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Nanotech & Chips schrieb:
Also Nanotechnologie würde ich in Deutschland nicht studieren, denn dazu braucht man Chipfabriken die gerade in Deutschland eine nach dem anderen wegsterben oder schlichtweg nicht vorhanden sind.
1. Naturwissenschaftliche Studiengänge sind im Allgemeinen weniger an der Industrie orientiert, als vielmehr an der Forschung.
2. Natürlich denkt man bei kleinen Strukturen als erstes an die Halbleiterindustrie. Das ist aber nicht notwendigerweise die einzige Industrie, auf die so ein Studiengang abzielt. Dieses Arbeitsgebiet steht zumindest nicht explizit im Fokus des gesamten Studiums.
3. Ich habe auf einen Studiengang in Hamburg verlinkt. Das ist sicherlich in gewisser Weise Eigenwerbung, weil ich auch in Hamburg bin und Hamburg einfach toll finde. Aber Hamburg gehört bezüglich Nanotechnologie tatsächlich zu den Orten, an denen Spitzenforschung in diesem Bereich betrieben wird. Die Dinge, die hier untersucht werden, muss man natürlich der Grundlagenforschung zuordnen. Sie sind also noch längst nicht in der Industrie im Einsatz. Wenn man das mit Halbleiterfabriken vergleicht, dann ist das ein Vergleich zwischen Masse und Klasse. Halbleiterfabriken sind auf Massenproduktion ausgelegt, dafür können aber in der Forschung Dinge hergestellt werden, die eben noch recht einmalig sind. Das einfachste Beispiel ist die Lithografie: In Halbleiterfabriken nutzt Du Licht mit einer Wellenlänge von 193nm oder so, um Deine Strukturen herzustellen, im Physikfachbereich der Uni Hamburg wird stattdessen mit Hilfe eines Rasterelektronenmikroskops Elektronenstrahllithografie betrieben. Ok, das ist aber zugegeben noch nichts außergewöhnliches (entsprechende Geräte kann man kommerziell kaufen), aber es ermöglicht eben die Schaffung und Untersuchung von Strukturen, die noch nicht in Massenproduktion hergestellt werden können. Hier in Hamburg hat man generell diverse sehr fortgeschrittene Verfahren zur Verfügung, um Strukturen auf Nanoebene zu realisieren. Das gleiche gilt für Verfahren, mit denen man entsprechende Strukturen untersuchen kann. Wir haben hier zum Beispiel eine sehr große Gruppe, die sich mit Rastersondenmikroskopen (Rastertunnelmikroskope, Rasterkraftmikroskope,...) beschäftigt. Da sind diverse weltweit einmalige Eigenkonstruktionen vorhanden und das zugehörige Know-How ist natürlich auch hier in Hamburg vertreten.
Wenn Du Dir die Links auf der Seite des Studiengangs anguckst, wirst Du zudem feststellen, dass hier einige interdisziplinäre Sonderforschungsbereiche und Graduiertenkollegs existieren, die sich im Bereich der Nanotechnologie bewegen. Aber was heißt das eigentlich genau? Das heißt, dass hier jede Menge Geld rangeschafft wird, um wissenschaftliche Stellen in diesem Gebiet zu haben. Und mit jedem Wissenschaftler kommt zusätzliches Know-How. Du hast hier eine Bündelung von Wissen auf diesem Gebiet, das weltweit nicht an sehr vielen Orten zu finden ist. Natürlich erzeugt das auch eine gewisse Dynamik bei der Forschung.
Noch was: Auch wenn das auf der Seite dort nicht explizit erwähnt wird: Hier ist natürlich auch das DESY. Das ist ein Großforschungszentrum, in dem Synchrotron-Strahlung erzeugt wird. Diese Strahlung bietet auch entsprechende Möglichkeiten, Materie mit sehr hoher Auflösung zu untersuchen. Weltweit gibt es vielleicht 20 Orte, an denen entsprechende Strahlung erzeugt werden kann. In ein paar Jahren haben wir hier mit dem X-FEL zudem ein weiteres einmaliges Untersuchungsgerät zur Verfügung, mit dem man beispielsweise chemische Reaktionen filmen kann. Es sollte klar sein, dass Nanotechnologie gerade ein Bereich ist, in dem die Chemie eine sehr große Rolle spielt. Und es ist auch kein Wunder, dass es im DESY auch Max-Planck-Arbeitsgruppen für strukturelle Molekularbiologie gibt. Entsprechend kannst Du davon ausgehen, dass auch die Biologie als Teilgebiet der Nanotechnologien hier gut vertreten ist.
Ok, genug Werbung. Es ist wohl klar, was ich sagen will: Hamburg ist ein ausgezeichneter Studienort für so ein Studium. Das einzige, was ich diesbezüglich als problematisch ansehe ist, dass dieser angebotene Studiengang in Hamburg noch sehr jung ist. Es ist fraglich, ob da am Anfang schon alles so ist, wie es sein soll.