Bindestrich Informatiker



  • Es gibt so viele, ich nenne das jetzt mal, Bindestrich-Informatiker:
    Bsp.:

    Wirtschaftsinformatik (Wirtschaft - Informatik)
    Informationssystemtechnik (Elektrotechnik - Informatik)
    Luft- und Raumfahrtinformatik (LuR Technik - Informatik)
    (korrigieren, wenn falsch)

    Doch was ist von solchen Studiengängen zu halten ?
    Kann es vorkommen, dass man am Ende in beiden Bereichen schlecht ist ?

    Vielen Dank für die Antworten!

    (Mein Bruder meint, dass solche Studiengänge nur so eine Mogelpackung ist
    und die Personalchefs lieber auf "echte" Informatiker, Elektrotechniker oder
    Wirtschaftler zugreifen. Deshalb wollte ich das jetzt mal hier wissen)



  • Ich sehe das so:

    Die Informatik hat sich unter anderem deshalb als eigene Disziplin entwickelt, weil man in vielen Bereichen irgendeine Art der Informationsverarbeitung hat. Und teilweise ist es so, dass man in unterschiedlichen Bereichen eine ähnliche Informationsverarbeitung benötigt. Man hat deshalb die gesamte Informationsverarbeitung aus diesen Kontexten herausgerissen und sie in einer eigenen Disziplin, der Informatik, vereint.

    Wenn man aber Informatik betreibt, dann ist man typischerweise wieder an irgendein Anwendungsgebiet gebunden. Und dann ist die Frage, wie viel man jenseits der reinen Informationsverarbeitung eigentlich vom Anwendungsgebiet wissen muss. Zudem stellt sich die Frage, wie viel des Gesamtgebiets der Informatik in so einem Kontext zur Anwendung kommen kann.

    Wenn Du Dir die Fragen beantwortest, dann wirst Du wahrscheinlich zum Schluss kommen, dass man als Bindestrichinformatiker genau dann besser fährt, wenn man von Anfang an weiß, in welchem Gebiet man arbeiten wird. Als allgemeiner Informatiker wirst Du hingegen vielseitiger einsetzbar sein, aber einen größeren Aufwand treiben müssen um in Dich in das spätere Anwendungsgebiet einzuarbeiten. Ein Bindestrichinformatikstudium ist bezüglich des späteren Berufs zielgerichteter.

    Letztendlich ist also die Frage, was Du eigentlich willst. Ein Bindestrichinformatikstudium kann sinnvoll sein. Aber wenn Du vor Deinem Studium noch keine sehr genaue Vorstellung von Deinem späteren Leben hast, dann schränkt es Dich vielleicht eher etwas ein.

    Abgesehen davon: Auch wenn Du ein reines Informatikstudium angehst, kannst Du danach nur einen ganz kleinen Teil der Informatik. Halt den 08/15-Kram und zusätzlich etwas tiefergehende Einblicke in den von Dir gewählten Schwerpunkt. ...das betrifft aber jedes Studium. Die wissenschaftlichen Gebiete, die als Studium angeboten werden, sind inzwischen einfach gigantisch groß.

    EDIT: Ein Problem dieser Mischstudiengänge ist sicherlich, dass die Leute keine genaue Vorstellung davon haben, was Absolventen so eines Studiengangs eigentlich können. Das kann bei der Stellensuche vielleicht zu Problemen führen, weiß ich aber nicht genau.



  • Also ich studiere Bioinformatik und dort ist die Richtung doch schon etwas klarer definiert.

    70% Informatik, 30% Molekulare Biologie. Programmieren und profunde Englisch Kenntnisse sind bei uns Voraussetzung.

    Ich denke dass man die Informatik weiter aufteilt hat mehrere Vorteile:

    • Der Informatikstudiengang wird aufgeteilt -> dedizierter, kleinere "Gruppen"
    • Man wird leicht in die zukünftige Richtung eingeweiht (z.B Praktika im Labor)
    • Jeder Informatiker hat nach dem Abschluss seines Studiums einfach die Möglichkeit, eines dieser spezialisierten Studienfächer zu studieren und dabei seine bereits abgelegten Prüfungen anrechnen zu lassen.


  • @TO
    wie wäre es, wenn du erstmal nen Fuß in die Uni setzt, bevor du ca. 10^42 threads in die welt setzt, in den verschiedensten variationen die selben fragen stellst?



  • Als Faustregel: Den reinen Informatiker gibt es maximal an einer Universität als schlechten Dozenten. In der Praxis arbeitet man sowieso immer in einem Mischgebiet der verschiedenen Wissenschaften. Die vermutlich besten Voraussetzungen, als Quereinsteiger in einen Beruf zu kommen, hat man vermutlich als Wirtschaftsinformatiker, oder als reiner Informatiker an einer sehr renommierten Universität.

    Ich habe selbst als Wirtschaftsinformatiker angefangen, und bin dann auf reine Informatik gewechselt, weil mir das ganze Wirtschaftszeugs zum Hals raus hängt. Die Unterschiede sind erstaunlicherweise sehr gering; ich hatte nach meinem Wechsel noch 2 weitere Semester lang BWL und Recht - zusammen mit den anderen Studenten! Meine Entscheidung für den Wechsel hatte also primär psychologische Wirkung. Bis zum Master-Studium sind die Unterschiede klein zwischen den verschiedenen Spezialisierungen der Informatik.



  • /rant/ schrieb:

    Ich habe selbst als Wirtschaftsinformatiker angefangen, und bin dann auf reine Informatik gewechselt, weil mir das ganze Wirtschaftszeugs zum Hals raus hängt. Die Unterschiede sind erstaunlicherweise sehr gering; ich hatte nach meinem Wechsel noch 2 weitere Semester lang BWL und Recht - zusammen mit den anderen Studenten!

    Erzähl mal, was für Vorlesungen man bei Euch insgesamt für das reine Informatikstudium machen muss. Es wundert mich ein bisschen, dass da BWL und Recht auf dem Plan stehen. Mir persönlich ist nicht klar, was derartige Vorlesungen in einem Informatikstudium zu suchen haben. Ist das in Form eines Nebenfachs?



  • Es ist bereits alles gesagt oder kann ergänzt werden:
    --> Informatik ist eine eigenständige Disziplin für die Informationsverarbeitung.
    --> Der praktische Einsatz eines Informatikers erfordert oft Zusatzwissen aus anderen Disziplinen.
    --> Ob man solches Zusatzwissen durch einen Bindestrich oder ein Vorwort ergänzt, ist belanglos.
    --> Wichtiger als vertieftes Zusatzwissen ist die Fähigkeit und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen.
    --> Man muss sich zur Lösung einer konkreten Aufgabe verstehen.
    --> Dieses Verstehen kann man lernen, durch eine Zusatzausbildung oder in der Praxis.
    --> Niemand muss überall alles wissen, doch er sollte zumindest in einem Bereich wirklich kompetent sein.



  • Gregor schrieb:

    Es wundert mich ein bisschen, dass da BWL und Recht auf dem Plan stehen. Mir persönlich ist nicht klar, was derartige Vorlesungen in einem Informatikstudium zu suchen haben. Ist das in Form eines Nebenfachs?

    Hatten wir auch, wenn auch nur jeweils ein Fach.
    Ein paar BWL-Grundlagen schaden sicher niemanden, vorallem nicht Informatikern, die sich wohl doch recht häufig selbstständig machen. Ähnliches gilt für Recht, wobei hier ein paar Grundlagen zu Urheber- und Verwertungsrechten, Datenschutz etc. auch für die meissten Angestellten relevant sind.



  • Gregor schrieb:

    Erzähl mal, was für Vorlesungen man bei Euch insgesamt für das reine Informatikstudium machen muss. Es wundert mich ein bisschen, dass da BWL und Recht auf dem Plan stehen. Mir persönlich ist nicht klar, was derartige Vorlesungen in einem Informatikstudium zu suchen haben. Ist das in Form eines Nebenfachs?

    Das System ist folgendes: Der Lehrgang wird in verschiedene Sub-Kategorien aufgeschlüsselt: Informatik (Grundlagen und Fortgeschrittenes sind separate Kategorien), Mathematik & Naturwissenschaften, Kategorie A (Name weiss ich nicht mehr; hier gibts BWL, Recht, Technikgeschichte, ...), Kategorie B (Name weiss ich auch nicht mehr, aber im Prinzip gibts hier Fächer, die "der Kommunikation dienen sollen"), Kategorie für den Rest (keine Ahnung, was darunter fällt...). Für die Kategorien wird eine Mindestzahl an ECTS für den Abschluss vorgeschrieben. Die Gewichtung liegt natürlich massivst auf der Informatik, aber trotzdem muss man in jeder Kategorie eine gewisse Anzahl Module belegt haben (Grössenordnung von 12 - 16 ECTS, manchmal mehr).

    Im Prinzip kann man dann frei wählen, mit was man die Kategorien auffüllen will, aber um die BWL kommt man eigentlich nicht herum. Ausser man wählt etwas noch schlimmeres 😃



  • @prof_kai

    Musst ja tierisch aufgeregt sein bei so vielen Fragen über Informatik und Studium 🙂

    Gregor schrieb:

    EDIT: Ein Problem dieser Mischstudiengänge ist sicherlich, dass die Leute keine genaue Vorstellung davon haben, was Absolventen so eines Studiengangs eigentlich können.

    *ACK* Das fängt in der Schule schon an das ein falscher Eindruck vermittelt wird. Ich hatte das Fach "Wirtschaftsinformatik", war natürlich Inhaltlich typischer Schulinformatikstoff ( Office, Office, Office ). Einige meiner Klassenkameraden haben darauf hin mit einem Wirtschaftsinformatik-Studium begonnen und haben dann festgestellt das Programmieren in Java nicht das gleiche wie das befüllen von Excel-Tabellen ist *g*

    Das einzig nützliche was ich aus diesem Fach mitnehmen konnte war das Kapitel über ER-Modelle



  • Gregor schrieb:

    /rant/ schrieb:

    Ich habe selbst als Wirtschaftsinformatiker angefangen, und bin dann auf reine Informatik gewechselt, weil mir das ganze Wirtschaftszeugs zum Hals raus hängt. Die Unterschiede sind erstaunlicherweise sehr gering; ich hatte nach meinem Wechsel noch 2 weitere Semester lang BWL und Recht - zusammen mit den anderen Studenten!

    Erzähl mal, was für Vorlesungen man bei Euch insgesamt für das reine Informatikstudium machen muss. Es wundert mich ein bisschen, dass da BWL und Recht auf dem Plan stehen. Mir persönlich ist nicht klar, was derartige Vorlesungen in einem Informatikstudium zu suchen haben. Ist das in Form eines Nebenfachs?

    An der Uni Salzburg hatten wir im 6. Semester neben der Bachelorarbeit zweistündig in der Woche Rechtliche Grund lagen + BWL Grundlagen + Management.

    Rechtliche Grundlagen
    Ziel: Vermittlung praxisrelevanter Grundkenntnisse des Datenschutz-, Zivil- und Arbeitsrechts.

    BWL Grundlagen und Management
    Ziel: Schaffen eines Überblicks über aktuelle Inhalte der Betriebswirtschaftslehre und Diskussion ausgewählter Themen unter besonderer Berücksichtigung ihrer Relevanz der Unternehmensführung.

    Macht imho schon Sinn, Grundkenntnisse in den Themen zu haben.



  • Ethon schrieb:

    Macht imho schon Sinn, Grundkenntnisse in den Themen zu haben.

    Es gibt unglaublich viel, was Sinn macht. Aber in einem Informatikstudium sollte es IMHO um Informatik gehen. Ein Studium ist keine Berufsausbildung. ...naja, IMHO.

    Wenn man bei Euch Mathematik studiert... hat man dann auch BWL und Recht auf dem Plan?



  • Gregor schrieb:

    Ethon schrieb:

    Macht imho schon Sinn, Grundkenntnisse in den Themen zu haben.

    Es gibt unglaublich viel, was Sinn macht. Aber in einem Informatikstudium sollte es IMHO um Informatik gehen. Ein Studium ist keine Berufsausbildung. ...naja, IMHO.

    Wenn man bei Euch Mathematik studiert... hat man dann auch BWL und Recht auf dem Plan?

    Ne, das einzige im Bachelorstudium in die Richtung ist eine Wahlveranstalteung Sozialversicherungsrecht.



  • Gregor schrieb:

    Es gibt unglaublich viel, was Sinn macht. Aber in einem Informatikstudium sollte es IMHO um Informatik gehen. Ein Studium ist keine Berufsausbildung. ...naja, IMHO.

    Bei BWL kann man sich streiten, aber Recht kann durchaus einen sehr engen Bezug zu Informatik haben.

    Und ich hab auch an einer FH studiert - soviel zum Praxisbezug 😉



  • maximAL schrieb:

    Bei BWL kann man sich streiten, aber Recht kann durchaus einen sehr engen Bezug zu Informatik haben.

    Ich sehe bei beidem nur einen indirekten Bezug zur Informatik in der Art "Wenn man im spaeteren Beruf XY macht, dann ist es auch von Vorteil, Kenntnisse in diesen Bereichen zu haben". Aber einen direkten Bezug zur Informationsverarbeitung, um die es ja in der Informatik geht, sehe ich nicht.

    Bei beiden Bereichen sehe ich Zusammenhaenge vor allem in Kompromissen, die man durch die jeweiligen Bereiche in seiner spaeteren Arbeit eingehen muss. Wenn man ein Produkt entwickelt, muss es zumindest wirtschaftlich sein. Kann sein, dass man dann bei der Planung schon in "Return on Investment" denken muss und, dass man sich ueber rechtliche Rahmenbedingungen z.B. im Patentwesen im Klaren sein muss.

    Das sind aber eher Stoerfaktoren bezueglich der Taetigkeit im eigentlichen Gebiet der Informationsverarbeitung, die direkt gesehen nichts damit zu tun haben.

    Genauso koenntest Du irgendwelche Psychologie-Vorlesungen hoeren, damit Du das Gruppenverhalten unter Deinen Kollegen besser verstehst und dadurch bewusst fuer ein produktiveres Arbeitsklima sorgen kannst. Aus meiner Sicht sind Psychologie-Vorlesungen mindestens genauso nah an der Informatik wie Vorlesungen ueber Recht oder BWL. Derartige Themengebiete betreffen nur das Umfeld, in dem man spaeter arbeiten koennte.

    Siehst Du da direktere Zusammenhaenge?



  • Gregor schrieb:

    Siehst Du da direktere Zusammenhaenge?

    Es ist natürlich ziemlich subjektiv, wie direkt die Zusammenhänge da sind. Aber gerade Recht (vorallem Urheberrecht, Lizenzen, Datensicherheit) haben sehr häufig einen sehr direkten Einfluss auf die Tätigkeiten eines Informatikers (vorallem in der Softwareentwicklung) und sind im Gegensatz zu Psychologie nicht völlig ohne den Informatik-Bezug relevant.

    Ja, das ist natürlich nicht mehr die reine Lehre. Aber wie gesagt, ich habe an einer FH studiert, da ist auch immer die praktische Relevanz im Blick.



  • maximAL schrieb:

    Gregor schrieb:

    Siehst Du da direktere Zusammenhaenge?

    Es ist natürlich ziemlich subjektiv, wie direkt die Zusammenhänge da sind. Aber gerade Recht (vorallem Urheberrecht, Lizenzen, Datensicherheit) haben sehr häufig einen sehr direkten Einfluss auf die Tätigkeiten eines Informatikers (vorallem in der Softwareentwicklung) und sind im Gegensatz zu Psychologie nicht völlig ohne den Informatik-Bezug relevant.

    Ja, das ist natürlich nicht mehr die reine Lehre. Aber wie gesagt, ich habe an einer FH studiert, da ist auch immer die praktische Relevanz im Blick.

    Ah, hattet Ihr Rechts- und BWL-Vorlesungen, die speziell auf Informatik-relevantes abgestimmt waren?



  • Leute, es erscheint mir vieles hier gesagtes Mumpitz. Niemand steht mit seiner Ausbildung allein und braucht in der Praxis auch einige Nebenkenntnisse, wenn er dort etwas machen soll oder will. Mit BWL oder Recht kann man nichts anfangen, wenn es z.B. um die Optimierung eines Dieselmotors oder die Steuerung eines Roboters geht.



  • Gregor schrieb:

    Ah, hattet Ihr Rechts- und BWL-Vorlesungen, die speziell auf Informatik-relevantes abgestimmt waren?

    BWL nicht wirklich, aber Recht ("Datenverarbeitungsrecht") schon (das sag ich doch die ganze Zeit 😉 ).



  • berniebutt schrieb:

    Mit BWL oder Recht kann man nichts anfangen, wenn es z.B. um die Optimierung eines Dieselmotors oder die Steuerung eines Roboters geht.

    Was!?
    Oh nein, dabei ist doch bekannt, dass jedes komplexe Problem in der freien Wirtschaft, gleich welcher Fachrichtung, letztlich darauf zurückgeführt werden kann, einen Dieselmotor zu optimieren. 😮


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