Division durch 0 durch Paralleluniversum
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Um Sachen klarzustellen:
Die Division zweier Zahlen ist die Multiplikation der einen mit dem inversen der anderen. Das inverse einer Zahl ist so definiert, dass das Produkt aus der Zahl und seiner Inversen ein neutrales Element (z.B. 1) ergibt.
Wir definieren jetzt unsere hübschen Körperaxiome. Leider können wir 0 nicht in die abelsche Multiplikationsgruppe aufnehmen, weil uns ein inverses fehlt (das ist für mich eindeutig eine Definitionslücke!).
Jetzt wollen wir versuchen, diese Lücke sinnvoll zu füllen. Aus infinitesemaler Betrachtung sehen wir, dass die Inversen großer Zahlen sehr nahe an 0 herankommen. Wir erfinden also ein Symbol für die größte aller Zahlen, dessen inverses vernünftigerweise ist. Aus folgt folgt dann .
Jetzt stellt sich jedoch die Frage, inwiefern die Definition des Inversen hier Sinn ergibt, da schließlich die Definition des Inversen Elementes in einer Gruppe ohne 0 war. Nun haben wir 2 Argumentationsmöglichkeiten:a) Da 0 nach wie vor nicht in dieser Gruppe liegt, kann wegen und somit nicht als Definition herhalten.
Mit der Körpererweiterung müssen wir also auch die Definition des inversen verändern. Wie man das macht, spielt keine Rolle. Man kann z.B. das Inverse als eine bijektive Abbildung auffassen:
Diese Definition lässt nun die Frage offen und somit unbestimmt, da die neue Zuweisung willkürlich erscheint, aber augenscheinlich vernünftig ist (also ein Axiom). Jetzt können noch ein paar vernünftige Axiome zugefügt werden (alle sind auf Wikipedia, z.B. hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Erweiterte_reelle_Zahl zu sehen), da die üblichen Körperaxiome augenscheinlich nicht für gelten können.**b)**Wir nehmen 0 in die abelsche Multiplikationsgruppe auf und erweitern um ein weiteres Axiom: .
Was haben wir gewonnen? Wir haben eine Definitionslücke entfernt, dafür aber in a) und b) einige neue Axiome in Kauf nehmen müssen.
Andererseits haben wir mit dem neuen nun auch Möglichkeiten, divergente Folgen als eine Art konvergente zu behandeln und andere Sachen.Ich hab mir die Geschichte nicht selber ausgedacht, aber sie ist an jeder Stelle vernünftig und impliziert, dass mit einer neuen, vernünftigen Definition von "Invers" auch eine Division durch 0 möglich ist. Du kannst sie gerne Willkür nennen, andererseits ist sie mit Infinitesemalmathematik vernünftig. Nenne mir eine andere, willkürliche Definition von Invers, die intuitiv und/oder vernünftig erscheinen mag.
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Jodocus schrieb:
Du kannst sie gerne Willkür nennen, andererseits ist sie mit Infinitesemalmathematik vernünftig.
Falls du mit "Infinitesimalmathematik" die Nichtstandardanalysis meinst: Die funktioniert anders.
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Ist nicht ?
Wie würdest du denn im erweiterten reelen Zahlenraum die Festlegung begründen?
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Jodocus schrieb:
Leider können wir 0 nicht in die abelsche Multiplikationsgruppe aufnehmen, weil uns ein inverses fehlt (das ist für mich eindeutig eine Definitionslücke!).
Nö, wieso sollte das eine Lücke sein?
Aus infinitesemaler Betrachtung
Da du allgemein von Körpern redest, sei mir die Bemerkung erlaubt, dass du im Allgemeinen bei Körpern keine infinitesimalen Betrachtungen machen kannst, weil Körper nicht einmal unendlich sein müssen. Wie willst du hier das Inverse der 0 definieren?
Wir erfinden also ein Symbol für die größte aller Zahlen
Was ist die größte aller Zahlen?
dessen inverses vernünftigerweise ist.
Vernünftigerweise? Wieso ist es denn vernünftig, überhaupt ein Inverses zu definieren? Immerhin musst du dafür deine Definition von "Inverses" ändern.
Man kann z.B. das Inverse als eine bijektive Abbildung auffassen:
Diese Abbildung ist nicht bijektiv, ja nicht einmal wohldefiniert, weil sie nicht auf 0 definiert ist. (Oder triffst du wieder die Annahme ?)
Diese Definition lässt nun die Frage offen
Welche Frage?
da die neue Zuweisung willkürlich erscheint, aber augenscheinlich vernünftig ist (also ein Axiom).
Erstens definierst du Axiom ganz schön großzügig. Zweitens: Durch "augenscheinlich vernünftig" gewinnt man in der Mathematik keinen Blumenstrauß.
Ich hab mir die Geschichte nicht selber ausgedacht, aber sie ist an jeder Stelle vernünftig
Ich bezweifle gar nicht, dass es Anwendungen für diese Räume gibt, die die reellen Zahlen kompaktifizieren. Aber natürlich muss man durch diese Erweiterungen auch Abstriche machen, z.B. dass die Multiplikation nicht mehr an allen Stellen bestimmt ist. Je nach Anwendung kann man entscheiden, durch welchen Raum man größere Vereinfachungen hat, aber du kannst nicht so tun, als ob der Körper der reellen Zahlen jetzt überflüssig geworden wäre, weil deine Erweiterung für jeden "vernünftig" ist.
und impliziert, dass mit einer neuen, vernünftigen Definition von "Invers" auch eine Division durch 0 möglich ist.
Die Division durch 0 hast du immer noch nicht vollständig definiert.
Du kannst sie gerne Willkür nennen, andererseits ist sie mit Infinitesemalmathematik vernünftig.
Dort werden unendlich große und unendlich kleine Zahlen benutzt.
Nenne mir eine andere, willkürliche Definition von Invers, die intuitiv und/oder vernünftig erscheinen mag.
Ich wähle die Standarddefinition, dass ein Element multpliziert mit seinem Inversen das neutrale Element ergibt. Wie gesagt: Wenn du mit den einhergehenden Abstrichen leben kannst, kannst du dir gerne die reellen Zahlen erweitern, meinetwegen auch so, dass du es als "vernünftig" (was auch immer das sein mag) ansiehst. Das führt aber nicht dazu, dass du die Division durch 0 komplett definieren kannst.
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Ginge auch irgendwie umgekehrt in einem anderen Film: 1+1 = 0 0:1 = 1 rest 1
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Die Festlegung in ist doch noch nichtmal intuitiv vernünftig, weil es genausogut auch sein könnte.
Wenn man nur noch ein haben will landet man bei der Riemannschen Zahlenkugel (), wo es auf einmal doch ein Inverses der 0 gibt ...
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Naja, eine solche projektive Erweiterung gibt es für die erweiterten reelen Zahlen doch auch.
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Jodocus schrieb:
Naja, eine solche projektive Erweiterung gibt es für die erweiterten reelen Zahlen doch auch.
Die projektiven Räume funktionieren völlig anders und haben damit nichts zu tun. Ein projektiver Raum P^n ist einfach die Menge aller Linien durch den Ursprung im R^{n+1}. Das hat erstmal rein gar nichts mit "unendlich" zu tun, jede Linie durch den Ursprung ist völlig gleichberechtigt und entspricht einem Punkt im projektiven Raum.
Wenn man ein Element "unendlich" dazuerfindet, dann kann man das als Einpunkt-Kompaktifizierung ansehen. Das ist aber was rein topologisches und hat auch nichts zu tun mit den Rechenoperationen wie Addition und Multiplikation. Also alles ziemlich sinnlos.
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Christoph schrieb:
Jodocus schrieb:
Naja, eine solche projektive Erweiterung gibt es für die erweiterten reelen Zahlen doch auch.
Die projektiven Räume funktionieren völlig anders und haben damit nichts zu tun.
Hm, ist PR^1 nicht homöomorph zu S^1 und damit genau die Einpunkt-Kompaktifizierung von R?
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Jester schrieb:
Hm, ist PR^1 nicht homöomorph zu S^1 und damit genau die Einpunkt-Kompaktifizierung von R?
Ja. Man muss noch willkürlich Koordinaten vergeben, damit man das mit den reellen Zahlen vergleichen kann. Aber stimmt, dann ist es eine mögliche Interpretation des Konzepts "Reelle Zahlen mit unendlich".
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"Division durch 0 durch Paralleluniversum"
verschoben in
"Neuigkeiten aus der realen Welt"
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Erhard Henkes schrieb:
Parallelmathematik, eine neue mathematischen Disziplin
Ja, wäre ganz gut für Politiker und Volkswirtschaftler. Da könnten sie gleichzeitig sparen, investieren und Schulden machen. Plan A === Plan B === Plan C.
wobei mindestens ein Universum bankrott geht