Warum tötet Spannung nicht?



  • Jodocus schrieb:

    Auf welchem Potential ist denn der Phasenprüfer, wenn er erst auf dem Boden lag (0V) und du ihn dann in die Wand steckst?

    Ich nehme an du meinst wenn man die blanke Spitze des Phasenprüfers in die Steckdose steckt, ohne dabei das hintere Ende anzufassen?

    In dem Fall nehmen alle leitenden Teile des Phasenprüfers (inklusive dem über den hohen Widerstand angebundenen hinteren Metallteil) die Spannung an die die Leitung die man damit berührt gerade hat. D.h. wenn man die Phase anpiekst dann ändert sich das Potential des Phasenprüfers mit der Wechselspannung in der Steckdose. Mit einem minimalen aber vernachlässigbaren zeitlichen Versatz, da es natürlich eine Zeit lang dauert bis der Phasenprüfer "umgeladen" wurde.
    Dabei fliesst auch ein minimaler, vernachlässigbarer Strom.

    Genau so wie man selbst als ganzes das Potential dess Schutzleiters annimmt wenn man diesen anfasst, z.B. um sich "zu entladen" bevor man irgendwelche Elektronikteile anfasst. (Was auch funktioniert wenn man 20cm dicke Gummisohlen hat, eine Verbindung zu irgendwas wo Strom abfliessen könnte ist dazu nicht erforderlich.)



  • Ziemliche Haarspalterei das alles hier (so wie das ursprüngliche Problem eigentlich auch). Auch wenn die Differentialgleichungen ein wenig komplizierter sind (angetriebener harmonischer, stark gedämpfter Oszillator, Schwingkreis), so wird die Spannung, die an einem anfangs anliegt, nicht die Netzspannung sein, sondern wird durch ein paar konstante Faktoren verringert. Und selbst, wenn das einige kV wären, so wäre es natürlich egal, wenn die sowieso innerhalb von Mikrosekunden weggedämpft sind.

    Unterm Strich bleibt es dabei, dass Spannung genau dann tödlich ist, wenn der durch sie hervorgerufene Strom tödlich ist, da bringt eine Diskussion mit Wechselspannung, Impedanzen und Induktivitäten keine zusätzliche Erkenntnis, sondern macht's nur ein bisschen komplizierter. Eine Anfangs von mir aus hohe aber beliebig schnell gedämpfte Spannung macht eben auch keinen tödlichen Strom. Das ist so ein bisschen wie die Frage nach dem Mörder: der Soldat, der abgedrückt hat oder der Offizier, der's befohlen hat?



  • @Jodocus
    Beim Beispiel Steckdose ist es wirklich ziemliche Haarspalterei.

    Bei ner sehr kleinen Kapazität die bis in den kV oder MV Bereich geladen wurde, bzw. einer Spannungsquelle mit super hohem Innenwiderstand, die unbelastet ne Klemmenspannung im kV oder MV Bereich hat, wird es dann aber interessant.
    Weil es erklärt warum man nicht sofort tot umkippt wenn man da dran fasst.
    Also warum man es beispielsweise vermutlich nicht schaffen wird sich mit dem Strom aus einem elektrischen Feuerzeug umzubringen, trotz dem das sehr hohe Spannungen erzeugen kann.

    Jodocus schrieb:

    Unterm Strich bleibt es dabei, dass Spannung genau dann tödlich ist, wenn der durch sie hervorgerufene Strom tödlich ist (...)

    Womit du es eigentlich schön zusammengefasst hast:
    Die Spannung ansich ist egal, wichtig ist nur der durch die Spannung hervorgerufene Strom. Was eigentlich die im Kopfposting dieses Threads angeführte Behauptung bestätigt.

    Wenn man jetzt einige Faktoren wie z.B. den Widerstand den ein Mensch so hat oder den Innenwiderstand der Spannungsquelle auf "übliche" Wertebereiche einschränkt, dann bekommt man einen "überschaubar" kleinen Spannungsbereich heraus für die Spannung ab der man Lebensgefahr annehmen muss. Wenn man sich die untere Grenze dieses Bereichs hernimmt, dann kann man vereinfacht natürlich sagen: ab X Volt besteht (möglicherweise) Lebensgefahr.
    Das ist sehr praktikabel, aber halt etwas ungenau.

    Genauer wäre zu sagen ab z.B. X mA Gleichstrom besteht Lebensgefahr. Was dafür aber wieder viel weniger praktikabel ist.



  • hustbaer schrieb:

    R = U/I gilt für ohmsche Lasten.

    Nein.

    Steigt man auf die Komplexe Wechselstromrechnung um, gelten das Ohmsche Gesetz, die Regeln für Parallelschaltung, Reihenschaltung als auch die kirchhoffschen Regeln auch für Induktivitäten und Kapazitäten.

    Komplexe Widerstände werden in der Form Z = R + jwL - j/(wC) angegeben. Bei 230V fließt dann halt der komplexe Strom I = 230V / (1000 Ohm + j*2*PI*50Hz*L).

    Die Rechnung mit Kondensatoren und Spulen wird dadurch einfacher.



  • Bitte ein Bit schrieb:

    hustbaer schrieb:

    R = U/I gilt für ohmsche Lasten.

    Nein.

    Doch, für rein ohmsche Widerstände ist die Impedanz reell, der Scheinwiderstand ist der normale Ohmsche Widerstand, es gibt keinen Phasenshift.



  • Bitte ein Bit schrieb:

    hustbaer schrieb:

    R = U/I gilt für ohmsche Lasten.

    Nein.

    Dir ist also nicht klar was ich meine?
    Soll ich es dir erklären?



  • Wurde das hier schon gepostet? 🙂
    https://www.youtube.com/watch?v=8xONZcBJh5A



  • Soll ich es dir erklären?

    Ja. 🙂



  • Bitte, Bit:
    Ich meine dass die URI Sache mit Skalaren nicht für komplexe Lasten gilt.
    Ebenso kann man damit nicht den Moment betrachten wo man eine Verbindung mit einer komplexen Last herstellt (bzw. die Step-Response, was in diesem Fall identisch sein sollte), sondern sich nur den komplett "eingeschwungenen" Zustand angucken.



  • Achso, jetzt verstehe ich es.



  • Oh, OK 🙂

    Ich war einfach mal davon ausgegangen dass du eh genau verstanden hast was ich gemeint habe, mich nur einfach trotzdem korrigieren wolltest (weil es so wie ich es geschrieben habe ja auch wirklich nicht korrekt war).



  • Börnie123 schrieb:

    Wenn jetzt die Spannung aber der Druck ist, wieso tötet die dann nicht?
    Wenn man in einer Wasserleitung das Wasser mit 500 Bar rausdrückt, dann kann man damit ja schließlich Stahl durchschneiden, es wäre also tödlich, wenn man in diesen Strahl gerät, also muss auch Spannung tödlich sein.

    Atome haben die Tendenz, elektrisch neutral zu sein. Nun kann man künstlich einem Atom Elektronen wegnehmen und einem anderen Atom hinzufügen.

    Normalerweise würde beide Atome jetzt dazu neigen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen, verhindert man aber den Elektronenfluß (z.B. durch einen Widerstand), nennt man den Zustand zwischen beiden Atomen "Spannung". Anderes ausgedrückt, Spannung drückt aus, wie groß das Bestreben der Elektronen ist, von einem Atom (da wo zuviele sind) zum anderen (da wo zu wenige sind) zu gelangen.

    Erst wenn man den Elektronenfluß erlaubt (durch Entfernung des Widerstands z.B.)läßt, fließt Strom, d.h. die Elektronen fließen von einem Atom zum anderen.
    Wenn Elektronen durch einen menschlichen Körper fließen, vertragen das die Zellen ab einer bestimmten Anzahl nicht mehr so gut 🙂



  • Börnie123 schrieb:

    Ich lerne gerade den Unterschied zwischen Spannung und Strom und in einem Tutorial wurde mir erklärt, dass der Strom das ist, was z.B. in einer Wasserleitung das Volumen des Wassers ist und die Spannung das, was der Druck ist.
    Weiter wird gesagt, dass der Strom tötet, aber nicht die Spannung.

    Wenn jetzt die Spannung aber der Druck ist, wieso tötet die dann nicht?
    Wenn man in einer Wasserleitung das Wasser mit 500 Bar rausdrückt, dann kann man damit ja schließlich Stahl durchschneiden, es wäre also tödlich, wenn man in diesen Strahl gerät, also muss auch Spannung tödlich sein.

    Spannung beschreibt nur das Potential, das sich da was tut.
    Wie wenn du auf einem Berg stehst. Hast hohe potentielle Energie. Heißt aber nicht dass du mit der potentiellen Energie was machst (z.B. runterspringen und somit Energieumwandlung in Geschwindigkeit und später Deformation deiner Knochen).

    So ist das auch mit der Spannung.



  • @hustbaer
    Du kannst das auch komplex rechnen, kein Problem. Du kannst es auch als Zeitabhängigen Widerstand auffassen, Ich finde aber es tut nicht so viel zur Sache, denn der menschliche Körper ist nur beschränkt als induktiver Widerstand aufzufassen. Alles was da an komplexen Widerständen vorzufinden ist muss sich außerhalb des Körpers befinden, folglich sind Spannungsabfälle dort schon erledigt und der Körper überbrückt nur noch eine geringere Potenzialdifferenz.

    Es tut auch deshalb nichts zur Sache weil es eine Ausnahme ist, die der These nicht widerspricht. Ein ungesätigter Kondesnater hat halt kurzzeitig einen geringen (reellen) Widerstand, eine ungesättigte Spule einen hohen. Ohm gilt aber trotzdem und eine Potientialdifferenz bedingt einen bestimmten Strom.

    Das liegt einfach daran das Ladungen bewegt werden wenn Kräfte auf diese wirken, und das elektrische Feld ist ein Potientialfeld.

    @Spanner
    Spannung ist eine Potientialdifferenz und kein Potential. Es heisst sehr wohl das das was macht, es wirken Kräfte auf Ladungsträger, ganz gleich ob die das wollen oder nicht.


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