Aussagen innerhalb Schnittmengen von Axiomensystemen



  • Ich geb's auf. Meine Posts waren (wenn man sie liest als "Systeme in denen falsche Aussagen ableitbar sind sich nicht schlecht") Quatsch.
    Nein, ich hatte nicht die Absicht zu trollen.

    Da ich aber offensichtlich irgendetwas Fundamentales nicht durchblickt habe, hier mein Verständnis der Sache:

    Widersprüche sind böse. Das ist noch klar. Die natürlichen Zahlen enthalten keine Widersprüche. Aber es lassen sich Aussagen konstruieren, deren Wahrheitsgehalt nicht unmittelbar bestimmt werden kann.

    Damit lässt sich auf zwei Arten umgehen:
    a) Ich sage der Satz ist wahr und akzeptiere Unvollständigkeit
    b) Ich sage der Satz ist falsch und "akzeptiere" Widersprüchlichkeit

    Entscheide ich mich für b) ist mein System hinfällig. Also entscheide ich mich für a) (was ich deshalb pseudophilosophischerweise die "fruchtbarere" Alternative nannte).

    Die Tatsache, dass ich in den natürlichen Zahlen und mächtigeren Systemen soweit komme, dass ich mich zwischen Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit "entscheiden" muss, hat mich zur Aussage verleitet, dass letztere etwas ist, was nur "halb so schlimm" sei, wenn man ihr irgendwann begegnet. Wobei meine Auslegung von "begegnen" hier durchaus etwas...kreativ sein mag.

    Wenn ihr nun nach allem Unbehagen trotzdem so freundlich wärt, und meine Sicht klären würdet, wäre ich euch sehr dankbar 🙂

    @knivil:
    Zu 1.: s.o.
    Zu 2.: Nach obigem (falschem?) Verständnis: Jedes beliebige prädikatenlogische System, das so mächtig wie die Peano-Arithmetik ist (die genauen Bedingungen müsste man nachschlagen).



  • ntrnt schrieb:

    Zu 1.: s.o.

    Der Satz von Goedel ist kein Widerspruch. Falls du das nicht meinst, sehe ich kein konkretes Beispiel.

    Jedes beliebige prädikatenlogische System, das so mächtig wie die Peano-Arithmetik ist (die genauen Bedingungen müsste man nachschlagen).

    Nur weil ich Praedikaten natuerlich Zahlen zuordne und in dem neuen Praedikatensystem einen Widerspruch generiere heisst das noch lange nicht, dass die natuerlich Zahlen auch widerspruechlich sind.



  • Ich dachte, wenn ich mich für b) entscheide, entsteht ein widersprüchliches System (das dann nicht mehr das ursprüngliche, sondern ein anderes ist, wenn du das meinst)?

    Wenn ich hier von "den natürlichen Zahlen" rede, meine ich damit die Peano-Arithmetik. Nicht die Menge {0,…} (oder {1,…}, wenn man drauf steht).



  • Ich verstehe immer noch nicht, wo Widersprueche herkommen sollen. Liesst man bei wikipedia:

    Nach den Gödelschen Unvollständigkeitssätzen ist die Peano-Arithmetik unvollständig

    Aber wenn du sagst

    Früher oder später stolpert man über Widersprüchlichkeit

    dann sollte es nicht allzu schwer sein, einen konkreten Fall anzugeben, den auch ich verstehe.



  • Nunja, liest man bei Wikipedia weiter, steht dort auch:

    Wiki schrieb:

    das heißt, es gibt Formeln in ihrer Sprache, die sie weder beweisen noch widerlegen kann.

    Meine Interpretation dessen war bisher:
    Das ist der Punkt, an dem ich meine Entscheidung überhaupt erst treffe.
    Natürlich wird man sich im Normalfall für Unvollständigkeit (Alternative a) ) entscheiden.
    Auf Widersprüchlichkeit stößt man halt dann, wenn man sich für b) entscheidet. Warum man das auch immer tun sollte.
    Das ist das "später" in "früher oder später".

    Wozu genau willst du ein konkretes Beispiel? Systeme, in denen sich falsche Aussagen ableiten lassen und die trotzdem klasse sind? Wenn du nur Unwissen aufdecken willst, spar dir die Mühe und zeig' mir lieber, was ich falsch verstehe 🙂



  • Auf Widersprüchlichkeit stößt man halt dann, wenn man sich für b) entscheidet.

    Ja, aber niemand entscheidet sich fuer b). Wobei entscheiden hier zu weit gefasst ist, denn normalerweise hat man keine Wahl.

    Systeme, in denen sich falsche Aussagen ableiten lassen und die trotzdem klasse sind?

    Ja, nenne bitte welche aus der mathematischen Praxis, weil mir sind keine bekannt. Weil du ja behauptest:

    Widersprüchlichkeit ist halb so schlimm. [..] Widersprüchlichkeit per se nicht die "Güte" eines formalen Systems beeinträchtigt [..] Früher oder später stolpert man über Widersprüchlichkeit. Das allein muss nicht heißen, dass ein System unnütz ist. [..] diesen Widerspruch kann ich selbst mit Systemen herbeiführen, die ansonsten bestens ihren Dienst tun.

    Keine Ahnung was das alles soll. Welches in sich widerspruechliche System ist nuetzlich?



  • knivil schrieb:

    Keine Ahnung was das alles soll. Welches in sich widerspruechliche System ist nuetzlich?

    Keines. Nur eben, dass man vor die Wahl (die man anscheinend nicht immer hat) gestellt wird, ein System so zu verändern (oder mit Unvollständigkeit zu leben), dass es widersprüchlich wird, ist eben nicht "schlimm". Denn das passiert einem mit eben mit vielen formalen Systemen.



  • Das Problem, was dir nicht klar zu sein scheint, ist aber, dass man ein widersprüchliches System in die Tonne kloppen kann. Würde man z.B. die Peano-Axiome zu einem zwar vollständigen, aber widersprüchlichen System ergänzen, könnte man mit diesem beispielsweise beweisen, dass n² für beliebige n immer 42 ist. Also auch Aussagen, die offensichtlich Unsinn sind. Wenn das aber so ist, kann ich keinem Beweis mehr vertrauen. Es ist also durchaus sehr schlimm, wenn ein System widersprüchlich ist. Da lebt man lieber mit der Unvollständigkeit.



  • Was tun, wenn der zwanglose Zwang der Vernunft nicht greift?

    @ntrnt: EInfach Nein!



  • Ich bring es scheinbar nicht fertig, irgendwie klar zu machen, was ich will.
    Ich wollte niemandem auf die Nerven gehen, hat aber scheinbar nicht so ganz hingehauen.

    Tüdelü 🙂



  • Prof84 schrieb:

    Gilt für eine Menge Axiomen (Domain Modelle), dass sie für eine Menge von n Systemen gelten. Dann gilt der Schluß, dass sie diese auch für die Schnittmenge der Systeme gelten (System n+1) NICHT uneingeschränkt!

    In dem Fall müßte aber eins der Systeme mehr als ein Axiom haben, die dasselbe Objekt beschreiben und dieses Axiom gehört nicht zur Schnittmenge aller Axiomensysteme.

    Beispiel:
    System 1: alle A sind grün, alle B sind A mit Ohren, alle C sind B die lesen können.
    System 2: alle A sind grün, alle B sind A mit Ohren, alle B können fliegen.

    Bilde ich die Schnittmenge beider Systeme, ist B in System 2 offensichtlich unvollständig definiert.



  • Z schrieb:

    Prof84 schrieb:

    Gilt für eine Menge Axiomen (Domain Modelle), dass sie für eine Menge von n Systemen gelten. Dann gilt der Schluß, dass sie diese auch für die Schnittmenge der Systeme gelten (System n+1) NICHT uneingeschränkt!

    In dem Fall müßte aber eins der Systeme mehr als ein Axiom haben, die dasselbe Objekt beschreiben und dieses Axiom gehört nicht zur Schnittmenge aller Axiomensysteme.

    Beispiel:
    System 1: alle A sind grün, alle B sind A mit Ohren, alle C sind B die lesen können.
    System 2: alle A sind grün, alle B sind A mit Ohren, alle B können fliegen.

    Bilde ich die Schnittmenge beider Systeme, ist B in System 2 offensichtlich unvollständig definiert.

    Nope! Der Konflikt besteht nicht im Axiomssystem, sondern im Implementierungsystem (N+1)! Bekannt auch als Application Engineering.
    http://www.umcs.maine.edu/~ftp/wisr/wisr8/papers/maymir/maymir2.gif

    Senff schmeckt mir immer gut!
    Lakritz schmeckt mir immer gut!
    Kaviar schmeckt mir immer gut!
    Käse schmeckt mir immer gut!

    Also schmeckt mir der Senff-Lakritz-Kaviar-Käsekuchen immer gut?!? - Ich würde eher sagen Bah-Kotz! 😞

    Nenne es unvollständig, nenne es widersprüchlich.
    Oder es mit Aristoteles zu sagen:
    **

    "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile."

    **



  • Prof84 schrieb:

    Senff schmeckt mir immer gut!
    Lakritz schmeckt mir immer gut!
    Kaviar schmeckt mir immer gut!
    Käse schmeckt mir immer gut!

    Also schmeckt mir der Senff-Lakritz-Kaviar-Käsekuchen immer gut?!? - Ich würde eher sagen Bah-Kotz! 😞

    Und Senff-Lakritz-Kaviar-Käsekuchen ist Kavier? Wohl eher nicht. Wenn das Axiom heißt „Alles, was Kavier enthält, schmeckt gut“, dann kann das so sein, spiegelt sich dann eben blos nicht in der Wirklichkeit wieder.

    Mathematisches Beispiel:
    Mengen von ganzen Zahlen haben mindestens ein betragskleinstes Element.
    Mengen von Vektoren aus ganzen Zahlen haben mindestens ein betragskleinstes Element.
    Also haben Mengen mit ganzen Zahlen und Vektoren aus ganzen Zahlen ein betragskleinstes Element? Offensichtlich Blödsinn, aber über solche Mengen sagen die Axiome ja auch nichts aus.



  • @Prof84: Einfach nein!



  • Prof84 schrieb:

    Nope! Der Konflikt besteht nicht im Axiomssystem, sondern im Implementierungsystem (N+1)! Bekannt auch als Application Engineering.
    http://www.umcs.maine.edu/~ftp/wisr/wisr8/papers/maymir/maymir2.gif

    Senff schmeckt mir immer gut!
    Lakritz schmeckt mir immer gut!
    Kaviar schmeckt mir immer gut!
    Käse schmeckt mir immer gut!

    Also schmeckt mir der Senff-Lakritz-Kaviar-Käsekuchen immer gut?!? - Ich würde eher sagen Bah-Kotz! 😞

    WTF? Du hast meine Frage wohl nicht verstanden.
    Davon abgesehen ist nicht klar, was bei schmeckt_mir_immer_gut(x) und "Senf-Lakritz-Kaviar-Käsekuchen" die Verknüpfung "-" sein soll. Aber egal und sorry, das geht sowieso meilenweit am Thema vorbei.



  • Doch!



  • Z schrieb:

    Hi,

    gesetzt den Fall, es gibt einige Axiomensysteme, die zum Teil gleiche Axiome enthalten, die (also die Systeme) aber nicht aufeinander aufbauen.

    Wenn ich nun Axiome nehme, die in allen Systemen existieren und daraus eine wahre Aussage ableite, ist diese Aussage dann in allen Systemen gültig?

    Intuitiv denke ich, es sollte so sein. Aber was sagt die Mathematik dazu?

    Die Mathematik juckt das nicht 🙂


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