sofort gewinnt, oder weil es sofort zu einem Atomkrieg führen würde? Ich glaube eher nicht, dass Russland die Situation zu einem Atomkrieg eskallieren lassen würde. Kann man natürlich nie wissen, aber ich kann mir eher dein zweites Szenario vorstellen.



  • @Finnegan sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Falls es sich dabei nicht nur um einen vorgeschobenen Grund handelt - ich halte das allerdings für eine plausible Erklärung der russischen Motivation - würde ich mitnichten davon ausgehen, dass der Krieg bei einem offiziellen NATO-Einsatz "sofort zuende" wäre.

    Ich halte diesen "Grund" für völlig absurden Unsinn.
    Sollte die NATO tatsächlich Russland angreifen wollen (was an sich schon absurd wäre), spielt es technisch absolut keine Rolle, ob sie in der Ukraine drin wären oder nicht.



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort.

    Dann haben wir instantan der globalen thermonuklearen Krieg!

    Russland ist in die Ukraine einmarschiert, weil sie der Meinung sind, dass ihre Interessen nicht ernst genommen werden, und nicht länger gewillt sind die Aggression des Westens zu fressen. Es ist angesichts der russischen Nukleararsenals vollkommen unwichtig, ob Russland zu recht oder zu unrecht diese Empfindung hat, es ist nur wichtig, dass sie so empfinden. Wer nun meint, man könne Russland in einer Art Chicken Game aus der Ukraine treiben, verkennt die Eskalationsgefahr hin zu einem nuklearen Krieg. Russland hat es selbst in der Hand nuklear zu eskalieren, und das macht die Sache so gefährlich. Simple Frage glaubt hier irgend jemand, dass ein alter KGBler lieber als gefürchteter Massenmörder in die Geschichte eingehen will oder als verlachter Hanswurst?



  • @Mechanics sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Finnegan sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Falls es sich dabei nicht nur um einen vorgeschobenen Grund handelt - ich halte das allerdings für eine plausible Erklärung der russischen Motivation - würde ich mitnichten davon ausgehen, dass der Krieg bei einem offiziellen NATO-Einsatz "sofort zuende" wäre.

    Ich halte diesen "Grund" für völlig absurden Unsinn.
    Sollte die NATO tatsächlich Russland angreifen wollen (was an sich schon absurd wäre), spielt es technisch absolut keine Rolle, ob sie in der Ukraine drin wären oder nicht.

    Mit einer auf nukleare Mittelstreckenraketen umbestückten "Raketenabwehr gegen iranische Angriffe" (wie man sie es seinerzeit z.B. in Polen verkaufte) würde sich die Vorwarnzeit halbieren (Druschba-Moskau ~480km vs. Białystok-Moskau 980km). Alternativ auch als Aufmarschgebiet für einen konventionellen Angriff in direkter Nachbarschaft des russichen Kern(flach)landes. "Absolut keine Rolle" würde ich das nicht nennen. Man kann sogar argumentieren, dass eine Nicht-NATO-Mitgliedschaft der Ukraine unser aller Sicherheit dient, da den Russen mehr Zeit bleibt zu prüfen, ob eventuell ein Fehlalarm vorliegt. Ich verweise dabei auch nochmal auf das Sicherheitsdilemma. Es muss keine konkreten Angriffspläne geben, damit sich ein anderer Staat bedroht fühlt. Dafür kann bereits der Ausbau der eigenen Verteidigung ausreichen.

    Auch finden sich immer wieder Spinner, die tatsächlich glauben, dass sie so einen Krieg gewinnen könnten. Niemand kann garantieren, dass die nicht irgendwann das Sagen haben werden und wenn es erst in 30 Jahren ist - oder dass irgendwo bereits Kräfte gibt, die verdeckt daran arbeiten. Auf dieser Basis (generelles Misstrauen) werden auf geopolitischer Ebene Entscheidungen getroffen - das ist nämlich ein anarchisches System, wo es keine höhere Instanz gibt, bei der man sich hinterher beschweren kann.


  • Mod

    @Mechanics sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort. Wird aber nicht passieren, wissen die Russen auch, weiß die Ukraine sicherlich auch.

    Warum? Weil die NATO sofort gewinnt, oder weil es sofort zu einem Atomkrieg führen würde? Ich glaube eher nicht, dass Russland die Situation zu einem Atomkrieg eskallieren lassen würde. Kann man natürlich nie wissen, aber ich kann mir eher dein zweites Szenario vorstellen.

    Weil die NATO einen konventionellen Krieg sofort gewinnen würde, von dem was man bisher so gesehen hat. Also nicht gewinnen im Sinne von Moskau erobern, sondern gewinnen im Sinne von das Russland sich zurück ziehen muss, weil sie nicht gewinnen können, wenn jedes Fahrzeug größer als ein Fahrrad, das sie in der Ukraine haben, sofort zerstört wird.

    Und Nein, natürlich werden da keine Atomwaffen ausgepackt. Ein Verlust der Ukraine ist nicht existenzbedrohend für Russland und war es auch nie (Ein Atomkrieg wäre hingegen sofort existenzbeendend). Das sind doch offensichtlich vorgeschobene Gründe. Was braucht Russland eine Pufferzone gegen die NATO? Weil die NATO so berühmt ist für ihre riesigen Panzerarmeen, verstärkt von Millionen wehrpflichtiger Soldaten, die sich nur im weitläufigen Gelände (von dem Kleinstaat Russland bekanntermaßen so wenig hat) aufhalten lassen? (Und selbst wenn, wäre das kein Grund, der Ukraine das Existenzrecht abzusprechen)


  • Mod

    @Jockelx sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Aber wenn die volle westliche Wertegemeinschaft dahinter stünde, dann könnte das als ein akzeptabler Grund für einen Kompromiss oder gar kompletten Rückzug propagandiert werden: "Unsere Truppen haben tapfer gekämpft und hätten auch gewonnen, aber die ganze NATO war gegen uns, daher mussten wir uns dann doch mit weniger als dem Sieg abfinden!" Derzeit hat er diese Propagandaoption nicht wirklich, denn er kann nicht sagen, dass Russland verloren hätte, weil die Ukraine eine paar zehn Panzer bekommen hat.

    Schau dir mal russische Propaganda an! Danach sind die schon längst mit der Nato im Krieg!

    Um so besser, dann ist ja schon alles vorbereitet von Seite der Propaganda her! Es muss die NATO mit den Waffenlieferungen nur noch ernst machen mit dem was Russland über sie behauptet, anstatt der Ukraine nur gerade so genug zum Überleben zu liefern. Dann kann Russland hinterher sogar stolz erzählen, wie lange sie alleine gegen die ganze Welt durchgehalten haben!



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Mechanics sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort. Wird aber nicht passieren, wissen die Russen auch, weiß die Ukraine sicherlich auch.

    Warum? Weil die NATO sofort gewinnt, oder weil es sofort zu einem Atomkrieg führen würde? Ich glaube eher nicht, dass Russland die Situation zu einem Atomkrieg eskallieren lassen würde. Kann man natürlich nie wissen, aber ich kann mir eher dein zweites Szenario vorstellen.

    Weil die NATO einen konventionellen Krieg sofort gewinnen würde, von dem was man bisher so gesehen hat. Also nicht gewinnen im Sinne von Moskau erobern, sondern gewinnen im Sinne von das Russland sich zurück ziehen muss, weil sie nicht gewinnen können, wenn jedes Fahrzeug größer als ein Fahrrad, das sie in der Ukraine haben, sofort zerstört wird.

    Woran machst du das fest, dass du dir da so sicher bist? Mit welchen Mitteln würde das geschehen? Die Ukraine wurde in den 8 Jahren Krieg seit dem Maidan-Umsturz vom Westen ziemlich hochgerüstet und hatte zuletzt eine Armee von an die 400k Mann. Dennoch scheinen die Russen noch ziemlich viel Material dort stehen zu haben, obwohl man sich durch "5 Jahresproduktionen Javelins" gebrannt hat. Das ist für mich kein so klarer Fall, als dass ich das derart unhinterfragt als gegeben annehmen würde.


  • Mod

    @Finnegan sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Mechanics sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort. Wird aber nicht passieren, wissen die Russen auch, weiß die Ukraine sicherlich auch.

    Warum? Weil die NATO sofort gewinnt, oder weil es sofort zu einem Atomkrieg führen würde? Ich glaube eher nicht, dass Russland die Situation zu einem Atomkrieg eskallieren lassen würde. Kann man natürlich nie wissen, aber ich kann mir eher dein zweites Szenario vorstellen.

    Weil die NATO einen konventionellen Krieg sofort gewinnen würde, von dem was man bisher so gesehen hat. Also nicht gewinnen im Sinne von Moskau erobern, sondern gewinnen im Sinne von das Russland sich zurück ziehen muss, weil sie nicht gewinnen können, wenn jedes Fahrzeug größer als ein Fahrrad, das sie in der Ukraine haben, sofort zerstört wird.

    Woran machst du das fest, dass du dir da so sicher bist? Mit welchen Mitteln würde das geschehen? Die Ukraine wurde in den 8 Jahren Krieg seit dem Maidan-Umsturz vom Westen ziemlich hochgerüstet und hatte zuletzt eine Armee von an die 400k Mann. Dennoch scheinen die Russen noch ziemlich viel Material dort stehen zu haben, obwohl man sich durch "5 Jahresproduktionen Javelins" gebrannt hat. Das ist für mich kein so klarer Fall, als dass ich das derart unhinterfragt als gegeben annehmen würde.

    Die NATO kämpft ganz anders und mit anderen Mitteln, als man der Ukraine gegeben hat. Die NATO setzt auf absolute Lufthoheit, mit der sie dann alles, was irgendwie von Wert ist, mit Präzisionswaffen zerstören. So wie es aussieht, kann Russland dieser Taktik nichts entgegensetzen, die schaffen es nicht einmal Luftüberlegenheit gegen ein Land ohne nennenswerte eigene Luftwaffe zu erringen, bloß weil da ein paar Raketen stationiert sind. Das Problem der NATO ist eher, dass sie danach halt nicht so wirklich große Mengen eigene Bodentruppen einsetzen kann (oder will), die dann den Konflikt tatsächlich gewinnen.

    Aber an sich funktioniert der Teil mit der totalen Lufthoheit und den qualitativ hochwertigen Waffen ja sehr gut. Bei allen Konflikten mit NATO-Mitgliedsbeteiligung wurde dieser Teil jeweils in wenigen Tagen oder Wochen souverän gewonnen. Und danach hatte man dann je nach Fall das Problem, dass eine satellitengesteuerte Rakete wenig nutzt, wenn die restlichen Kämpfer sich mit Gewehren in irgendwelchen Erdlöchern verstecken, wo die tollen Raketen nichts bringen, wenn man niemanden hat, der sie da heraus scheucht. Da hat man dann halt meist versucht, irgendwelche lokalen Leute zu finden, die diese Drecksarbeit machen. Mal mit Erfolg, mal nicht. Aber ich kenne da eine Nation in der Nähe des schwarzen Meeres, die hunderttausende motivierte Soldaten hat, die liebend gerne russische Soldaten aus Erdlöchern jagen würden, wenn sie dabei keine russische Artilleriegegenwehr mehr befürchten müssten 😉 .

    Dieser Teil mit der Luftüberlegenheit und Präzisionswaffen ist ja auch genau der Teil, den man der Ukraine bisher nicht geliefert hat. Wahrscheinlich auch nicht wird, denn das ist halt etwas für jahrelang trainierte Soldaten mit perfekter Logistik und viel wirtschaftlicher Unterstützung. Das was man der Ukraine gegeben hat, sind ja die Auslaufmodelle aus dem kalten Krieg, als die NATO-Doktrin noch darauf ausgelegt war, mit Wehrpflichtigen in Mitteleuropa eine große sowjetische Panzerarmee aufzuhalten. Also genau das Szenario, in dem sich die Ukraine derzeit befindet. Das Zeug scheint seinen Zweck ja auch ganz gut zu erfüllen, denn sie haben die Russen ja mehr als aufgehalten.

    Die NATO hätte in diesem Fall dann darauf gesetzt, dass die USA einen Krieg von dort an schon irgendwie gewinnen würde, nachdem der Warschauer Pakt in Mitteleuropa aufgehalten wurde. In der Ukraine fehlt da halt ein Plan und die Mittel, was man nun machen soll, nachdem die Front zum Stillstand gekommen ist. Daher braucht es halt irgendeinen äußeren Einfluss, sonst kann das noch viele Jahre so weitergehen wie jetzt. Entweder mit einem direkten Eingreifen, oder mit der Lieferung von anderen Waffengattungen für die nächste Phase, so dass die Ukraine in die Offensive gehen kann. Vielleicht reicht auch eine glaubwürdige Drohung.

    Ich halte es für unwahrscheinlich, dass irgendjemand direkt eingreifen wird. Zu dreckig, zu krass, zu wenig Grund. Bleiben halt die zwei realistischen Szenarien, dass man entweder im Westen sagt, "Jetzt machen wir mal richtig Waffenlieferungen!", dann würde Russland relativ fix verlieren (also so Monate bis wenige Jahre). Oder es bleibt so wie bisher, dann kann sich das noch viele Jahre so hinziehen, bis einer Seite die Motivation ausgeht. Und mit Seiten meine ich hier die westliche Unterstützung oder Russland. Der Ukraine wird gewiss nicht die Motivation ausgehen. Und auch nicht die Leute. Aber halt die Munition, wenn man ihnen keine mehr schenkt.



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Finnegan sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @Mechanics sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Wenn die Nato reinginge, wäre der Konflikt zuende, ziemlich sofort. Wird aber nicht passieren, wissen die Russen auch, weiß die Ukraine sicherlich auch.

    Warum? Weil die NATO sofort gewinnt, oder weil es sofort zu einem Atomkrieg führen würde? Ich glaube eher nicht, dass Russland die Situation zu einem Atomkrieg eskallieren lassen würde. Kann man natürlich nie wissen, aber ich kann mir eher dein zweites Szenario vorstellen.

    Weil die NATO einen konventionellen Krieg sofort gewinnen würde, von dem was man bisher so gesehen hat. Also nicht gewinnen im Sinne von Moskau erobern, sondern gewinnen im Sinne von das Russland sich zurück ziehen muss, weil sie nicht gewinnen können, wenn jedes Fahrzeug größer als ein Fahrrad, das sie in der Ukraine haben, sofort zerstört wird.

    Woran machst du das fest, dass du dir da so sicher bist? Mit welchen Mitteln würde das geschehen? Die Ukraine wurde in den 8 Jahren Krieg seit dem Maidan-Umsturz vom Westen ziemlich hochgerüstet und hatte zuletzt eine Armee von an die 400k Mann. Dennoch scheinen die Russen noch ziemlich viel Material dort stehen zu haben, obwohl man sich durch "5 Jahresproduktionen Javelins" gebrannt hat. Das ist für mich kein so klarer Fall, als dass ich das derart unhinterfragt als gegeben annehmen würde.

    Die NATO kämpft ganz anders und mit anderen Mitteln, als man der Ukraine gegeben hat. Die NATO setzt auf absolute Lufthoheit, mit der sie dann alles, was irgendwie von Wert ist, mit Präzisionswaffen zerstören. So wie es aussieht, kann Russland dieser Taktik nichts entgegensetzen, die schaffen es nicht einmal Luftüberlegenheit gegen ein Land ohne nennenswerte eigene Luftwaffe zu erringen, bloß weil da ein paar Raketen stationiert sind. Das Problem der NATO ist eher, dass sie danach halt nicht so wirklich große Mengen eigene Bodentruppen einsetzen kann (oder will), die dann den Konflikt tatsächlich gewinnen.

    Dass die Russen Probleme haben, die Luftüberlegenheit zu erlangen, sehe ich auch so - ich vermute das könnte u.a. an den "13 Jahresproduktionen Stinger" liegen - aber was veranlasst dich zu der Annahme, dass das nicht ebenso für die Gegenseite gilt? Dem würde zumindest eine (auch innerhalb Russlands stationierte) und ziemlich fortschrittliche Luftabwehr mit etwa 400km Reichweite entgegenstehen, die erst einmal ausgeschaltet werden müsste. Für Flugzeuge dürfte das schwierig werden, zumal die bei den Entfernungen auch Reichweitenprobleme bekommen könnten. Von Lviv bis Donetsk sind es etwa 1000km, eine F-16 kommt mit Kampfbestückung auf etwa 600km, eine F-22 auf knapp 1000km, sollte aber auch wieder zurück kommen und landen können. Einen Flugzeugträger werden die USA wohl eher nicht ins Schwarze Meer karren - zu unberechenbar, was die Russen auf den abschiessen könnten.

    Cruise Missiles sind noch eine Option, dafür muss man aber gute Informationen haben, wo die Luftabwehrbatterien überall stehen. Besonders getarnt im russischen Hinterland, und man muss damit rechnen, dass diese zu einem nicht unerheblichen Teil von der Luftabwehr abgeschossen werden - die ist schliesslich nicht nur auf Flugzeuge ausgelegt, sondern holt auch Raketen runter.

    Alles in Allem eventuell machbar, aber gewiss nicht der "Spaziergang" im Sinne von "sofort alles zerstört". Ich denke es ist ein großer Fehler zu unterschätzen, was einen da erwartet. Es gibt das alte Sprichwort "Russia is never so strong nor so weak as it appears". Zudem könnte ein längerer konventioneller Konflikt auch noch die Problematik mit sich bringen, dass unsere auf "Hightech-Waffen" spezialisierte Militärindustrie an ihre Kapazitätsgrenzen stößt, wenn sich das überraschenderweise dann doch in eine Materialsschlacht ausarten würde - zumindest bei Artillerie, Stinger und Javelins gibt es ja bereits Anzeichen dafür. So etwas würde dann wenn es nicht wie geplant läuft eine Umstellung auf Kriegswirtschaft erfordern, was eine Menge Zeit in Anspruch nähme - inklusive wahrscheinlich erheblicher Widerstände innerhalb der Bevölkerung - aber da sind wir ja dank Anti-Terrorgesetzen und zunehmender Überwachung einigermassen drauf vorbereitet 😛

    Ich bevorzuge da eher die Sun Tzu-Variante: Erst den Krieg gewinnen, und DANN erst in die Schlacht ziehen. Also z.B. wenn die Wirtschaft des Gegners nachweislich am Boden ist. Bei den Fehleinschätzungen über die russische Wirtschaft (Sanktionen, spätestens im Juli letzten Jahres Zusammenbruch) habe ich allerdings dezente Zweifel, ob wir tatsächlich genügend Leute haben, die wirklich wissen, was dort abgeht (oder die wurden alle durch Yes-Men ersetzt). Kann natürlich auch ein Fall von "never so strong/never so weak" sein - nur was von beiden?

    Aber an sich funktioniert der Teil mit der totalen Lufthoheit und den qualitativ hochwertigen Waffen ja sehr gut. Bei allen Konflikten mit NATO-Mitgliedsbeteiligung wurde dieser Teil jeweils in wenigen Tagen oder Wochen souverän gewonnen.

    Vielleicht sollte man nicht unerwähnt lassen, dass das alles überschaubare Staaten im Nahen Osten waren mit teilweise museumsreifen Waffensystemen und Luftabwehr. Anzunehmen, dass es bei einem Land mit modernen Waffensystemen und dieser strategischen Tiefe genau so abläuft halte ich für ziemlich leichtsinnig.

    Und danach hatte man dann je nach Fall das Problem, dass eine satellitengesteuerte Rakete wenig nutzt, wenn die restlichen Kämpfer sich mit Gewehren in irgendwelchen Erdlöchern verstecken, wo die tollen Raketen nichts bringen, wenn man niemanden hat, der sie da heraus scheucht. Da hat man dann halt meist versucht, irgendwelche lokalen Leute zu finden, die diese Drecksarbeit machen. Mal mit Erfolg, mal nicht. Aber ich kenne da eine Nation in der Nähe des schwarzen Meeres, die hunderttausende motivierte Soldaten hat, die liebend gerne russische Soldaten aus Erdlöchern jagen würden, wenn sie dabei keine russische Artilleriegegenwehr mehr befürchten müssten 😉 .

    Die Russen scheinen für diesen Job derzeit thermobarische Raketenwerfer zu verwenden - sicher nicht einer der letzten Gründe weshalb das Gemetzel dort keinem Vergleich mit den Kriegen der letzten Jahrzehnte standthält. Selbst die Zahlen, die man als von der jeweiligen Seite als geschönt annehmen muss, sind bereits ziemlich gruselig. Die haben sich auf die Taktik des Zermürbungskriegs eingeschossen, was im Interesse der Ukrainer ein Grund mehr ist, sich für eine diplomatische Lösung einzusetzen 😞

    Dieser Teil mit der Luftüberlegenheit und Präzisionswaffen ist ja auch genau der Teil, den man der Ukraine bisher nicht geliefert hat. Wahrscheinlich auch nicht wird, denn das ist halt etwas für jahrelang trainierte Soldaten mit perfekter Logistik und viel wirtschaftlicher Unterstützung. Das was man der Ukraine gegeben hat, sind ja die Auslaufmodelle aus dem kalten Krieg, als die NATO-Doktrin noch darauf ausgelegt war, mit Wehrpflichtigen in Mitteleuropa eine große sowjetische Panzerarmee aufzuhalten. Also genau das Szenario, in dem sich die Ukraine derzeit befindet. Das Zeug scheint seinen Zweck ja auch ganz gut zu erfüllen, denn sie haben die Russen ja mehr als aufgehalten.

    Die paar Flugzeuge, die wir entbehren würden, werden aus o.g. Gründen eh keinen Unterscheid machen und auch bei den "Präzisionswaffen" habe ich meine Zweifel. Die Russen haben eine gute Luftabwehr, die eben nicht nur Flugzeuge sondern auch Raketen neutralisieren kann. Sicher wird immer irgendwelches Zeug durchkommen, aber bei so einer Art Abnutzungskrieg zählen denke ich eher Statistiken als einzelne Treffer. Bisher scheinen die ganzen "Gamechanger-Superwaffen" die man bisher scheibchenweise geliefert hat jedenfalls kaum einen Effekt gehabt zu haben. Aber vielleicht kommt da ja nochwas.

    Die NATO hätte in diesem Fall dann darauf gesetzt, dass die USA einen Krieg von dort an schon irgendwie gewinnen würde, nachdem der Warschauer Pakt in Mitteleuropa aufgehalten wurde. In der Ukraine fehlt da halt ein Plan und die Mittel, was man nun machen soll, nachdem die Front zum Stillstand gekommen ist. Daher braucht es halt irgendeinen äußeren Einfluss, sonst kann das noch viele Jahre so weitergehen wie jetzt. Entweder mit einem direkten Eingreifen, oder mit der Lieferung von anderen Waffengattungen für die nächste Phase, so dass die Ukraine in die Offensive gehen kann. Vielleicht reicht auch eine glaubwürdige Drohung.

    Leider fehlen wie immer bei solchen Konflikten zuverlässige Zahlen, um die Situation aus Außenstehender objektiv einschätzen zu können. Da kommt eine Menge offensichtlicher Bullshit von beiden Seiten - der übliche Nebel des Krieges. Aber gerade Zahlen sind bei einem solchen Abnutzungskrieg wichtig. Es mag sich ja monatelang nichts an Frontverläufen verändern, aber wenn eine Seite immer mehr Material und Truppen verliert kann es plötzlich überraschend zu einem Zusammenbruch auf einer Seite kommen - etwas, das man nicht erkennt, wenn man nur Informationen über das kontrollierte Gebiet hat.

    Ich halte es für unwahrscheinlich, dass irgendjemand direkt eingreifen wird. Zu dreckig, zu krass, zu wenig Grund. Bleiben halt die zwei realistischen Szenarien, dass man entweder im Westen sagt, "Jetzt machen wir mal richtig Waffenlieferungen!", dann würde Russland relativ fix verlieren (also so Monate bis wenige Jahre).

    Auch wenn es arrogant klingt: Wenn der 3. Weltkrieg eine mögliche Eskalationsstufe ist, dann gibt es nahezu nichts, was dieses Risiko rechtfertigt. Auch nicht die Ukraine, die das wahrscheinlich aus ihrer Perspektive betrachtet anders sieht. Bestenfalls wenn alle diplomatischen Mittel zur Gänze ausgeschöpft wurden und eine konkrete Gefahr besteht dass "der Russe" direkt morgen bei uns vor der Tür steht. Letzteres halte ich allerdings für ein von unserer eigenen Propaganda heraufbeschworenes Schreckgespenst. Meiner Einschätzung nach sind die Russen nicht in der Ukraine um Landgewinne zu machen (davon haben die wahrlich selbst genug), sondern um einer (wenn auch nur so wahrgenommenen) Gefährdung ihrer Sicherheitsinteressen zu begegnen.

    Oder es bleibt so wie bisher, dann kann sich das noch viele Jahre so hinziehen, bis einer Seite die Motivation ausgeht. Und mit Seiten meine ich hier die westliche Unterstützung oder Russland. Der Ukraine wird gewiss nicht die Motivation ausgehen. Und auch nicht die Leute. Aber halt die Munition, wenn man ihnen keine mehr schenkt.

    Da bin ich auch nicht von überzeugt. Etliche Mobilisierungswellen, Berichte über Einberufung recht alter Semester und die Herabsetzung des Registrierungsalters für das Militär auf 16 Jahre lassen nichts gutes erahnen. Natürlich gibt es hier für uns keine Möglichkeiten, die tatsächliche Lage wirklich zu überblicken, aber das Bild, das ich mir aus einzelnen solcher Puzzleteile zusammensetze, gibt mir schon zu denken.



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Bleiben halt die zwei realistischen Szenarien, dass man entweder im Westen sagt, "Jetzt machen wir mal richtig Waffenlieferungen!", dann würde Russland relativ fix verlieren (also so Monate bis wenige Jahre).

    Eine Nuklearmacht verliert nicht, wenn sie das nicht will. Es dreht sich alles um die zentrale Frage, ob Russland bereit ist zurückzuweichen oder nuklear eskalieren wird.



  • NATO und Russland verfolgen komplett unterschiedliche Strategien. Die Russische Doktrin ist eigentliche eine komplett andere. Die schlagen eine Bresche durch massives Artilleriefeuer und überrennen dann die feindlichen Stellungen, mit dem Wissen dass es dabei hohe Verluste hat, aber am Ende ein erfolgreicher Durchbruch steht, der durch nachrückende Kräfte vergrößert wird.

    Die NATO kämpft ganz anders. Die Fahrzeuge sind so ausgelegt dass sie möglichst lange durchhalten und die Besatzung bessere Überlebenschancen hat.

    Beide Doktrins kann man daher nicht vergleichen. Die Russen performen aktuell nur deswegen so schlecht weil sie nicht nach ihrer Doktrin kämpfen. Das darf man aber nicht überbewerten. Genauso sinnlos sind auch die Vergleiche der Kampfpanzer. Ein russischer Kampfpanzer ist immer einem westlichen unterlegen, eben weil er für eine andere Art des Kampfes gebaut ist.



  • @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    NATO und Russland verfolgen komplett unterschiedliche Strategien. Die Russische Doktrin ist eigentliche eine komplett andere. Die schlagen eine Bresche durch massives Artilleriefeuer und überrennen dann die feindlichen Stellungen, mit dem Wissen dass es dabei hohe Verluste hat, aber am Ende ein erfolgreicher Durchbruch steht, der durch nachrückende Kräfte vergrößert wird.

    Hat sich im WWI aber als nicht so toll erwiesen. Deshalb wurden ja Panzer erfunden.

    Aber was heißt die kämpfen nicht nach ihrer Doktrin. Im Moment ist doch hauptsächlich Artillerie im Einsatz und viele Leichen produzieren sie auch. Nur das mit der Bresche wackelt noch. Mal sehen wie das Frühjahr wird.



  • @Tyrdal sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    NATO und Russland verfolgen komplett unterschiedliche Strategien. Die Russische Doktrin ist eigentliche eine komplett andere. Die schlagen eine Bresche durch massives Artilleriefeuer und überrennen dann die feindlichen Stellungen, mit dem Wissen dass es dabei hohe Verluste hat, aber am Ende ein erfolgreicher Durchbruch steht, der durch nachrückende Kräfte vergrößert wird.

    Hat sich im WWI aber als nicht so toll erwiesen. Deshalb wurden ja Panzer erfunden.

    Aber was heißt die kämpfen nicht nach ihrer Doktrin. Im Moment ist doch hauptsächlich Artillerie im Einsatz und viele Leichen produzieren sie auch. Nur das mit der Bresche wackelt noch. Mal sehen wie das Frühjahr wird.

    Ja. Die Taktik funktioniert in Städten nicht. So eine Bresche muss man dort schlagen, wo viel Platz für gigantische Mengen an Panzern ist. Und dann brauchst du dafür eine massive Panzerüberlegenheit und im Idealfall auch noch eine Lufthoheit. Der Drops ist aber gelutscht. Die Russen haben dafür schon zuviel erfahrenes Personal und zuviel Material verbrannt. Die letzte Hoffnung wäre jetzt, mit einer taktischen Atomwaffe diese Bresche zu schlagen und dann ABC-spezialisierte Truppen durch diese Bresche zu führen. Aber das wird nicht passieren.


  • Mod

    @Tyrdal sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:
    Aber was heißt die kämpfen nicht nach ihrer Doktrin. Im Moment ist doch hauptsächlich Artillerie im Einsatz und viele Leichen produzieren sie auch. Nur das mit der Bresche wackelt noch. Mal sehen wie das Frühjahr wird.

    Im Moment machen sie es eigentlich wie vorgesehen, aber am Anfang halt nicht. Und durch die Fehler am Anfang hat man so viel Personal und Material verloren, da funktioniert es jetzt auch nicht mehr so wie vorgesehen. Die russische Landarmee ist auf Wehrpflichtige ausgelegt. Die ganzen Mengen Gerät soll ja eigentlich von entsprechend vielen Soldaten begleitet werden, die dann eben auch in die Bresche springen. Stattdessen hat man am Anfang versucht wie eine NATO-Expeditionsarmee zu kämpfen, mit dem präzisen Enthauptungsschlag auf die Hauptstadt. Hat man Ambitionen gehabt, dass man das selber auch könnte, hat aber nicht so gut geklappt. Und die ganzen tollen Panzer fuhren ohne Begleitung und Logistik durch die Gegend, weil man nur genug stehendes Personal zum Panzerfahren hatte. Die hat man dann alle verloren. Und erst viele Monate später wurde die Mobilmachung angeordnet. Aber jetzt sind die ganzen neuen Geräte schon verloren, und die ganzen Offiziere zum Führen und Ausbilden sind alle tot.

    Wer hier noch die Wehrpflicht in Deutschland erlebt hat, kann sich ja mal selber vorstellen, wie das wohl gewesen wäre, wenn die Kompanie nur mit Dienstgrad Hauptgefreiter und höher ausgerückt wäre. Das ist ziemlich genau, was die Russen versucht haben. Und dann versteht man, warum da nix bei rumgekommen ist. Und umgekehrt kann man sich mal vorstellen, wie effektiv die Kompanie wohl gewesen wäre, wenn da nicht nur der aktuelle Jahrgang der Wehrpflichtigen dabei gewesen wäre, sondern gleich 10x so viele.



  • Eines der Hauptprobleme ist auch, dass die russische Armee nur funktioniert, wenn die Soldaten an das glauben, wofür sie kämpfen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass das nur bei wenigen der Fall war.
    Im Westen ist es anders. Da ist man als Soldat mehr sowas wie ein Angestellter, der das Recht auf gute Behandlung und gute Versorgung hat. Da braucht man nicht unbedingt ein Übermaß an Patriotismus und Idealismus.


  • Mod

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Im Westen ist es anders. Da ist man als Soldat mehr sowas wie ein Angestellter, der das Recht auf gute Behandlung und gute Versorgung hat. Da braucht man nicht unbedingt ein Übermaß an Patriotismus und Idealismus.

    Der Korpsgeist ist bei den großen westlichen Armeen eigentlich ziemlich gut. Die großen europäischen Länder haben alle lange militärische Tradition, selbst die kleinen oft auch. Und eines der ersten Dinge an die man bei Amerika denkt ist Patriotismus und positive Einstellung zum Militär.



  • @SeppJ sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Im Westen ist es anders. Da ist man als Soldat mehr sowas wie ein Angestellter, der das Recht auf gute Behandlung und gute Versorgung hat. Da braucht man nicht unbedingt ein Übermaß an Patriotismus und Idealismus.

    Der Korpsgeist ist bei den großen westlichen Armeen eigentlich ziemlich gut. Die großen europäischen Länder haben alle lange militärische Tradition, selbst die kleinen oft auch. Und eines der ersten Dinge an die man bei Amerika denkt ist Patriotismus und positive Einstellung zum Militär.

    Ja, bei den Amis schon. Bei der Bundeswehr ist es aber vermutlich nicht vorrangig die Vaterlandsliebe sondern mehr der Teamgeist in der einzelnen Gruppe / im Zug / in der Kompanie.



  • Ich möchte mal noch eine andere Theorie zur Diskussion stellen.

    Warum gibt es in vielen Gebieten Frieden?

    Weil die Menschen dort anders sind? Vermutlich kaum.
    Aus meiner Sicht herrscht dort Frieden wo der Weg des Krieges wirtschaftlich zu teuer wäre, oder mit zu hohen Risiken verbunden wäre, und der Frieden deshalb die günstigere Alternative ist.
    Kurz: Frieden weil der Gegner ( und man selbst ) militärische hochgerüstet ist. Frieden durch gleichwertige Waffenpräsenz. Die Menschen sind in allen Ländern vermutlich gleichermaßen machthungrig und profitorientiert.



  • @It0101 sagte in Darf hier noch über das Thema Ukraine diskutiert werden?:

    Kurz: Frieden weil der Gegner ( und man selbst ) militärische hochgerüstet ist. Frieden durch gleichwertige Waffenpräsenz. Die Menschen sind in allen Ländern vermutlich gleichermaßen machthungrig und profitorientiert.

    Nichtmal das hilft - zumindest historisch (WK-I/II). Und selbst wenn, wird es so eine gleichmäßige Waffenverteilung niemals global geben.
    Der letzte große Krieg ist einfach schon zu lange her; scheinbar geht es nicht ohne. Falls wir jetzt noch mit einem blauen Auge davon kommen sollten, wartet ja schon China vs USA.
    Sowas wie die UNO, die eventuell noch eine moralische Instanz hätte sein können, ist nicht zuletzt durch den Westen bzw. der USA zur völligen Bedeutungslosigkeit verkommen.
    Ich bin jedenfalls extrem pessimistisch, was unsere Aussicht auf Frieden angeht (also auch im Sinne von Krieg den wir nicht irgendwo hintragen, sondern unter dem wir selber verstärkt leiden werden ("wir" meint "westliche Staaten")).


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