Was ist Informatik?



  • otze schrieb:

    Natürlich ist auch ein informatiker in der Lage, sich mit den Grundbegriffen der Ameisenforschung auseinanderzusetzen, sodass er die ihm zur Verfügung gestellten Materialien versteht. Auch besteht immer wieder die Möglichkeit zur Kommunikation mit den Ameisenforschern, sollte es Unklarheiten geben.

    Schön, nun interessiert die Ameisenforschung aber nicht jeden. Es gibt in der Informatik sicher noch andere Aufgaben, vielleicht sogar wichtigere. Bei den Ameisen ist man - wie Volkard vorgerechnet hat - im hochqualifizierten Team mit 1,6% Ahnung dabei. Kann ich die dahinter stehenden Erkenntnisse der Bilderkennung auch auf Kartoffelkäfer anwenden und welches zusätzliche Wissen braucht man dafür? Ich rechne mal Volkards Ansatz weiter und komme dann auf 0,8% Kompetenz.
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  • berniebutt schrieb:

    Schön, nun interessiert die Ameisenforschung aber nicht jeden. Es gibt in der Informatik sicher noch andere Aufgaben, vielleicht sogar wichtigere. Bei den Ameisen ist man - wie Volkard vorgerechnet hat - im hochqualifizierten Team mit 1,6% Ahnung dabei. Kann ich die dahinter stehenden Erkenntnisse der Bilderkennung auch auf Kartoffelkäfer anwenden und welches zusätzliche Wissen braucht man dafür? Ich rechne mal Volkards Ansatz weiter und komme dann auf 0,8% Kompetenz.
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    Nur, falls da ein Missverständnis vorliegt: Ameisenforschung ist definitiv kein Bereich der Informatik. Es ist ein Bereich, der der Biologie zuzurechnen ist. otze hat es nur als Beispiel genannt, weil dieses Gebiet offensichtlich davon profitiert, wenn man dort auf Methoden der Informatik zurückgreifen kann. Das war ein Beispiel aus der Praxis, das eine konkrete Anwendung der Informatik zeigt. Dieses Beispiel mag sich für Leute jenseits der Informatik für sehr konkret anhören, aber das ist bei der Informatik nunmal so. Wie gesagt, der Informatiker arbeitet mit Informationen und Daten, die er aus irgendeinem Anwendungsgebiet herauszieht. Er hat generelle Werkzeuge, Methoden und Strukturen, um mit Informationen und Daten zu arbeiten. Und zwar auf einer Ebene, die von dem Anwendungsgebiet abstrahiert ist. Das ändert aber nichts daran, dass diese ganzen Informationen in der Praxis im Kontext eines Anwendungsbereichs entstehen. Man hat bei jedem Beispiel aus der Praxis dieses Anwendungsgebiet, bei dem man sich als Nichtinformatiker fragt "Was hat das jetzt mit Informatik zu tun?". Die Informatik zieht den Gegenstand der Betrachtung fast immer aus Anwendungsgebieten, die erstmal nichts mit Informatik zu tun haben. Deshalb gibt es im Rahmen der Informatik auch immer die Rufe nach Interdisziplinarität. Der Nutzen der Informatik wird eben bei der praktischen Anwendung in anderen Disziplinen offensichtlich.

    Und das ist auch ein bischen das mit dem ich ein Problem habe. Ich kenne keine andere Disziplin, die so sehr auf das Interdisziplinare angewiesen ist, wie die Informatik. Das wird auch im Studium betont und deshalb gibt es einige Veranstaltungen im Studium, die gerade darauf ausgerichtet sind, den Studenten in die Lage zu versetzen, die Schnittstelle zu diesen unbekannten Anwendungsgebieten herzustellen. IMHO profitiert man von diesen Veranstaltungen nicht wirklich stark und das Informatikstudium sollte mehr auf die Informatik-Kernbereiche ausgerichtet sein.



  • Gregor schrieb:

    Der Nutzen der Informatik wird eben bei der praktischen Anwendung in anderen Disziplinen offensichtlich.
    Und das ist auch ein bischen das mit dem ich ein Problem habe. Ich kenne keine andere Disziplin, die so sehr auf das Interdisziplinare angewiesen ist, wie die Informatik.

    Ja, das stimmt vollkommen. Mehr habe ich als Nichtinformatiker auch nicht sagen wollen. Wenn ich vor langer Zeit bei einem Kunden aus der Industrie aufgelaufen bin mit einem frischen Informatik-Absolventen, habe ich oft gehört: Der versteht unsere Aufgaben nicht. Wir wollen Sie! Ich wollte aber nur zu meiner Entlastung Informatikaufgaben deligieren.
    Im Sinne des Fragestellers scheint mir diese Diskussion hier sehr nützlich! Die Fachrichtung Informatik muss selbst lernen, wie sie mit dem hohen Anspruch an die Interdisziplinarität umgeht. Das Studium kann das kaum leisten, gehört aber sicher dazu!

    edit: Jede wissenschaftliche Disziplin soll und muss sich auf ihren Kernbereich konzentrieren. Nur so kann sie etwas einbringen, was insgesamt nützt. Die Fähigkeit zum Denken über den Tellerrand gilt für alle Disziplinen. Da steht die Informatik nicht allein und hebt sich auch nicht von anderen Disziplinen ab.



  • Hab einen netten Gedanken zum Thema "Informatik ist (k)eine Wissenschaft" gefunden (gleich am Anfang von diesem Buch):

    Theoretical Computing is not yet a science. Many basic concepts have not been
    clarified, and current work in the area obeys a kind of "wedding cake" paradigm:
    for instance language design is reminiscent of Ptolomeic astronomy -- forever
    in need of further corrections. There are, however, some limited topics such as
    complexity theory and denotational semantics which are relatively free from this
    criticism.



  • Die TU-Darmstadt bietet eine Schülerbroschüre, worin auf genau diese Frage eingegangen wird: http://www.informatik.tu-darmstadt.de/fileadmin/user_upload/Dekanat/Downloads/broschueren_und_flyer/SchuelerInfo2008.pdf

    Informatik ist die Wissenschaft des systematischen
    Problemlösens. Sie analysiert Informationen
    und verarbeitet sie meist mit Hilfe
    von Rechenanlagen, sprich Computern.
    Arne Pottharst

    In der Informatik geht es nicht, wie viele
    denken, darum Computerprobleme zu lösen.
    Es geht darum, Probleme mit Hilfe des Computers
    zu lösen.
    Wenn irgendwer hört, dass man Informatik
    studiert, denkt er sofort: „Toll, der kann
    mir bei meinen Problemen mit Windows und
    dem Internet helfen.“ Prinzipiell können Informatiker
    das. Das ist aber nicht das, was sie lernen.
    Sie lernen, Probleme zu lösen. Dabei
    beschäftigt man sich schon mal mit dem Computer
    und kann daher Windows-Probleme lösen
    (oder behaupten, man könne es nicht, da
    man Linux verwendet).
    Informatiker ist man nicht, wenn man einen
    Computer anschalten, Windows installieren
    und Hardwarekomponenten austauschen
    kann. Das ist die Aufgabe von Fachinformatikern.
    Auch wer den ganzen Tag mit Spielen vor
    dem Computer verbringt ist kein Informatiker
    und wird es vermutlich nie werden. Wer
    schon mal was programmiert hat, hat eher
    Chancen, Informatiker zu werden. Und wer
    vor dem Programmieren genau überlegt hat,
    was er eigentlich machen möchte, sich einen
    Plan gemacht hat, wie es hinterher aussehen
    soll und es dann Schritt für Schritt umgesetzt
    hat ist fast schon ein Informatiker. Zuletzt:
    wenn man nur bewiesen hat, dass das Programm,
    das man sich ausgedacht hat, die gestellte
    Aufgabe erfüllt, ohne es zu programmieren,
    dann ist man richtiger Informatiker.
    Arne Pottharst

    Steht noch viel mehr drin 😉


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