Staat und Banken - ein unendliches Kapitel
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In der Welt realer Zahlungsströme wäre das vermutlich einfacher, Du gibst Geld, und bekommst eine Quittung. Einmal Geld, einmal Quittung.
Allerdings gibt es im Steuerrecht so viele fiktive Anrechnungen, wo man Zahlungen oder Erstattungen fiktiv ausgewiesen bekommt, so daß nicht mehr jede Quittung auch wirklich einer realen Zahlung entspricht. Denk mal nur an die Stückzinsen und was da alles an Bescheinigungen mitkommt... Stückzinsen von Investmentfonds, wo ein Teil der Aktien im Ausland liegt und ein Teil nicht. ie Abrechnung im Depot dazu füllt eine ganze A4-Seite. Die ganzen Erträge sind nur zur Verrechnung. Ob das dann einfach oder doppelt ist, muß der Empfänger meines Erachtens gar nicht mehr überblicken. Kann er auch nicht.
Es ist eben inzwischen nicht mehr so, daß man nur Steuer erstattet bekommt, die man gezahlt hat. Wenn Du einen Fonds kurz vor Dividendenfälligkeit kaufst, bekommst Du einen steuerlichen Verlust, den Du verrechnen kannst. Also eine Erstattung ohne Zahlung.
Daher, wenn mir jemand einen Bescheid schickt, der rechtskräftig ist, wonach ich eine Erstattung anrechnen kann, und Du bekommst für den gleichen Sachverhalt auch einen Bescheid - auch rechtskräftig - wieso sollen wir dann die Rechtskraft bestreiten, nur weil es (in der physischen Welt) Schwachsinn ist?
Der Staat selbst arbeitet ja auch danach, daß Bescheide grundsätzlich die Wahrheit beschreiben. Es gibt Fälle, bei denen die Krankenkassen dem Finanzamt aus diversen Gründen falsche Beitragshöhen übermittelt haben. Das Finanzamt akzeptiert keine Korrektur der Angaben seitens des Steuerbürgers, selbst wenn dieser das nachweisen kann, solange die Krankenkasse keine Korrektur schickt.
Anders sieht es aus, wenn das FA einen Bescheid schickt, der für mich erkennbar falsch ist (z.B. ein Zahldreher) - dann muß ich darauf hinweisen, so daß er korrigiert wird. Aber da ist der Sachverhalt nicht im Sinne des Gesetzes, ich kann es erkennen, ich habe die Mitwirkungspflicht, wenn es für mich erkennbar ist.
Das liegt hier ja nicht vor, denn die doppelten Bescheide sind nicht falsch. Falsch würde bedeuten - entsprechen nicht dem Gesetz. Aber das tun sie, der doppelte Bescheid entsteht ja _genau_ _wegen_ dem Gesetz und dessen exakter Umsetzung.
Ich bezweifle, daß die FAs hier auch für die Altfälle viel machen können.
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Swordfish schrieb:
Garnichts können sie Rückwirkend machen: Nullum tributum sine lege!
Im Steuerrecht gibt es einen bunten Strauß rückwirkender Gesetze, gerade im Zusammenhang mit Friständerungen. Und eine Vielzahl an Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Nicht immer gewinnt der Bürger.
BVerfG schrieb:
BVerfGE 13, 261 (261)
1. Aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit läßt sich der Verfassungsrechtssatz ableiten, daß belastende Steuergesetze grundsätzlich ihre Wirksamkeit nicht auf abgeschlossene Tatbestände erstrecken dürfen.
2. Erst von dem Zeitpunkt ab, in dem der Bundestag ein rückwirkendes Steuergesetz beschlossen hat, ist das Vertrauen des Bürgers in den Bestand des geltenden Rechts nicht mehr schutzwürdig. Entsprechendes gilt, wenn ein Steuergesetz den späteren Erlaß eines rückwirkenden Gesetzes fordert oder voraussetzt.
3. Daß der Gesetzgeber ein ihm unterlaufenes Versehen bei der Gesetzesfassung berichtigen will, berechtigt ihn noch nicht, dies für einen vergangenen Veranlagungszeitraum zu tun. Nur wenn sein Versehen zu erheblichen Unklarheiten oder zu objektiven Lücken in der ursprünglichen gesetzlichen Regelung geführt hat, ist eine Rückwirkung ausnahmsweise zulässig.BVerfGE 13, 261 (261)
Die Formulierung vom BVerfG ist insofern interessant, weil sie ausdrücklich die Existenz von rückwirkenden Steuergesetzen akzeptieren (Absatz 2), nur die Folgen für den Bürger abmildern.
Für den hier vorliegenden Fall werden sich die FAs sicher auf den Absatz 3 beziehen und versuchen das durchzufechten.
Aber ich würde sagen, daß man das plakative nullum tributum sine lege in dieser Form im bundesdeutschen Rechtsalltag wohl offensichtlich so nicht antrifft.
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Hi Erhard,
Erhard Henkes schrieb:
Die Grünen bereiten gerade den gezielten Todesstoß vor.
definitiv der einzige Grund sie zu wählen, um dieses nicht endenwollende Wachkoma endlich zu beenden und einen echten Neuanfang hinzubekommen.
Ich werd sie aber trotzdem nicht wählen, sondern hab mit der AfD eine neue Heimat für meine Stimme gefunden.Gruß Mümmel
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Steinbrück damit unwählbar.
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Hi Earli,
earli schrieb:
Steinbrück damit unwählbar.
wieso, war der denn vorher wählbar???
Gruß Mümmel
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Die AfD gefällt mir leider auch nciht. Die D-Mark wäre auch nicht besser als der Euro. Das Problem ist der Schuldenstaat, der die Politiker dazu zwingt, in der Währungspolitik rumzurühren. Das würden sie bei der DM heute auch machen. Ohne Inflation sind die Staatsschulden nicht mehr zu vertragen.
Die 10 Millionen Griechen machen den Kohl auch nicht fett. Richtig ab geht es, wenn Frankreich abkackt. So unvorstellbar ist das leider nicht mehr.
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Da sich jeder, mit etwas Hirnschmalz denken kann, was auf uns zurollt
ist es kein Problem sich "abzusetzen". Der Staat wird sich nicht im Auftrag
seiner Steuerzahler "absetzen".Sich "absetzen" bedeutet aber auch, sich gedanklich von Ansprüchen aller Art
ggü. des Staates zu verabschieden.Fast 13% Arbeitslose in Europa. Tendenz muss abgewartet werden, aber vermutlich
noch eine Weile (schleichend) steigend. Die Situation im Rest der Welt ist auch
schwierig. Ich schätze insgesammt könnten die noch in Arbeitsverhältnissen stehende Bevölkerung den Teil der arbeitslos ist finanzieren. Ganz sicher aber
nicht die Schulden abtragen.Das Leben könnte so entspannt sein, ohne diese EU-Psychopaten
Also "absetzen" - ich habs bereits getan. Tut gut.
Nur darf man nicht die vergessen, welche nichts haben um sich damit abzusetzen!
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Erhard Henkes schrieb:
Daher sollten wir uns nicht solidarisch mit in den Abgrund ziehen lassen, sondern uns davon absetzen.
Das lernt man eigentlich in jedem ernsthaften Erste-Hilfe-Lehrgang als erste Sache: Eigensicherung beachten! Der tote Retter rettet niemanden. Aber sich als Retter mit in die Schlucht zu stürzen ist einfach irgendwie... heroischer.
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Von Rettung kann bei der deutschen Politik ja eh keine Rede sein, auch wenn man es uns als solche verkauft. Die Sparpolitik macht die Lage nur schlimmer, sowohl in Griechenland wie auch in Deutschland. Nur im Vergleich ist hier der Schaden kleiner als in Griechenland. Und warum die Regierung diese Steuerlöcher nicht schließt, obwohl sie seit Jahren bekannt sind... Hat vermutlich die gleiche Ursache, wieso man Griechenland "rettet", indem man dessen Gläubiger bezahlt.
Meine Hoffnung ist jedenfalls, dass die Neoliberalen die Karre wenigstens richtig vor die Wand setzen, damit ein Neuanfang möglich wird. Das bei der kommenden Bundestagswahl irgendwas besser wird, kann man wohl ausschließen. Mal abgesehen davon, dass Steinbrück keine Chance hat, würde er, wenn er denn am Ende Kanzler wäre, auch nichts anders machen als Merkel - die SPD hat ja auch alle wesentlichen Regierungsvorschläge ohne Not mitgetragen. Und Steinbrück gehört ja auch noch zum rechten Rand der SPD.
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Mr X schrieb:
Meine Hoffnung ist jedenfalls, dass die Neoliberalen die Karre wenigstens richtig vor die Wand setzen,
Welche Neoliberalen meinst Du? Ich wusste gar nicht, dass die an der Macht sind?
Die Regierung besteht doch aus der sozialdemokratischen Einheitspartei GRUENESPDFDPCDUCSU-Fraktion, die sämtliche Mitten vertritt. Aber neoliberal in DE? Ich bitte Dich...
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Austeritätsprogramme, wie die deutsche Regierung sie empfiehlt, sind neoliberal.
Die Privatisierung (inkl. ÖPP) klassischer Monopolmärkte ist neoliberal (vor längerer Zeit waren das: Post, Bahn; Heutzutage: Wasserversorgung, Bildung, Verkehrswesen (Fernbusse, die dann die Straßen noch mehr verstopfen; Bahnbörsengang)...)
Das zuschustern öffentlicher Gelder an privatwirtschaftliche Akteure (Banken, siehe Griechenland-Fall) ist neoliberal.
Das Schaffen von Monopolen und Macht für die Wirtschaft ist neoliberal (Beispiele: Leistungsschutzrecht, Saatgutverordnung der EU: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/empoerung-ueber-eu-verordnung-aufstand-gegen-die-saatgut-lobby-1.1658001)Und mit neoliberal meine ich dessen angelsächsische/moderne Auslegung, nicht zu verwechseln mit dem Ordoliberalismus (soziale Marktwirtschaft). Kennzeichen dieser angelsächsischen Version ist die Privatisierung und Vermarktwirtschaftlichung des Staates selbst, inklusive der Übertragung staatlicher Macht an den Markt und dessen Akteure.
Die Regierung besteht doch aus der sozialdemokratischen Einheitspartei GRUENESPDFDPCDUCSU-Fraktion, die sämtliche Mitten vertritt.
Merkel ist nicht wirklich neoliberal - sie hat einfach keinerlei (öffentlich geäußerte und konstante) Meinung.
Der Rest... Naja, man sollte nicht darauf achten, was sie sagen, sondern was sie tun. Wasserprivatisierungsrichtlinien, Leistungsschutzrecht und Austeritätsprogramme für Griechenland gehen ganz unproblematisch und schnell durch den Bundestag.
Für Abschaltung der KKWs oder einen (jetzt vlt. kommenden) Mindestlohn braucht es massiven öffentlichen Druck, bevor irgendetwas passiert. Ist halt nicht im Sinne der Wirtschaft.
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Mr X schrieb:
Austeritätsprogramme, wie die deutsche Regierung sie empfiehlt, sind neoliberal.
Und wie kommt es dann, dass außer Portugal kein einziges Land spart? Und dass es ausgerechnet Portugal am besten geht von den Wackelkandidaten?
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earli schrieb:
Und wie kommt es dann, dass außer Portugal kein einziges Land spart? Und dass es ausgerechnet Portugal am besten geht von den Wackelkandidaten?
Griechenland und Spanien sparen also überhaupt nicht? Gut zu wissen. Und wenn du Portugal als Gegenbispiel bringst, werfe ich Island ins rennen. Hat sich massiv gegen Austerity gewehrt und sich fast komplett inzwischen erholt.
Wie siehts aus mit dem IWF der inzwischen selbst eingelenkt hat, dass austerity mehr schadt als nützt?
Und wie sieht es damit aus?
http://arstechnica.com/tech-policy/2013/04/microsoft-excel-the-ruiner-of-global-economies/
An economics paper claiming that high levels of national debt led to low or negative economic growth could turn out to be deeply flawed as a result of, among other things, an incorrect formula in an Excel spreadsheet.
[...]
The original paper also used an unusual scheme for weighting data. The UK's 19-year stretch of high debt and moderate growth (during the period between 1946 and 1964, the debt-to-GDP ratio was above 90 percent, and growth averaged 2.4 percent) is conflated into a single data point and treated as equivalent to New Zealand's single year of debt above 90 percent, during which it experienced growth of -7.6
[...]
Recalculating the data to remove these three issues turns out to provide much weaker evidence for austerity. Although growth is higher in countries with a debt ratio of less than 30 percent (averaging 4.2 percent), there's no point at which it falls off a cliff and inevitably turns negative. For countries with a debt of between 30 and 60 percent, average growth was 3.1 percent, between 60 and 90 it was 3.2 percent, and above 90 percent it was 2.2 percent. Lower than the low debt growth, but far from the -0.1 percent growth the original paper claimed.
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@otze: Das ist doch alles keynesianischer Bockmist.
Es ist doch offensichtlich, dass Ausgaben durch den Staat Arbeitsplätze schaffen. Aber das ist doch nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass das Arbeitsplätze schafft, die nicht nachhaltig sind, weil es Zeug produziert, wo gar keine Nachfrage besteht.
Wenn der Staat das Geld nicht den Leuten wegnehmen würde durch Steuern, würde es genauso Arbeitsplätze schaffen, weil die Leute es konsumieren bzw. investieren. Und diese Arbeitsplätze sind nachhaltig, weil sie tatsächlich etwas produzieren, was die Leute haben wollen.
Wohlstand durch Konjunkturpakete ist kein richtiger Wohlstand. Das ist wie Krieg: Wenn die Produktion eines Landes für Krieg gebraucht wird, haben auch viele Leute Arbeit. Das schafft aber keinen Wohlstand, weil sie nur Zeug produzieren, das verschossen wird. Im Gegenteil: Es gibt viel mehr Wohlstand im Frieden, wenn die Produktivität dafür genutzt wird, Dinge zu produzieren, die die Leute selber brauchen.
Auch wenn im Frieden manchmal ein paar Menschen arbeitslos sind: Das ist normal, das gehört zu einer freien Gesellschaft dazu. Als die Leute Autos kauften, wurden tausende Hufschmiede arbeitslos. Als die Leute Eisschränke im Haushalt bekamen, wurden Eislieferdienste arbeitslos. Und genauso werden Metzger arbeitslos, weil die Leute weniger Fleisch essen. Was willst du dagegen machen: Die Leute zwingen, Fleisch zu kaufen? Der Staat könnte auch Fleisch aufkaufen, um die Arbeitsplätze zu sichern. Das ist aber alles absurd, die Metzger sollten lieber den Beruf wechseln und etwas produzieren, was die Leute haben wollen.