B
Ich werd das jetzt mal versuchen, absolut ausführlich zu beschreiben. Wenn du daran was nicht verstehst, frag bitte unter Bezug auf den Schritt, ab dem es unklar ist, nach. (Ach übrigens, ich hab mal ξ statt ε verwendet, ist einfach üblicher, ε verwendet man eher für kleine positive Zahlen, ε-Umgebungen und sowas)
Aufgabe: Gesucht ist eine Abschätzung für den Fehler, den man an der Stelle x=1 macht, wenn man die Exponentialfunktion durch ihr Taylorpolynom 7. Grades im Entwicklungspunkt a=0 approximiert.
Nach dem Satz von Taylor gilt für jedes n
\exp x = \sum_{k=0}^n \frac{x^k}{k!} + R_n(x)$$ mit dem Restglied (in Lagrange-Form) $$R_n(x) = \frac{f^{(n+1)}(\xi)}{(n+1)!}(x-a)^{n+1}$$ für ein $$\xi \in ]a,x[$$. Offenbar ist das siebte Restglied, $$R_7(x) = \frac{f^{(8)}(\xi)}{8!} (x-a)^8$$ genau der entstehende Fehler. Ich setze jetzt den Entwicklungspunkt a=0, den uns interessierenden Punkt x=1 und die Funktion f(x) = exp x ein. Die Ableitung von exp ist wieder exp, also ist auch $$f^{(8)}(x) = \exp x$$:
$$R_7(1) = \frac{\exp \xi}{8!}(1-0)^8 = \frac{\exp \xi}{8!}
Viel besser geht es nicht, da wir ξ nicht kennen, wir wissen nur, dass ξ sich im offenen Intervall ]a,x[ = ]0,1[ befindet. Also suchen wir eine obere Abschätzung für den Fehler, also eine Zahl E, die auch, wenn wir mit der tatsächlichen Lage von ξ großes Pech haben, auf jeden Fall mindestens so groß wie der tatsächliche Fehler ist. Auf keinen Fall nützt uns eine "Abschätzung" etwas, die manchmal auch kleiner als der tatsächliche Fehler ist. Im Zweifel lieber zu groß als zu klein. Soviel zur Motivation, jedenfalls wollen wir eine Zahl E haben, so dass für alle möglichen ξ$$E \geq \frac{\exp\xi}{8!}$$ ist.
Wie kriegen wir nun ein schönes E raus? Wie sieht denn die exp-Funktion im Intervall ]0,1[ aus? exp(0) ist 1 und exp(1) ist e, und dazwischen ist exp monoton wachsend. Wenn wir also ein ξ aus ]0,1[ haben, dann muss exp ξ zwischen 1 und e liegen:
1<expξ<e1 < \exp \xi < e
1<expξ<e
Dividiert man die Ungleichung noch durch 8!, bekommt man
\frac{1}{8!} < \frac{\exp\xi}{8!} < \frac{e}{8!}$$, also (das rechte kleiner-als-Zeichen): $$R_7(1) < \frac{e}{8!} =: E
Das wars eigentlich. Die untere Schranke ist nicht so interessant. Ach ja, einiges da oben ist mathematisch sicher nicht ganz sauber. So habe ich z.B. stillschweigend x>a vorausgesetzt, auch sollte man allgemein sagen, dass man $$\sup_{\xi\in]0,1[} \exp\xi$$ sucht, bevor man den Trick mit der Monotonie aus dem Ärmel zieht. Dass exp stetig ist, ist für die Argumentation auch nicht ganz unwichtig.